0228 - Ratten-Tanz
Sicherheit«, erwiderte Zamorra aus der Feme.
»Hm«, machte Maidonnes im Renault. »Wenn er die gerade Fluchtlinie nimmt, wird er schwimmen müssen. In diesem Fall halte ich es für besser, wenn wir ihn am Ufer aufnehmen und um die Bucht herum bis zur Brücke an der Hauptstraße fahren. Dann spart er sich ein Vollbad.«
»Naß werden wir so oder so alle«, brummte Philippe, »sehen Sie die Wolken? Eine halbe Stunde noch, dann geht’s rund.«
»Halt«, sagte Maidonnes. »Mir fällt etwas ein. Wir müssen ja gar nicht ihn aufnehmen. Da gibt es doch noch diese schmale Landstraße, die erst am Bach und hinterher an der Küste entlang führte und quer nach Plouézoch läuft! Die hat doch eine Brücke, vielleicht zweihundert bis fünfhundert Meter von der Fluchtlinie entfernt. Man sieht sie aber vom Ufer aus sehr schlecht, vor allem nachts.«
Nicole sprach wieder in das Gerät. »Chef, hast du mitgehört?«
»Ja«, brummte der Parapsychologe. »Rechts oder links?«
»Links.«
»Einverstanden.«
Philippe trat das Gaspedal weiter durch. »Ich fahre schon mal bis zu unserer Brücke«, kündigte er an. Der kleine Geländewagen brummte unwillig und nahm etwas Fahrt auf.
Vor ihnen in der Dunkelheit tauchte das Lichterpaar eines entgegenkommenden Wagens auf. Es war wie zwei Augen eines gefährlichen Raubtiers, welches rasend schnell näher kam.
***
Die Ratte pfiff den Befehl. Herve, der zuletzt gebissene Polizist und Pierre reagierten. Sie gehorchten und bestiegen wieder den großen Geländwagen. Es war dunkel; die nahenden Wolkenbände schoben sich vor den bleichen Mond. Aber auch dann reichte das Licht noch aus, um die Veränderung erkennen zu lassen, die mit den Dunkelgekleideten vor sich gegangen war.
Die Nacht bewirkte es. Auf ihren Schultern saßen Rattenköpfe.
Herve ließ den Motor an. Der Wagen fuhr los. Über ein Dutzend Ratten kauerte auf der Rückbank. Die Ratten wollten sichergehen, daß der Plan gelang. Nichts überließen sie mehr dem Zufall.
Eine Möglichkeit finden, diesen Zamorra unter Druck zu setzen! Darum ging es. Und die Ratten wußten genau, wo sie zuschlagen mußten. Nichts entging ihnen. Ihre Macht reichte viel weiter, als Zamorra es ahnte.
Claudine in ihrer Grotte hörte den Wagen abfahren. Sie fragte nicht nach der Bedeutung, obgleich Rogier es ihr vielleicht verraten hätte. Rogier bewachte sie immer noch. Er schien keine Müdigkeit zu kennen, und er ließ keine Sekunde lang in seiner Wachsamkeit nach.
Die Dunkelheit bedrückte Claudine. Immer näher rückte das ungewisse Schicksal, das ihr drohte, und von dem sie nicht mehr wußte als die Andeutungen, die Rogier machte.
Wieder sah sie nach draußen. Der Höhleneingang war eine helle Fläche. Noch leuchtete der blasse Mond. Wie ein schwarzer Baumstamm stand Rogier da.
Mit seinem Rattenkopf…
Claudine ahnte jetzt, daß sie nur noch bei Tage menschlich waren, jene Wesen, die mühelos Kugeleinschüsse verkrafteten. Untote! Wiedergänger! Rattenmenschen!
Und ihre Mutter gehörte zu ihnen… auch sie war ein Rattenmensch…
Immer wieder fragte Claudine sich, warum es ausgerechnet sie erwischt hatte. Warum nicht irgend jemanden sonst. Doch dann sagte sie sich wieder, daß es ihr nichts einbrachte, mit dem Schicksal zu hadern. Sie mußte kämpfen. Und doch hatte sie keine Chance gegen die Superkräfte der Rattenmenschen und die finstere Magie der Riesenratten.
Wenn sie nur wüßte, was man von ihr wollte… warum sie noch nicht zu einem Rattenmenschen geworden war…
Die Ungewißheit war das Schlimmste.
Und die dunklen Regenwolken zogen auf.
***
Der andere Wagen war vielleicht noch fünfzig Meter vor dem Polizeifahrzeug, als er die Scheinwerfer grell aufblendete. Philippe stieß eine Verwünschung aus und tippte die Lichthupe an. Aber der andere Fahrer schaltete nicht zurück.
»Ist der denn wahnsinnig?« knurrte Philippe erbost und trat selbst auf die Bremse.
»Vorsicht!« schrie Nicole neben ihm auf. »Der fährt ja direkt auf uns zu!«
Philippe gab wieder Gas und kurbelte heftig am Lenkrad, um dem »Geisterfahrer« auszuweichen. Aber der andere kam mit hoher Geschwindigkeit schneller heran, als Philippe ausweichen konnte. Nicole sah, daß die Scheinwerfer des anderen sehr hoch standen.
»Der Geländewagen der Ratten!« schrie sie auf.
Da war er schon heran, wie ein bösartiges Ungeheuer aus der Dunkelheit. Im Heck krachte es. Der Renault wurde gepackt, herumgerissen und mit dem Heck hochgeschleudert. Krachend und berstend
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