0220 - Kampf mit der Mumie
wahrgenommen!
Einen Gedankenimpuls, ein fernes Tasten, sehr schwach nur, aber die Mumie war sicher, sich nicht getäuscht zu haben.
Und sie änderte ihre Richtung. Sie schritt zwar noch unter Wasser weiter, doch sie näherte sich nun dem Nordufer des Flusses, wo sie an Land gehen wollte.
Zwei Polizeiboote rauschten über ihr durch das Wasser. Die Männer der Besatzung ahnten nicht einmal, wer da unter ihnen herschritt. Und hätte es ihnen jemand gesagt, sie hätten den Erzähler für einen großen Lügner gehalten.
Das Wasser wurde flacher. Die Mumie merkte auch, daß der Weg zum Ufer hin ein wenig anstieg. Es befand sich eine nicht mehr so starke Wassersäule über ihr, so daß sie es leichter hatte, durch die Fluten zu gehen.
Dann wurde die Umgebung etwas heller. Ein am Ufer sitzender Beobachter hätte bei genauem Hinsehen jetzt schon zwei rote Punkte dicht unter der Oberfläche sehen können.
Sie war da!
Und sie stieg aus den Fluten.
Schwerfällig, von den Wellen noch geschüttelt und immer wieder überspült. Dabei bot sie einen unheimlichen Anblick. Die Bandagen glänzten naß. Dazwischen leuchteten die roten, gefährlichen Augen der unheimlichen Mumie.
Ein Monster stieg an Land. Unbeobachtet von der Welt, aber bereit, sich zu zeigen.
Das Flußwasser spülte gegen den massigen Körper. Die helleren Kämme der Wellen rollten heran und schäumten an der Mumie hoch, die sich immer mehr dem Ufer näherte und schwerfällig an Land stapfte.
Rechts von ihr stach das gewaltige Bauwerk der weltberühmten Tower Bridge in den Himmel. Sie lag im Dunkeln, nur über den Fahrbahnen brannten Lichter.
Und vor der Mumie lag das Gefängnis, der eigentliche Tower. Um dieses Gemäuer rankten sich zahlreiche Geschichten. Dort hatten blutige Hinrichtungen in alter Zeit stattgefunden. Darin wurden aber auch die Kronjuwelen der Königin verwahrt, und zahlreiche Touristen strömten Tag für Tag herbei, um dem Tower einen Besuch abzustatten und dabei eine Gänsehaut zu bekommen, wenn der Führer von der blutigen Vergangenheit berichtete und auch von den Geistern und Gespenstern, die innerhalb des Towers hausen sollten.
Davor stand die Mumie.
Sie wußte nichts von dem Gefängnis, sah nur einen Teil der vor dem Tower herführenden Uferstraße und dahinter die gewaltigen Mauern in den Himmel ragen, über die majestätisch die beiden Türme der Brücke schauten.
Bald hatte die Mumie das Wasser so weit verlassen, daß die heranrollenden Wellen nur noch ihre Füße umspülten. Wenige Schritte, dann stand sie endgültig an Land.
Sie drehte sich und schaute auf das Wasser. Nicht weil sie die Wellen interessierten, sie wollte wissen, ob der andere schon in der Nähe war. Seine Signale hatte sie empfangen.
Kein Mensch sah die Mumie, wie sie sich zu voller Größe aufrichtete und nach Westen starrte, von wo aus sie gekommen war. Das Wasser rann an den Bandagen nach unten, die Mumie hob beide Arme, als wollte sie sich recken sowie die Elastizität ihres Körpers prüfen. Dabei stieß sie ein zufriedenes Grunzen aus.
Sie fühlte sich gut, Radamar sollte nur kommen. Er hatte gegen sie nichts zu bestellen.
Am Ufer blieb sie stehen. Es interessierte sie nicht, was hinter ihrem Rücken geschah, sie hatte nur Augen für die Wasserfläche, denn von dort mußte der Gegner kommen. Der manifestierte zweite Teil ihrer Seele, der sich in dem Menschen und Kapitän festgesetzt und dort eine neue Heimat gefunden hatte.
Die Strömungen wurden stärker. Die Mumie merkte, daß es jetzt nicht mehr lange dauern konnte. Flußaufwärts sah sie ein Boot, das gegen die Strömung fuhr und starke Scheinwerfer an Bord hatte, deren Lichtstrahlen kreisförmig über die düstere Wasserfläche huschten und auch ein anderes Boot erfaßten.
Die Mumie zuckte regelrecht zusammen. Ihre Augen begannen stärker zu glühen, denn sie hatte erkannt, daß das vom Licht gestreifte Boot besetzt war.
Sie konnte die Gestalt zwar nicht genau sehen, aber sie nahm deren gedankliche Ströme auf.
Das war er.
Radamar!
Sein zweites Ich. Seine zweite Seele, die unbedingt ausgelöscht werden mußte.
Das Boot fuhr weiter, der Lichtteppich wanderte, und das andere Boot verschmolz mit der Dunkelheit, die über dem gurgelnden Wasser lag.
Die Mumie lauerte. Dabei senkte sie ihren bandagierten Schädel und starrte auf den Fluß.
Da spürte sie die Gedanken.
Der andere meldete sich. Auch er mußte die Ströme empfangen haben, die von der Mumie ausgingen.
»Ich komme zu dir«,
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