0227 - Stellas Rattenkeller
hinter ihm, und wir stürmten die restlichen Stufen hinab.
Obwohl ich hinter Suko ging, erwischte es ihn ebenso wie mich.
Ich sah noch, wie der Chinese seine Arme hochriß, zurückzuckte, und dann prallte auch ich gegen die unsichtbare Wand.
Etwas explodierte an meiner Stirn, platzte auf, ich spürte, wie meine Knie weich wurden, und ich langsam nach unten sank, wobei mir das grelle Gelächter der Stella Murdock in die Ohren schnitt…
***
Es hatte uns zwar hart getroffen, aber nicht so hart, daß wir bewußtlos wurden. Auch fielen wir nicht zu Boden. Ich konnte mich an der Wand noch abstützen, und mein Gehirn arbeitete ebenfalls klar. Jetzt wußte ich Bescheid, weshalb alles so gedämpft geklungen hatte. Die Glaswand hatte den größten Teil des Schalls abgehalten, obwohl sie durch eine Sprechlöcher aufgelockert worden war.
Sie lachte noch immer, und dieses Lachen drang auch in mein Gehirn. Es machte mich furchtbar wütend, ich holte ein paarmal tief Luft und riß mich zusammen.
Nur jetzt nicht aufgeben, nur nicht…
Ich schaffte es. Wie auch mein Freund und Kollege Suko, der sich nicht unterkriegen ließ. Ich hörte ihn ächzen, wie er sich an der Glaswand abstützte und langsam in die Höhe kam.
Noch konnte ich nicht richtig klar sehen, weil alles vor meinen Augen verschwamm. Den Dolch hatte ich instinktiv losgelassen, er hätte mir bei dem Aufprall selbst noch gefährlich werden können.
Eine Verletzung wäre nicht auszuschließen gewesen.
»Ihr Narren, ihr hirnlosen, arroganten Narren! Ihr habt mich erledigen wollen, mich, Stella Murdock, die Königin der Ratten…ha, ha, ha…«
Ihr Gelächter machte uns mobil. Wir bissen die Zähne zusammen und kamen schwankend auf die Füße.
Über Sukos Gesicht lief ein Blutstreifen. Als ich nach dem meinen tastete, fühlte ich ebenfalls etwas Klebriges, und in der oberen Kopfhälfte hämmerten 1000 kleine Bergleute.
Noch konnten wir Stella sehen. Aber sie war dabei, das Weite zu suchen.
Sie hatte uns den Rücken zugekehrt und verschwand mit ihren Ratten innerhalb des Kellergewölbes hinter der Scheibe. Die Dunkelheit verschluckte sie. Dann hörten wir nur noch das disharmonische Flötenspiel.
Suko sprach das aus, was auch ich dachte. »Verdammt, John, da muß es einen Geheimgang geben.«
Der Meinung war ich auch.
Aber wie kamen wir dahin? Mit dieser raffinierten Sperre hatten wir nicht gerechnet. Das mußte Panzerglas sein. Suko rieb sich seinen Schädel, ich den meinen ebenfalls. Wir wußten, daß wir hier nicht länger bleiben konnten, und ich ahnte, wohin der Gang unter Umständen führte.
»Der geht wahrscheinlich zum Friedhof«, sprach ich meine Gedanken aus.
Suko ballte die Hände. »Verdammt, John, du kannst recht haben. Da läuft das letzte Drama.«
»Aber was will sie da?«
»Keine Ahnung, Ratten sind keine Ghouls.«
»Oder war der Friedhof nur ein zweites Versteck?« murmelte ich mehr zu mir selbst sprechend.
»John, wenn die Murdock mit ihrem Rattenvolk sich unter die Menschen mischt, dann…«
»Hör auf, hör auf…« Ich vergaß meine Schmerzen, drehte mich um und lief zur Treppe. Schneller als Suko hatte ich sie hinter mich gebracht, und dann traf mich der zweite Schock.
Ich sah es nicht, ich hörte es. Etwas klatschte auf die Treppe.
Eine gewaltige Woge drängte von der ersten Etage her in die unteren Räume des Hauses.
Die Ratten aus dem Dachboden. Irgend jemand mußte ihnen freie Bahn verschafft haben.
Freie Bahn für die Opfer.
Für uns!
***
Wie versteinert hatte er lange Zeit auf dem Boden gesessen. Sein Kopf war gesenkt, der Blick fiel zwischen den angezogenen Knien auf den glatten, fugenlosen Boden, die Hände hatte er zu Fäusten geballt und sie auf den Boden gestemmt.
Er wartete…
Sie hatte es ihm versprochen, sie wollte seine Rache vollenden, und Rocky Koch war davon überzeugt, daß sie es schaffte. Lange genug hatte es gedauert. Zwei Jahre, sogar noch ein wenig mehr, aber jetzt war nichts mehr aufzuhalten, da konnte kommen, was wollte. Sie, Stella, würde seine Rache vollenden.
Er atmete schwer, wenn er an Stella dachte. Er begehrte sie, jedoch nicht als Frau, sondern als sein Objekt. Wie oft hatte er sich vorgestellt, wie sie zwischen all den herrlichen, kleinen Ratten stand, die Flöte an die Lippen hielt und ihre wilde Melodie spielte. Dann begannen die Tierchen zu tanzen, dann gehorchten sie, dann würden sie all das tun, was sie bei ihm auch getan hatten. Dabei dachten sie immer nur an ihn, der in der
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