0227 - Stellas Rattenkeller
Zelle hockte. Stella hatte ihm versprochen, ihn aus diesem Elend herauszuholen, damit er endlich zu seinen Ratten konnte und sich nicht mit diesen widerlichen nachgemachten Tieren begnügen mußte.
Dann waren die beiden Männer gekommen. Viele Menschen hatte Rocky Koch vergessen, aber nicht die beiden. Sie trugen an seinem Untergang die Schuld, sie hatten dafür gesorgt, daß er in der Klinik sitzen mußte, in einem Zimmer, das kaum größer war als eine Hundehütte. Hier verbrachte er die Tage und Nächte, grübelte darüber nach, wie er zu seinen vierbeinigen kleinen Freunden gelangen konnte und hatte Stella genaue Anweisungen gegeben, wie sie ihr kleines Haus umbauen mußte, damit sich seine Tierchen wohlfühlten.
Ja, sie sollten leben, niemand würde sie töten. Sie mußten immer bei ihm bleiben oder auch zu ihm kommen. Es waren die herrlichen Ratten, so anschmiegsam, so zärtlich, so…
Seine Gedanken stockten. Plötzlich sprang er auf, stellte sich breitbeinig hin, packte zwei Stoffratten, öffnete den Mund, stieß einen gellenden Schrei aus und schleuderte die Ratten zu Boden, um mit den Schuhen darauf herumzutrampeln.
Er wollte nicht mehr, er war es leid, er haßte dies alles und heulte fast auf, als er wieder daran dachte, in der verdammten Zelle zu hocken.
Raus, er wollte raus!
Wie schon so oft rannte er auf die Tür zu, warf sich zuerst ein paarmal mit der Schulter dagegen, und als dies nichts half hämmerte er mit den Fäusten vor das Holz.
Das brachte auch nichts, so daß er schließlich schreiend zusammensank. Oft hatte er es bis zur Erschöpfung getrieben und blieb stundenlang auf dem Boden liegen, wobei er auf einer Ebene mit seinen Ratten lag, die er so mochte.
An diesem Tag allerdings nicht. Da war etwas anders. Rocky Koch hob seinen Kopf wie ein schnüffelnder Hund, er blieb auch nicht mehr länger liegen, sondern stemmte sich in die Höhe.
Irgend etwas war anders als sonst. Das spürte er, das merkte er, und er reagierte wie ein Empfänger auf die Wellen eines Senders.
Nahte jetzt die Stunde, von der er immer geträumt hatte? Würde er endlich aus der Klinik freikommen und zu seinen Ratten gelangen. Die Nervosität machte ihn verrückt, und sie steigerte sich noch mehr, als er die schweren Schritte auf dem Flur hörte.
Da kamen sie.
Ja, sie waren zu zweit, das konnte er an der Schrittfolge haargenau feststellen.
Und sie kamen von links, wobei sie sich immer mehr seiner Tür näherten. Vorbei gingen sie nicht, konnten sie nicht gehen, sein Zimmer war das letzte auf dem Gang.
Dann blieben sie stehen.
Ein Schlüssel klirrte, bewegte sich im Schloß, die Tür schwang auf…
***
Reichte die Zeit noch?
Uns standen nicht einmal Sekunden zur Verfügung zu einer Entscheidung. Wir mußten den Weg zur Tür schaffen, aber er war weit und die Ratten schnell.
Schritte können zu Meilen werden, wenn man in einer solchen Lage steckte wie wir.
Die Masse wogte die Treppe hinab. Wir hörten jetzt das Trampeln der Füße, das Klatschen der Leiber, das Fiepen der unheimlichen Nager, das sich wild und aggressiv anhörte, und wir starteten in Windeseile.
Suko war noch schneller als ich. Er erreichte als erster die Tür, wollte seine Hand auf die Klinke legen, als sich die ersten Ratten kraftvoll abstießen und mit gewaltigen Sprüngen die Entfernung zu dem Chinesen überbrückten.
Drei auf einmal prallten in Sukos Rücken und bissen sich dort an seiner Kleidung fest.
Ich schrie meinem Partner eine Warnung zu, der sich herumdrehte und nicht mehr daran dachte, die Tür zu öffnen. Die Ratten hatten sich bewußt seinen Rücken ausgesucht, dort bissen sie sich fest. Suko konnte sie kaum von seinem Körper schlagen, so daß ich ihm zur Seite stehen mußte.
Da der Chinese mit seinem Körper schräg gegen die Tür gefallen war. War ich nicht in der Lage, sie zu öffnen, aber meine Hand mit dem Dolch fuhr nach unten, und die erste Ratte wurde buchstäblich in zwei Hälften geteilt.
All meine Überlegungen und Taten hatte sich innerhalb von zwei Sekunden abgespielt, und in der dritten Sekunde killte ich die zweite Ratte, während die letzte auf Sukos Rücken hochkletterte, um an seinen ungeschützten Nacken zu gelangen.
Die packte ich mit der linken Hand, riß sie weg und schleuderte sie gegen die Wand.
Dann waren die anderen da.
Was wir zuvor nur bei Stella gesehen hatten, erlebten wir nun am eigenen Leibe. Plötzlich standen wir inmitten der wirbelnden, widerlichen, grauen Rattenmasse, traten,
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