0227 - Stellas Rattenkeller
und muß dafür die Folgen tragen.«
»Was sind Sie nur für ein Mensch!« stöhnte Suko.
»Mensch? Ein Mensch kann mir gestohlen bleiben«, erwiderte sie voller Hohn. »Ich habe meine herrlichen Ratten, und mir ist es gelungen, mich in die Psyche dieser Tiere hineinzuversetzen. Jeder, der sich mir in den Weg stellt, mir nicht folgen will und mich nicht begreifen kann, muß sterben.«
Das war deutlich genug. Diese Frau gehörte selbst in die Anstalt.
Psyche der Ratten — ein Irrsinn war das. Aber ein gefährlicher, das hatte uns Stella Murdock klargemacht. Ihre Rattenparty würde zu einem Erfolg werden.
Mit uns als Gästen!
Im Moment stand die Situation auf des Messers Schneide. Ich wußte auch nicht, was Stella als nächstes unternehmen würde, dann sahen wir, wie sich ihr Umhang bewegte und eine Hand aus dem Faltenwurf in der Mitte hervorkroch.
Sie hielt etwas zwischen den Fingern.
Hell schimmerte das Holz, aus dem es gefertigt worden war. Es sah aus wie eine kleine Blockflöte, und es war auch die Flöte, deren schreckliche Melodie wir bereits des öfteren vernommen hatten.
Voller Spannung schauten wir Stella Murdock zu, wie sie beide Arme anhob und die Flöte zum Mund führte. Sie spitzte ein wenig die Lippen, und einen Augenblick später begann ihr Spiel.
Wir waren jetzt darauf vorbereitet, so daß uns die Disharmonie nicht mehr so zu schaffen machte, doch die Ratten reagierten völlig anders.
Hatten sie sich zuvor schon in Bewegung befunden, so wurde diese Bewegung jetzt gesteigert. Die Töne des Instruments machen sie regelrecht an und heiß. Die Nager begannen zu zucken, zu tanzen, rotteten sich zusammen, bis sie einen Wall bildeten, der ein eine kreisende Bewegung überging. Im Mittelpunkt dieses Kreises stand Stella Murdock. Sie spielte.
Ihre Finger glitten spielerisch leicht über die Löcher der Flöte, hielten einmal dies zu, dann wieder das andere. Ich habe noch nie Flöte gespielt und kenne auch nicht die einzelnen Bezeichnungen oder Löcher im Holz, aber daß die Frau etwas davon verstand, merkten selbst Suko und ich als Laien.
Die Ratten waren nicht mehr zu halten. Keine blieb auf ihrem Platz.
Sie bewegten sich immer hektischer, sprangen übereinander, und wir schüttelten uns, als wir mitbekamen, wie die widerlich fetten Biester an der Frau hoch krochen.
Und sie spielte. Ein selbstvergessener Ausdruck lag auf ihrem Gesicht. Meisterhaft beherrschte sie die Flöte, drehte sich dabei, bewegte kreisend ihren Kopf, die Augen glänzten, während die Töne immer schriller wurden und ich mir am liebsten die Ohren zugehalten hätte, doch diese Blöße wollte ich mir vor der Murdock nicht geben.
Stella genoß die Ratten. Die Vierbeiner hatten sich im Stoff des Gewandes festgekrallt, sie krochen höher und höher, manchmal sprangen sie sogar kurze Strecken, um sich noch härter wieder festzukrallen.
Sie waren überall.
Auf den Schultern hockten sie, an den angewinkelten Armen krallten sie sich fest, und näherten sich auch dem Gesicht der sich wie in Trance befindlichen Frau.
Einen makabren Reigen drehten die Nager. Noch immer sahen wir keinem Ende dieses Tanzes entgegen.
»Das ist Wahnsinn!« flüsterte Suko. »Noch schlimmer als bei Rocky Koch. Diese verdammte Musik…«
Sie hörten nicht auf. Manche Ratten wurden von ihren Artgenossen auch kurzerhand weggestoßen, fielen nach unten und krachten auf das Skelett, dessen Knochen auseinanderfielen.
Stellas Rattenparty war in vollem Gange. Sie führte uns hier ein widerliches Spiel vor und ergötzte sich daran.
Ich mußte mehr als einmal schlucken. Bisher waren wir nur Statisten gewesen, aber das sollte sich ändern. Natürlich hätten wir schießen können, aber Stella Murdock war ein Mensch, ich wollte sie auf eine andere Art und Weise packen.
»Holen wir sie uns?«
Suko schaute zuerst auf das Messer in seiner Hand und dann auf mich. Angst kannte mein Partner nicht, das wußte ich. Trotzdem waren wir uns über das Risiko meines Vorschlags bewußt.
»Wir werden nicht alle schaffen!«
»Aber Stella!«
Als ich ihren Namen aussprach, da war es mit dem Flötenspiel vorbei. Von einem Augenblick zum anderen stoppte es, und Stille trat ein.
Die Ratten hingen noch immer wie Kletten an der Frau, und die acht Kerzen in den beiden Leuchtern brannten flackernd. Meine Wangenmuskeln zuckten, es war nicht einfach, jetzt standen wir vor der großen Entscheidung.
»Los!« sagte Suko.
Er jagte auch als erster vor, ich war einen halben Schritt
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