0223 - Sie würfelten um unser Leben
hatte. Er zuckte ein wenig zurück. Meine linke Hand verfehlte ihr Ziel. Ich erreichte nur, dass der Lauf seiner Pistole ein wenig aus der Richtung gebracht wurde. Dann spuckte seine Kanone Feuer. Ich zog durch. Meine Smith & Wesson blaffte. Benny Melroys bleiches Gesicht nahm den Ausdruck des Staunens an, der so charakteristisch für einen Mann ist, den eine Kugel voll trifft. Sein Finger am Abzugshahn krümmte sich ein zweites Mal, aber schon hatte er die Gewalt über seine Hand verloren. Die Kugel schlug Funken auf dem Asphalt der Straße.
Melroy brach in die Knie. Sein Oberkörper fiel nach vorn, und seine Stirn schlug hart auf das Pflaster.
Benny Melroy lag still und mit ausgebreiteten Armen auf dem Gesicht.
»Warum dieser Unsinn«, knurrte ich und wollte mich über den Reglosen beugen. Da spürte ich den stechenden Schmerz in der Hüfte, tastete mit der Hand nach der Stelle und fühlte die klebrige Wärme von Blut. Bennys Kugel hatte mich an der Hüfte erwischt.
Aus einiger Entfernung schrillte die Trillerpfeife eines Cops, den die Schüsse aus der Türnische gelockt hatten, in der er vor dem Regen Unterschlupf gesucht haben mochte. Wenig später kam er im Laufschritt die 19th Street herunter, steuerte auf mich zu und fragte schnaufend und außer Atem: »Was ist los?«
Ich machte eine Handbewegung zu Melroy hin.
»Ich fürchte, der Mann ist tot«, sagte ich, »und was mich angeht, so wäre es wahrscheinlich gut, wenn ich möglichst rasch zu einem Arzt käme.«
***
Ich lag in einem freundlichen und hellen Zimmer des Tillbury Hospitals. Mir ging’s gut, und ich dachte, es wäre an der Zeit, dass ich mich wieder auf eigene Füße stellte, aber die Docs waren anderer Meinung. Melroys Kugel hatte mir einen Streifen Haut und ein paar Unzen Fleisch abgesäbelt. Sie war, wie die Docs sagten, nur um Haaresbreite an irgendwelchen lebenswichtigen Organen vorbeigezischt, und Dr. Wedley sagte, wenn ich überall so viel Glück hätte, so sollte ich schleunigst anfangen, an der Börse zu spekulieren. Ich müsste es in einem Jahr zum Millionär bringen.
Die Tür öffnete sich. Phil kam herein, eine Aktentasche in der Hand.
»Hallo!«, rief er. »Du siehst heute einen ganzen Streifen besser aus, alter Junge.«
Er zog sich einen Stuhl heran und setzte sich. Die Aktentasche stellte er vorsichtig vor seine Füße.
»Alles okay?«
»Leidlich! Dr. Wedley sagt, er könne meinen Anblick für die nächsten vierzehn Tage nicht entbehren.«
»Sagte er etwas darüber, ob du Whisky vertragen kannst?«
»Nicht einen Ton.«
Phil sah sich vorsichtig nach der Tür um.
»Kommt die Oberschwester manchmal unangemeldet herein?«
»Selten.«
Mein Freund strahlte. Er öffnete die Aktentasche und zog eine Flasche White Label und einen Sodasiphon ans Licht.
»Mit einem schönen Gruß vom Chef zur Auffrischung der Krankenhauskost. Verrechnung über das Spesenkonto des FBI.«
Sogar das-Eis hatte Phil nicht vergessen. Er schüttete die Würfel aus einer mitgebrachten Thermosflasche in die ebenfalls mitgebrachten Gläser.
»Cheerio«, sagten wir gleichzeitig, stießen an und tranken. Phil gab mir eine Zigarette, die erste seit zwei Tagen.
»Die Kollegen vom FBI sind froh darüber, dass du mit einem Kratzer davongekommen bist«, berichtete mein Freund. »Sie hätten es verdammt blödsinnig gefunden, wenn ein kleiner Drei-Cent-Ganove das geschafft hätte, woran sich die größten Bosse mit ihren gefährlichsten Gorillas bisher vergeblich versucht haben.«
»Sehr schmeichelhaft«, lachte ich, wurde aber sofort ernst. »Es tut mir sehr leid, dass Melroy an meiner Kugel starb. Ich finde, er hätte billiger davonkommen können.«
Phil zuckte die Achsel. »Wer mit einer Kanone in der Hand auf einen G-man losgeht, muss damit rechnen, dass es ihm schlecht bekommt. Und hatte Melroy die Absicht, dich umzulegen, oder hatte er sie nicht?«
Ich nickte. »Ja, es sah so aus, als wollte er Ernst machen, aber seit ich meine fünf Sinne wieder beisammen habe, frage ich mich, was ihn dazu bewogen haben mag, mich auslöschen zu wollen.«
»Du hast ihm drei Jahre besorgt.«
Ich richtete mich in meinem Bett auf und hielt Phil das Glas zum Nachschenken hin.
»Hör mal zu«, sagte ich. »Melroy war in Wrights Bande eine ganz kleine Nummer. Er hat zwei oder drei Wagen gestohlen, die zu Verbrechen benutzt wurden, und er hat bei einer Schmugglertour der Gang als Hilfskraft mit--gewirkt. Er hat nie eine Pistole angefasst, und er wäre mit ein paar
Weitere Kostenlose Bücher