Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0223 - Rückkehr des Pharao

0223 - Rückkehr des Pharao

Titel: 0223 - Rückkehr des Pharao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Michael
Vom Netzwerk:
wenn sie einen scharfgeschliffenen Dolch hielt.
    Äußerlich war der ruhenden Gestalt nichts anzumerken. Innerlich jedoch war Michael Ullich gespannt wie ein Katapult, das bereit ist, seine tödliche Ladung zu versenden.
    Eine zarte Frauenhand berührte Michael Ullichs Arm als dieser sich mit einem Satz, der einen Leoparden beschämt hätte, auf die eingedrungene Gestalt warf.
    Zwei, drei schnelle Griffe, dann wandt sich eine zierliche Frauengestalt in seinen Fäusten. Vergeblich suchte Michael Ullich nach einem Dolch oder sonst einer Waffe.
    Sollte die junge Dame auf ein Schäferstündchen gekommen sein? Michael Ullich verstand zwar nicht den Singsang ihrer Sprache, aber das, was in ihren Augen geschrieben stand, wußte er wohl zu deuten. Seine Hände lockerten den Griff und begannen, den zierlichen Körper zu streicheln. Und seine Lippen wollten den Mund, dem Worte in der ihm unbekannten Sprache entströmten, mit einem Kuß schließen.
    Aber die Frau entwand sich ihm. Ihre winkende Handbewegung deutete an, daß er ihr folgen sollte.
    »Wo soll’s denn hingehen, schönstes Kind?« fragte er, obwohl er genau wußte, daß er nicht verstanden wurde.
    Aber die Frau, eine Sklavin offenbar, legte leicht den Zeigefinger vor ihren Mund. Sofort schwieg Ullich, der das Zeichen sehr gut verstanden hatte.
    Wieder winkte die Sklavin.
    »Nefritiri!« flüsterte ihre Stimme. »Nefritiri…«
    Das sagte Michael Ullich genug. Anscheinend wollte ihm die Gemahlin des Ramses eine Privataudienz gewähren.
    Irgend etwas in seinem Inneren warnte Michael Ullich, mitzugehen. Wer konnte wissen, was für einen Verdruß er sich hier herbeiholte. Andererseits - Nefritiri hatte ihm nach dem Schwertkampf mit Metufer bedeutungsvolle Blicke zugeworfen. Denn sie schien, was das Eheleben anging, ziemlich unausgelastet zu sein. Immerhin hatte Ramses der Zweite über einen mächtig großen Harem verfügt. Und da Nefritiri nicht nur seine Gattin, sondern der alten Tradition gemäß auch seine Schwester war, zog er sicherlich andere Schönheiten vor.
    Wenn es so war, wie er vermutete, wollte er sie für die verlorenen Jahre bestens entschädigen. Und so folgte er der winkenden Hand der Sklavin, die vor ihm herhuschte.
    Er ahnte nicht, daß er offenen Auges in eine Falle lief…
    ***
    »… ist es unser Wunsch und Wille, daß du, oh weiser Zamorra, in die geheimen Mysterien des Gottes eingeweiht wirst!« kam es aus dem Munde des uralten Mannes, der seinen Runzeln nach mit dem biblischen Methusalem sicher wetteifern konnte. Ein weites, scharlachrotes Gewand umspannte seinen dürren Leib. Die Hände aus den Ärmeln glichen den Klauen von Raubvögeln.
    In dem Gesicht aber lag die personifizierte Bosheit. Wenn Verrat und Niedertracht je Gestalt angenommen haben, dann lagen sie im Gesicht des Mannes, der sich als Hoherpriester des Sobek vorgestellt hatte.
    Sobek - der Gott in der Gestalt eines Krokodils.
    Zamorras rechte Hand tastete nach dem Amulett. Zu sehr erinnerte ihn das Gesicht des Priesters an die Fratze eines Dämons. Aber die Silberscheibe blieb kalt. Ein Angriff höllischer Mächte war derzeit ausgeschlossen.
    Doch auch irdische Gegner vermochten den Tod zu geben. Verstohlen tastete Zamorra nach dem Dolch, den ihm Thutmosis mit einigen warnenden Worten zugesteckt hatte. Die Klinge war nadelspitz und aus bläulichem, hethitischen Stahl geschmiedet.
    Der Priester ahnte nichts vom Vorhandensein des Dolches. Und Professor Zamorra wollte ihn auch nicht darauf aufmerksam machen. Wer konnte wissen, in welcher Situation ihn die Waffe rettete.
    »Ich fühle mich geehrt, würdig zu sein, den Tempel des Sobek betreten zu dürfen!« suchte sich Professor Zamorra die Worte zusammen. Der Wissenschaftler in ihm war erwacht. Wie auch immer die Geschichte ausging, hier konnte er Augenzeuge längst vergessener Mysterien werden.
    »So folge denn dem Wege der Erleuchtung!«, murmelten die Lippen des alten Priesters. Dann drehte er sich um und schritt zur Tür, deren Flügel zwei nackte, dunkelhäutige Sklaven ehrerbietig aufrissen. Und das verschaffte Zamorra eine Chance…
    Schnell tauchte er seinen Zeigefinder in die halbleere Weinschale vor ihm. Und geschickt malte er mit dem blutroten Rebensaft auf die glänzend polierte Platte des kleinen, runden Holztisches ein Zeichen, das er im Grabe gesehen hatte und das er in seinem Gedächtnis bewahrt hatte.
    Das Zeichen des Sobek…
    Dann folgte er mit seinem elastischen Gang den schlurfenden Schritten des alten Priesters.

Weitere Kostenlose Bücher