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022 - Ich der Vampir

022 - Ich der Vampir

Titel: 022 - Ich der Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Walker
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er niemanden danach fragen durfte. Denn jeder musste das Blut bemerken – selbst in der Dunkelheit. Er wusste nicht einmal, wie die Straße hieß, in der sich das Hotel befand. Vom Bahnhof aus würde er es vielleicht wieder finden. Und den Bahnhof fand er vielleicht auch, wenn er die Straßen zurücklief, soweit er sich erinnerte. Aber die Gefahr war zu groß. Sicherlich war dort jetzt der Teufel los.
    Ob er die beiden getötet hatte? Den Mann vermutlich nicht, aber das Mädchen! Er ballte die Fäuste und hoffte, dass sie lebte. Der Gedanke an Mord erfüllte ihn mit neuer Furcht – nicht nur vor seinen Verfolgern, sondern auch vor sich selbst.
    Das war keine physische Kraft, das wusste er nun. Es war eine Form von Wahnsinn, die ihn befiel. Der Wahnsinn eines Mörders. Und der Hunger in ihm war nichts anderes als die Gier nach Blut.
    O mein Gott, dachte er, wie war es möglich, dass dieser Wahnsinn einfach aus dem Nichts auftauchte? Über ihm, dem das Leben etwas Kostbares war, etwas Unwiderbringliches. Er fürchtete den Tod nicht, aber er verabscheute ihn. Und nun gab es ihn! Diese Vorstellung flößte ihm Grauen ein. Jetzt da er nüchtern darüber nachdenken konnte, verursachte ihm die Erinnerung an die Geschehnisse Übelkeit. Er lehnte sich schwach an die Wand eines Hauses und presste seine Stirn gegen den kalten Stein. Wie hatte es nur geschehen können?
    Er versuchte sich genau zu erinnern, aber es ergab kein klares Bild. Ohne dass es ihm sofort bewusst wurde, stimulierte der Geruch des Blutes an seinem Hemd ein bereits vertrautes Gefühl.
    Als er weiter ging, zuckte er zusammen. Da war dieser Hunger wieder – noch schwach, aber wachsend.
    Panik erfüllte Vick, denn er wusste plötzlich, was es bedeutete. Die Erinnerungen waren auf einmal ganz klar.
    Der Hunger war die treibende Kraft. Es würde wieder geschehen. Er würde wieder töten, wenn der Hunger groß genug war.
    So mochten sie alle gefühlt haben, die Massenmörder und Triebtäter aller Zeiten – Bartsch und Haarmann und Kürten und Engleder und Peil, und wie sie alle hießen, die Vampire und Werwölfe der Kriminalgeschichte.
    Nun war ein neuer geboren worden! Vielleicht der schlimmste von allen!
    Er begann wieder zu laufen. Er raste durch die nächtlichen Straßen, als könnte er den Hunger in sich überlisten, wenn er erschöpft zusammenbrach. Schließlich hielt er verzweifelt und halb betäubt an. Seine Lungen brannten wie Feuer, und seine Beine fühlten sich an wie Blei, aber über all dem loderte der Hunger deutlicher fühlbar denn zuvor.
    Tränen der Wut und Enttäuschung stiegen Vick in die Augen. Er wusste nicht mehr, wo er sich befand, er wusste nur, dass er wieder töten würde, wenn er nicht bald in sein Hotelzimmer kam und sich dort einschloss. Bereits fühlte er den Drang des Jägers, nach Beute Ausschau zu halten. Bereits ertappte er sich dabei, dass er das Gelände sondierte, aber nicht um sich zu orientieren.
    Mit zusammengebissenen Zähnen stolperte er weiter. Eine Telefonzelle tauchte vor ihm auf. Er taumelte darauf zu. Sie schien ihm plötzlich wie ein Rettungsanker. Fast fehlte ihm die Kraft, die Tür aufzustoßen. Innen lehnte er sich keuchend dagegen. Das aufflammende Licht erschreckte ihn. Wenn ihn jemand sah, musste er auch das Blut bemerken. Er stemmte sich gegen die Wände, und brachte so die Füße vom Kontaktbrett des Bodens. Das Licht erlosch. Er atmete auf. Die Stellung war alles andere als bequem, aber leichter zu ertragen als das Licht.
    Er kramte nach Kleingeld und Katalins Nummer. Während er wählte, betete er, dass sie zu Hause war, und als sie sich meldete, schrie er fast auf vor Erleichterung.
    Er wusste nicht, was er von ihr erwartete, aber instinktiv fühlte er, dass sie ihm helfen konnte – sie oder niemand.
    „Katalin!“ rief er verzweifelt.
    „Vick, mein Liebster. Du sehnst dich nach mir, nicht wahr?“ Ihre Stimme klang kühl und beruhigend.
    „Ja, Katalin. Hilf mir“, stammelte er verzweifelt.
    „Komm“, erwiderte sie. „Komm zu mir!“ Es klang beschwörend. „Komm so rasch du kannst, mein Liebster!“
    Er hörte nicht, was sie sagte, obwohl ihn ihre Stimme mit großer Erleichterung erfüllte. Ihr konnte er sagen, welch schreckliche Dinge geschehen waren, welcher Dämon von ihm Besitz ergriffen hatte und wie verzweifelt und hoffnungslos er sich nun fühlte. Sie würde ihn verstehen. Sie würde alles verstehen. Er brauchte diese schreckliche Last nicht mehr allein zu tragen.
    „Ich habe sie

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