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022 - Ich der Vampir

022 - Ich der Vampir

Titel: 022 - Ich der Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Walker
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dirigierte ihn wie eine Puppe. Sie hatte ihn geschaffen, nach ihrem Willen. Sie spielte mit ihm.
    Solange er satt war, kehrten seine Gedanken immer wieder zu Vandermann zurück. Sie peinigten ihn. Er verfluchte seine menschlichen Erinnerungen. Aber sie ließen sich nicht einfach abschütteln, indem er sie verfluchte.
    Ebenso wenig wie Katalin.
    Ihr Anblick weckte diese kalte Leidenschaft in ihm. Ihre Berührung rief Ekstase hervor. Sie besaß eine hypnotische Macht über ihn. Es war, als könne er keinen klaren Gedanken mehr fassen, wenn erst einmal die Leidenschaft erwacht war. Ihre Liebe war unvergleichlich. Es gab nichts in seinen schwindenden Erinnerungen, das sich mit dem messen konnte.
    In diesem Punkt bereute er seinen untoten Zustand auch nicht. Er ahnte, dass es nicht lange dauern würde, und er bereute auch in allen anderen Aspekten seine monströse Existenz nicht mehr. Wie Katalin gesagt hatte: Du wirst es genießen, zu töten. Ja, daran zweifelte er nicht. Aber noch war diese menschliche Moral in ihm – das Gewissen, die menschliche Art, die Dinge zu sehen. Es war nicht recht zu töten! Es war ungeheuerlich, menschliches Blut zu trinken. Es war bestialisch!
    Aber er hatte bereits erfahren, dass die Bestie in ihm stärker war, denn sie war untot, während alles Menschliche den Tod gefunden hatte.
    Die Bestie kümmerte sich nicht um die menschlichen Bande, die dem anderen Vick einst im Leben einen bestimmten Platz und eine bestimmte Funktion gegeben hatten.
    Sie schlug nun Freund und Feind gleichermaßen, Bekannte und Unbekannte, Mann und Frau.
    Daran war nicht zu zweifeln: er würde wieder hungrig sein. Vielleicht in ein paar Stunden; vielleicht in der nächsten Nacht. Und das würde das Ende von Vandermann bedeuten.
    Er sollte handeln, bevor ihn der Irrsinn erneut überkam. Er konnte Vandermann retten – als ein Zugeständnis an die quälenden Erinnerungen. Möglicherweise war es unvernünftig, denn damit beschwor er ein anderes Problem herauf, vor dem er im Augenblick nicht weniger Grauen empfand: die Suche nach einem neuen Opfer. Aber der Gedanke, dass dies in keinem Fall zu vermeiden war, festigte seinen Entschluss.
    Aber noch war alles neu. Es galt, vorsichtig zu sein.
    „Wenn du mich brauchst, ruf mich einfach, und ich werde dasein, Viktor“, hatte sie gesagt. „Ich liebe es, überall zu sein.“
    „Ich werde mich umsehen“, meinte Vick.
    Sie nickte. „Tu das. Es ist jetzt auch dein Haus, mein Liebster!“
    „Vielleicht werde ich auch hinausgehen.“
    Sie erhob keinen Einwand. Sie sagte nur: „Geh nicht zu weit. Wenn die Sonne dich überrascht, wirst du tausend Tode sterben. Dein Fleisch wird verfaulen und der Gestank der Verwesung deine Opfer vertreiben, bevor du ihnen nahe genug kommen kannst. Und es gibt noch andere Gefahren für dich. Für die Gläubigen – oder nenne sie Abergläubische – trägst du die deutlichen Zeichen der Untoten. Sie mögen dir folgen, wenn du dich irgendwo verkriechst vor dem Tag. Sie treiben dir einen hölzernen Pfahl ins Herz, denn solcherart vernichten sie die Vampire seit Jahrtausenden. Dann liegst du in ewiger Starre. Bedenke, dass es auf der ganzen Welt nur einen sicheren Ort für dich gibt, an dem dir niemand etwas anhaben kann: dieses Haus!“
    Er dachte an ihre Worte, während er vor der offenen Eingangstür stand und die breite Treppe hinabstarrte, die weiß im Mondlicht lag. Er brauchte nur hinauszugehen, und er war frei. Aber er hatte kein Verlangen danach. Er wusste, es wäre eine trügerische Freiheit gewesen. Er war unsicher genug, Katalins Warnung nicht einfach in den Wind zu schlagen.
    Doch für Vandermann war es die Chance.
    Vick eilte zurück in sein Zimmer. Der Agent lag noch immer ohne Bewusstsein auf dem Bett. Die Wunde hatte aufgehört zu bluten. Vick lauschte einen Augenblick. Nichts regte sich im Korridor. Die Gefahr lag vor allem darin, dass er nicht wusste, in welchem der Räume sich das Mädchen befand. Was sagte er, wenn sie ihn mit seiner Last überraschte? Dass er vorhatte, seine nächste Mahlzeit auf der Veranda einzunehmen?
    Er grinste über den makabren Gedanken. Sinn für Humor schien er jedenfalls noch zu besitzen, wenn auch für einen recht schwarzen.
    Entschlossen hob er Vandermann hoch. Er spürte die Last kaum, denn seine Kraft war nicht eine physische, sondern eine magische, die vom Geist herrührte. Dann trug er den Bewusstlosen den Korridor entlang und die Stiegen hinab. Nichts regte sich. Als er unten im Vorraum

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