0227 - Gefangen in der Totenstadt
gelegt, die den antiken Herkules beschämt hätte.
Pater Aurelian verzichtete bewußt darauf, die Flugbahn des Steins magisch zu beeinflussen. Er wußte auch so, wo der ungefüge Quader auftreffen würde.
Denn im Vatikan wurde wieder Sport getrieben. Das gute Beispiel des Papstes, der seinen Körper jeden Tag mindestens eine halbe Stunde auf dem Heimtrainer fit hielt, hatte Schule gemacht. Und Pater Aurelian war einer der Geistlichen, die von den Sporteinrichtungen der Schweizer Garde regen Gebrauch machten. Das Tennisspiel war Aurelians besondere Leidenschaft. Außerdem hatte er in Jugendzeiten aktiv Handball gespielt.
Das bekam der Diener von Asmodis nun schmerzhaft zu spüren.
Wieder war er viel zu sehr auf Angriff eingestellt gewesen. An Verteidigung hatte Nguruthos, der Dämon, nicht gedacht. Und als er die Situation erfaßte, war es bereits zu spät.
Er schaffte es auch nicht, einen magischen Abwehrzauber zu vollenden, als er sah, wo der Stein auftreffen mußte.
Platschend fiel der Quader auf den Körperteil des Dämons, den man am ehesten als »Fuß« bezeichnen konnte.
Nguruthos brüllte, daß sich das nackte Mädchen in der Ruine vor Entsetzen die Ohren zuhielt. Heulend hopste der Dämon umher. Genau wie ein Mensch, dem ein schwerer Gegenstand auf den Fuß gefallen ist.
Die Farbe der Augen wechselte vom häßlichen Schwefelgelb in giftiges Grün.
Nguruthos haßte nun seinen Gegner, der unverrückbar an seinem Platz stand. Pater Aurelian machte eine leichte Verbeugung wie ein Judoka oder Karateka, der seinen Gegner zu Fall gebracht hat.
Zum zweiten Mal hatte der Sterbliche, der sich als der unsterbliche Lukumo Numa Pompilius bezeichnete, Satans Diener besiegt. Und er hatte den Vertrauten von Asmodis lächerlich gemacht.
Jetzt wurde kein Pardon mehr gegeben!
Der Dämon wollte töten!
Schlangenarme vollführten kreisende Bewegungen. An der Spitze der Stäbe, die das Höllenwesen in seinen Klauen hielt, begannen Funken zu sprühen.
Ohne Vorwarnung streckte der Dämon beide Stäbe in Richtung von Pater Aurelian.
Es war, als würde ein ganzes Bündel Laserstrahlen eingeschaltet. Aus beiden Stäben stachen nadeldünne Lichtstrahlen. In allen Farben des Regenbogens schillernd, rasten sie schneller, als ein tödliches Geschoß den Lauf eines Gewehrs verläßt, auf den Mönch zu.
Hell blitzte der Brustschild Aurelians auf.
Der Brustschild, den die Weisen als den Spiegel von Saro-esh-dyn bezeichnen, zog die unirdischen Strahlen förmlich an.
Sie konzentrierten sich in ihm, daß der Schild wie eine Mini-Sonne strahlte.
Und dann schleuderten unfaßliche Gewalten die Dämonenenergie auf den Kämpfer Satans zurück.
Ein fürchterliches Kreischen durchzitterte die sturmdurchtobte Luft, als die schuppige Haut des Dämons getroffen wurde. An der Stelle, wo der Strahl einschlug, begann sie förmlich zu kochen. Die dämonische Substanz schlug Blasen wie glühende Schlacke in einem Hochofen.
Zum dritten Mal war des Teufels Untergebener der Verlierer!
***
Die sonderbare Prozession hatte den Platz vor dem Colosseum erreicht, auf dem seit einigen Generationen nun wieder die Schaufeln der Archäologen den Ton angaben. Denn der ganze Bezirk des antiken Rom sollte für den Autoverkehr gesperrt werden.
Daher kamen Amun-Re und seine Gläubigen nicht besonders schnell voran. Immer wieder galt es, die Suchgräben der Altertumsforscher zu umgehen.
Aber dann schritten sie über das antike Pflaster der Via Sacra, der heiligen Straße, über die Roms Cäsaren und Triumphatoren zum Forum und zum Kapitol gezogen waren.
Das sperrende Eisengitter war für Amun-Re kein Hindernis. Ein durch die Zähne gemurmelter Spruch, dann taten sich die beiden großen schmiedeeisernen Tore auf, die den Zugang zum Forum Romanum versperrten.
Der Gedanke des Zauberers kreiste nur um ein zentrales Thema: Welche Macht werde ich haben, wenn ich mir die Krone aufsetze? Und wird mir die Krone helfen, die hohen Brücken zu bauen?
Daß sich ihm auf seinem Weg jemand in den Weg stellen konnte, daran dachte Amun-Re nicht im geringsten…
***
Die erste Runde des magischen Boxkampfes war vorbei!
Die Welt schien den Atem anzuhalten. Selbst der rasende Wind setzte einen Augenblick aus, als sich beide Gegner nun zu einem vierten Schlagabtausch auf Para-Ebene gegenüberstanden.
In der Feme zuckte ein Blitz nieder und beleuchtete gespenstisch die Szenerie.
Jeder der beiden Duellanten wußte nun, was er von seinem Gegner zu halten hatte. Zwar hatte
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