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022 - Schreie aus dem Sarg

022 - Schreie aus dem Sarg

Titel: 022 - Schreie aus dem Sarg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Brent
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wenden, doch mit harter Hand drehte der Schwarze
ihr den Kopf wieder herum.
    Aber sie schloss die zitternden Augenlider, um diesen lebenden Leichnam,
der dem Sarg entstieg, nicht sehen zu müssen.
    »Reich' ihr das Heilige Messer ...«,
hörte sie die Stimme des Afrikaners hinter sich.
    Aus halbgeschlossenen Augen sah die junge Französin, dass einer der
Farbigen hinter dem Sarg ein langes, blitzendes Messer aus seinem Gürtel zog.
Der Knauf war goldfarben und stellte eine scheußliche Fratze dar, deren Anblick
allein schon Angst und Schrecken verbreitete.
    Charlene Simonelle griff nach dem Dolch, als hätte sie nur darauf gewartet,
ein solches Instrument in die Hand zu bekommen.
    Sie löste sich langsam von dem Sarg, das hübsche Gesicht zu einer
abstoßenden Fratze verzerrt.
    Über ihre zitternden Lippen kamen kleine, furchterregende Schreie, und
Claudine musste an sich halten, um selbst nicht loszuschreien.
    Ganz am Rande wurde ihr bewusst, dass unter dem Sarg und neben der Couch
schwere Eisenketten lagen, mit denen Charlene Simonelle offenbar verbunden
gewesen war, wenn sie ihre Tobsuchtsanfälle erlitt. Dr. de Freille hatte dem
mörderischen Zerstörungswillen vorerst nur auf diese sehr drastische Weise
Einhalt gebieten können.
    Der Afrikaner hinter dem Hausmädchen trat zur Seite, als Charlene Simonelle
ihre Runde um den Sarg beendet hatte und sich nun mit mörderisch funkelnden
Augen Claudine näherte.
    Die Hausangestellte wich zurück, Schritt für Schritt ...
    Charlene Simonelle folgte ihr, Schritt für Schritt ...
    Dann war die kahle, bröckelige Wand hinter ihr. Claudine stützte sich mit
beiden Händen ab. Sie fühlte, was da auf sie zukam, sie wusste, dass das
Geschehen von sechs dunklen Augen aufmerksam verfolgt wurde.
    Plötzlich blitzte der Dolch vor ihr auf. Sie warf sich der Mörderin, die
nicht wusste, was sie tat, entgegen, dabei dem tödlichen Stich ausweichend.
    Sie stieß Charlene Simonelle vor die Brust. Ihr Fleisch fühlte sich hart
und kalt an, als würde kein Tropfen Blut durch diesen Körper fließen.
    Charlene taumelte, wankte, fing sich aber wieder.
    Claudine hatte mit einem Mal einen verzweifelten Gedanken. Sie wusste, sie
saß in der Falle. Die Tür war ihr versperrt. Doch da waren die kleinen Fenster
noch.
    Mit vorgestreckten Händen stürzte sie darauf zu, noch ehe die Afrikaner
begriffen, was sie eigentlich beabsichtigte.
    Doch ihre Reaktion war nicht einmal unklug. Sie wusste, dass nur die Nacht
oder die Dunkelheit das seltsame Leben der veränderten Charlene Simonelle
bestimmte. Am Tag schlief sie einen totenähnlichen Schlaf. Was würde geschehen,
wenn jetzt, in diesem entscheidenden Augenblick, das volle Tageslicht sie traf?
    Claudine hatte keine Zeit, das Fenster aufzureißen. Sie riskierte eine
Verletzung, um ihr Leben zu retten. Sie ballte die Rechte zur Faust und
durchstieß damit einfach das winzige Fenster. Glas zersplitterte, die Haut auf
ihrer Hand riss sofort, und aus zahlreichen Schnittwunden floss Blut.
    Doch noch war der Laden vorgeklappt. Claudine griff nach dem Riegel. Das
alles spielte sich in wenigen Sekunden ab.
    Da der Riegel klemmte, gingen wertvolle Sekunden verloren. Charlene
Simonelle tauchte hinter ihr auf. Sie wagte nicht, einen Blick zurückzuwerfen.
    Mit zitternden Fingern löste sie die Verriegelung.
    Da senkte sich der blitzende Stahl heiß zwischen ihre Schultern.
    Ein dumpfes Gurgeln drang aus der Kehle der tödlich Verletzten. Ein zweiter
Stoß folgte, und diesmal spürte Claudine noch, dass die tödliche Waffe zwischen
ihren Schultern steckenblieb.
    Ihr Oberkörper fiel nach vorn, und der Laden wurde durch die Gewalt des
vorkippenden Körpers aufgestoßen.
    Claudine wollte sich noch umdrehen, doch ihre Kräfte ließen rasch nach.
Warm lief das Blut ihren Rücken hinab.
    Mit zitternden Fingern griff sie nach dem kühlen, moosüberwachsenen
Dachvorsprung, der sich vor ihr ausdehnte.
    Sie starrte in die Tiefe des grünen Gartens, der blitzschnell auf sie
zuzukommen schien.
    Sie hörte einen gellenden Aufschrei und wusste nicht, dass sie selbst
diejenige war, die schrie.
    Ihr Oberkörper lag halb auf dem Dach, quer über der Ablaufrinne, die sich
bedrohlich nach vorn senkte. Das Blut aus ihrer Wunde sickerte über ihre Schultern,
lief in die Rinne und tropfte unten aus dem Abfluss in das mit Regenwasser
gefüllte Fass ...
     
    ●
     
    Er erwachte und wusste im ersten Augenblick nicht, wo er sich befand,
welche Tageszeit es war und wie er

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