0221 - Der Todessee
Wir wurden überspült, ich rutschte am nassen, glatten Bootskörper ab, geriet ebenfalls unter Wasser und spürte die Auswirkungen des gewaltigen Todeskampfes der Bestie.
Das Wasser packte mich, Wellen schleuderten mich hoch, ich geriet einmal mit dem Kopf über die Wasserfläche, sah für einen Moment das abtreibende Boot und wurde wieder nach unten gepreßt, wobei mich anlaufende Wellen überrollten.
Als ich die Augen aufriß und den Kopf nach links drehte, erkannte ich den düsteren Schatten, der langsam nach unten schwebte und sich von mir entfernte.
Er bewegte sich nicht mehr, und ich konnte nur hoffen, daß die Bestie endgültig erledigt war.
Mit der Beretta in der Hand vollführte ich hastige Schwimmbewegungen, tauchte auf und holte ein paarmal tief Luft, bevor ich auf die Trümmer zu schwamm.
Dort wartete Suko bereits. Sein nasses Gesicht hatte sich zu einem Grinsen verzogen.
»Hallo, Seelord!« keuchte ich und klammerte mich an der Bootshälfte fest. »Wie ist das Wetter?«
»Beschissen!« Er streckte seinen Arm aus, ich ergriff die Hand, und es gelang mir unter einigen Mühen auf den Bootskiel zu klettern, wobei ich dort erst einmal liegenblieb und noch Wasserreste ausspie.
Die Bootshälfte war durch unser Gewicht tiefer in das Wasser gedrückt worden.
»Wenn wir jetzt wenigstens eine Ruderstange hätten«, beschwerte sich mein Freund.
»Warum hast du sie auch weggeschleudert.«
»Ich wollte unserem Freund etwas zu fressen geben.«
»Holz ist eben unverdaulich!« keuchte ich und rutschte ein wenig vor, um etwas besseren Halt zu haben.
Wie zwei Schiffbrüchige auf hoher See lagen wir auf dem Bootskörper, wurden von den Wellen geschaukelt und klapperten vor Kälte mit den Zähnen. Die Unterkühlung machte sich doch stark bemerkbar. Unsere Kleidung hatte sich mit Wasser vollgesaugt, und wir mußten unbedingt zusehen, daß wir an Land kamen und trockene Kleidung anzogen, die im Kofferraum des Bentley lag.
Zunächst einmal hielt ich Ausschau nach einem Gegenstand, den wir als Ruder nehmen konnten, denn mit den Händen zu paddeln, hatte keinen Sinn.
Die Sicht hatte sich auch verschlechtert, hinzu kam das dunkle Wasser, und wir mußten schon unsere Augen aufreißen, um die treibenden Trümmer zu sehen.
Manchmal schwamm sogar eine Planke in meine Nähe, bevor ich sie allerdings fassen konnte, wurde sie von einer Welle erfaßt und wieder weggetragen.
»Mist!«
Bis Suko plötzlich aufschrie. »Ich habe ein Stück.«
»Was? Das Ruder?«
»Nein, nur eine Planke, aber in der Not frißt der Teufel Fliegen. Damit packen wir es.« Mein Freund bewegte sich und setzte sich auf dem Bootsrumpf so hin, daß es ihm gelang, zu rudern. Ich mußte dabei meine Beine einziehen, damit ich ihm nicht im Weg war.
»Pull mal nach rechts«, wies ich ihn an. »Ich glaube, da schwimmt sogar eine Ruderstange.«
»Das heißt nicht rechts, sondern steuerbord!« korrigierte mich der Chinese.
»Mein Gott, bist du heute wieder ein Pingel.«
Suko lachte. Ich merkte, wie sich die Bootshälfte langsam drehte und in die Richtung gelenkt wurde, wo ich die Ruderstange sah.
Suko machte seine Sache gut, es gelang mir, das Stück Holz mit meinen klammen Händen zu fassen. Ich zog es zu mir heran und versuchte, mich hinzusetzen, was auf der Bootshälfte gar nicht so einfach war. Suko beschwerte sich zu recht.
»Willst du allein paddeln?« fragte ich.
»Das hättest du wohl gerne.«
»Natürlich.« Ich hievte das Ruder hoch und tauchte es ins Wasser, Suko tat mit seiner Planke das gleiche.
Wir konnten das Ufer noch sehen. Im langsam verschwindenden Tageslicht war es nur ein grauer Streifen mit der helleren Nebelbank davor.
»Bleibt es bei unserem Plan?« fragte Suko.
»Klar, die Landzunge ist näher.«
Danach sprachen wir weniger, denn unsere Ruderarbeit erforderte all unsere Kräfte und vor allen Dingen auch Konzentration, denn es bestand leicht die Gefahr, daß wir von dem schaukelnden und kieloben treibenden Boot rutschten.
Schon bald merkten wir die Kühle nicht mehr, denn der erste Schweiß sammelte sich auf der Haut. Ein seltsamer Kontrast lag vor unseren Augen. Das dunkle Wasser und darüber die dünnen Nebelschleier, die mich an durchsichtige Leichentücher erinnerten.
Unsere Blicke waren nicht nur nach vorn gerichtet. Wir mußten auch die Seiten im Auge behalten, denn keiner von uns wußte, welche Überraschungen der See mit dem schwarzen Wasser noch für uns bereithielt.
Die Erscheinung war urplötzlich da. Suko
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