022 - Ich der Vampir
getötet, Katalin“, sagte er schluchzend, „sicher ist sie tot. Ich weiß nicht, was mit mir los war, Katalin, ich habe sie gebissen wie ein tollwütiger Hund!“
„Ich weiß, mein Liebster“, erklang ihre Stimme.
„Ich bin dabei, es wieder zu tun! O Katalin!“
„Hab keine Angst, mein Liebster“, unterbrach sie ihn und sagte suggestiv: „Es wird alles gut, wenn du zurückkommst. Du darfst nicht länger zögern. Komm, Liebster, du sehnst dich doch nach mir, ich fühle es. Komm. Zögere nicht länger. Komm – komm – komm!“
„Ja, Katalin“, sagte er beruhigt, „ja, ich werde kommen!“
Es klickte, und die Verbindung war unterbrochen. Er bemerkte, dass er versäumt hatte, weitere Münzen einzuwerfen. Aber nun war es nicht mehr nötig, nochmals anzurufen. Er wusste, was er tun musste.
Er blätterte im Telefonbuch und fand die Adresse seines Hotels. Daraufhin stellte er fest, in welcher Straße er sich befand. Dann rief er das Hotel an und ließ sich den Weg dorthin beschreiben. Er befand sich näher daran, als er gedacht hatte.
Als er die Telefonzelle verließ, wanderte sein Blick die Straße entlang, und nach hundert Metern fand er, was er suchte: ein Herrenbekleidungsgeschäft, das für seine Zwecke wie geschaffen war, denn es besaß eine geschützte Passage von Auslagen. Er sah sich vorsichtig um, dann eilte er durch die Passage. Gleich im zweiten Fenster befanden sich Hemden. Er hielt entschlossen an und begann sich zu entkleiden. Er legte Jacke und Hemd ab, entleerte sorgfältig die Taschen der Jacke und stopfte alles in die Hosentaschen. Dann wickelte er Hemd und Jacke um seinen Arm und schlug mit aller Kraft zu.
Die Scheibe brach mit einem ohrenbetäubenden Krach. Er griff in die Auslage, schnappte ein Hemd. Im nächsten Augenblick hetzte er bereits die Straße entlang. Undeutlich vernahm er, wie sich einige Fenster öffneten, aber er nahm sich keine Zeit für einen Blick zurück. Er überquerte zwei Kreuzungen, dann verschwand er in einem dunklen Torbogen und begann hastig, das Hemd aus der Verpackung zu nehmen und die zahllosen Stecknadeln zu entfernen. Als er es schließlich fluchend geschafft hatte, sah er einen Polizeiwagen mit zuckendem Blaulicht die Straße entlang jagen. Er duckte sich tiefer in den Schatten und beobachtete, wie er in die Straße des Bekleidungsgeschäftes einbog. Die hatten rasch geschaltet, dachte er fast anerkennend.
Hastig schlüpfte er in sein neues Hemd, knüllte das andere zusammen und hüllte es in die Jacke, die er so zusammenlegte, dass von dem Blut nichts zu sehen war. Mit diesem Bündel unter dem Arm schlug er die Richtung zum Hotel ein. Auf eine seltsame Art fühlte er sich frei.
Er begegnete niemandem. Nur einmal sah er an einer Kreuzung hinter sich den Polizeiwagen vorüber fahren.
Der Portier öffnete ihm sofort. Er schien auf ihn seit dem Anruf gewartet zu haben.
„Ah, Herr Danner“, sagte er arglos mit hilfsbereitem »Grinsen, als ihm Vick einen Zehnmarkschein in die Hand drückte. „Wenn Sie sonst noch einen Wunsch haben?“
„Ja, sind Sie informiert, dass die Rechnung an Herrn Vandermann geht?“
Der Portier nickte. „Das ist richtig, Herr Danner. Er hat auch die Bestellung vorgenommen.“
„Gut. Ich reise sofort ab. Für Herrn Vandermann werde ich eine Nachricht zurücklassen. Hat jemand angerufen?“
„Nein, tut mir leid, Herr Danner.“ Er sah Vick verwundert nach.
Vick eilte auf sein Zimmer. Er fühlte, wie der Hunger wieder wuchs in ihm. Aber das Verlangen, zu Katalin zu kommen, war stärker. Es versetzte ihn in einen tranceartigen Zustand, in dem er unbeirrt packte, duschte, sich umkleidete, und sich schließlich beinahe wie ein neuer Mensch fühlte, als er das Hotel verließ und in seinen Wagen stieg.
Fünfzehn Minuten später war er auf der Autobahn. Der erste Schimmer der Morgendämmerung kroch über den Himmel vor ihm und erfüllte ihn mit Unruhe.
Diese Unruhe wuchs, je heller der Himmel wurde.
Der Manta jagte wie ein Geschoß über die dämmrige Straße. Es gab kaum Strecken, wo die Tachonadel unter hundertfünfzig kroch. Vicks Fuß klebte am Gaspedal, wie mit einer magnetischen Kraft festgehalten.
Er spürte weder Schläfrigkeit noch Müdigkeit. Nur den unterbewusst nagenden Hunger und das starke Verlangen nach Katalin, in das sich bald immer mehr eine unerklärliche Furcht mischte. Erst Unruhe und dann schließlich Furcht.
Kurz nach der letzten Ausfahrt nach Ulm ging die Sonne auf. Aus Vick Danners
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