0221 - Der Todessee
wurde.
Ich hatte meinem Freund nur einen kurzen Blick zuwerfen können, sah aber dennoch, wie erschöpft er war. Sein Gesicht zeigte die Spuren des Kampfes, es war verzerrt, er keuchte und atmete gleichzeitig, wobei er auch noch Wasser spie.
»Kannst du?« schrie ich.
»Ja, verdammt.«
Neben mir kraulte der Chinese auf den noch stabil aussehenden Bugteil des Schiffes zu. Wir beide wollten uns daran klammern und Halt finden.
Ich erreichte das treibende Schiffsteil als erster. Mit der Linken klammerte ich mich fest, drehte mich dann um und streckte den Arm aus, um Suko eventuell helfen zu können. Vergebene Mühe, mein Freund schaffte es allein.
Auf dem See treibend und von den Wellen auf- und niedergeworfen, ruhten wir uns für einen Moment aus, denn das Untier war zum Glück nicht zu sehen.
»Wie ist es passiert?« fragte ich keuchend.
Suko holte zweimal Luft, bevor er antworten konnte. »Es holte aus, ich wollte noch die Zeit anhalten, doch dazu bin ich nicht mehr gekommen. Der eine Hieb war ein Volltreffer. Die Wucht hat das Boot in der Mitte geteilt. Kannst du dir das vorstellen, John? Ein Schlag, und es war aus.« Mein Freund holte ein paarmal tief Luft. »Ich wurde auch noch gestreift. An der Schulter und am Gesicht. Dabei dachte ich, aus einer Rakete abgefeuert zu werden, so schnell ging das alles. Ich landete im Wasser, wurde in die Tiefe gedrückt und kämpfte mich wieder hoch, den Rest kennst du.«
»Aber wo ist das Monster?«
Trotz der bescheidenen Lage gestattete sich Suko ein Grinsen.
»Hast du danach Sehnsucht?«
»Nein, bestimmt nicht.«
»Dann wollen wir zusehen, daß wir an Land kommen.«
Ich lachte auf. »Optimist. Ich komme mir hier vor wie auf dem Meer. Oder siehst du das Land?« Dabei spielte ich auf die Dunkelheit an, die immer mehr zunahm.
Suko gab mir recht. »Trotzdem müssen wir es versuchen, sonst saufen wir hier ab wie die Ratten.«
»Und was machen wir, wenn das Ungeheuer auftaucht?« fragte ich.
»Vielleicht beten.«
»Wäre eine Möglichkeit, aber wir haben noch unsere Waffen.«
»Die Kugeln nützen nichts.«
»Vielleicht muß man sie in die Augen des Tieres setzen. Das ist unsere Chance.«
»Die Idee ist nicht schlecht«, erwiderte Suko, während er Wasser spie. »Nur wird dir dieses Biest kein Auge hinhalten, damit du hineinschießen kannst.«
Da hatte mein Partner natürlich recht. Vielleicht ergab sich dennoch eine Möglichkeit, das Monster zu überlisten.
»Ich halte mich hier erst einmal fest«, erklärte Suko. »Außerdem spüre ich eine Strömung. Vielleicht werden wir noch an Land getrieben.«
»Die Queen erhalte deinen Optimismus«, gab ich zurück.
»Soll ich heulen?«
»Nein, dann lieber deine Sprüche.«
Aus unserer Perspektive sah der See fast wie ein Meer aus.
Unsere Köpfe, Arme, Hände und Schultern schauten aus dem Wasser, wir sahen die tanzenden, schwarzen Wellen, die gegen das Boot anliefen und es zum Schaukeln brachten.
Wie tief der See war, wußten wir nicht. Loch Ness, zum Beispiel, war über 200 Yards tief. Ich schätzte, daß dieser See nicht viel weniger aufwies.
Mittlerweile wurde mir kalt. Die Anspannung hatte ein wenig nachgelassen, jetzt spürte ich die Kälte und auch den Wind, der durch die nasse Kleidung drang. Zudem hatte ich immer mehr Mühe, mich an dem nassen Bugteil festzuklammern. Die Gefahr abzurutschen, bestand immer, und ich mußte zweimal nachgreifen, um einen besseren Halt zu finden. Lange würde ich mich hier nicht halten können.
Suko schaute mich an. »John, ich glaube, ich spüre etwas.«
»Wo?«
»Unter mir.«
Meine Augen wurden groß. »Das Ungeheuer?«
»Kann ich nicht genau sagen, aber das Wasser gerät in Bewegung. Kann sein, daß es auftaucht.«
Sukos Stimme klang ruhig. Nur wir beide wußten, weich eine Brisanz in den letzten Worten des Chinesen gelegen hatte. Wenn die Bestie zum drittenmal angriff, dann würde es uns sicherlich nicht gelingen, ihr zu entkommen.
»Wie machen wir es?« flüsterte Suko.
»In die Augen.«
»Voll?«
»Was denkst du denn?« Er grinste hart und versuchte ein Nicken.
Dann holte er Luft und schnellte aus dem Wasser. Er bewies wieder einmal, welche Kraft in ihm steckte. Sein Körper fiel über das abgebrochene Bugteil und bedeckte es fast völlig. Er machte seine Arme lang, und es gelang ihm, sich festzuklammern.
»Alles klar, John!«
Ich war ebenfalls nicht verschont geblieben, als mein Freund sich auf das Teil geworfen hatte. Mühevoll konnte ich die Schwankungen
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