023 - Der grüne Bogenschütze
und sie mußte an einer senkrecht herabhängenden Strickleiter in die Höhe klettern.
»Kommen Sie, ich zeige Ihnen den Weg.«
Sie folgte ihrem Begleiter über das schmutzige Deck. Er öffnete eine Tür und ließ sie in eine Kabine treten, die von einer nackten Birne schlecht erleuchtet wurde. Dann warf er die Tür zu und ließ sie allein. Ängstlich sah sich Valerie um - ihre Befürchtungen wurden zur Gewißheit.
Nach einiger Zeit erklangen draußen Schritte. Die Tür wurde aufgestoßen, ein Mann kam herein, schloß die Tür hinter sich ab und lehnte sich mit dem Rücken dagegen.
»Mr. Smith - Sie! Wo ist Captain Featherstone? Was hat dies alles zu bedeuten?«
»Was das zu bedeuten hat, werden Sie schon noch erfahren. Vorerst bleiben Sie einmal hier und verhalten sich ganz ruhig.«
Valerie schwankte und klammerte sich an den nächsten Stuhl. Krampfhaft versuchte sie, ihre Gedanken zu ordnen.
Es wurde an die Tür geklopft, eine erregte Stimme rief nach Smith. Er ging hinaus, kam aber gleich darauf zurück.
»Kommen Sie mit!« rief er, und als sie nicht gleich gehorchte, brüllte er: »Kommen Sie her!«
Er packte ihren Arm, zerrte sie die Treppe hinauf und lief mit ihr über das Deck. Der Mann, der sich vorher als Sergeant ausgegeben hatte, hob vorn am Bug eine kleine Falltür auf und schlüpfte als erster hinein.
»Machen Sie, daß Sie hineinkommen«, zischte Coldharbour Smith Valerie zu.
Halbtot kletterte sie die Leiter hinunter. Ein scharfer Geruch von rostigem Eisen schlug ihr entgegen. Es war ein ganz enges Gelaß, sie trat auf Ketten, man konnte nicht aufrecht stehen, aber trotzdem folgte Smith nach und zog die Tür über sich zu.
»Ich dachte nicht, daß sie so schnell kommen könnten«, flüsterte er. »Aber der Kapitän ist ja völlig betrunken und hat noch nicht einmal Dampf aufmachen lassen, da werden sie kaum vermuten, daß ihnen ein Streich gespielt wird.«
»Wer hat die Sache verraten?« fragte der andere.
»Wahrscheinlich Barnett - sie werden zuerst im Klub aufgekreuzt sein. Featherstone ist ein verdammt umsichtiger Kerl.«
Der kleine Raum lief nach vorn spitz zu, wo durch zwei ovale Öffnungen die Ankerketten hindurchliefen.
Valerie hörte jetzt deutlich das Geräusch eines näher kommenden Motorbootes. Man spürte das leichte Anstoßen, als es am Dampfer anlegte. Valerie erkannte Jims Stimme und wollte schreien, aber Smith hielt ihr den Mund zu.
»Wenn Sie einen Ton von sich geben, erwürge ich Sie!«
Schritte dröhnten auf dem Deck, dann wurde es still.
»Sie sind nach unten gegangen«, flüsterte der zweite Mann.
Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis Featherstones Leute das Schiff durchsucht hatten und zurückkamen. Man hörte jetzt wieder ihre Stimmen.
»Das ist der Kasten für die Ankerketten - wenn Sie wollen, schaue ich nach.«
»Nicht nötig. Sie sind überhaupt nicht an Bord. Barnett ist bestochen worden, um uns auf eine falsche Fährte zu locken.«
Eine Weile wurde oben noch beraten, dann kletterten die Beamten ins Motorboot zurück. Man hörte, wie es sich langsam entfernte. Das Geräusch wurde immer schwächer.
»Sie sind fort«, sagte Coldharbour aufatmend.
Im gleichen Augenblick brach Valerie ohnmächtig zusammen. Sie brachten sie an Deck und trugen sie schnell in die Kabine.
Niemand bemerkte, wie am hinteren Teil des Dampfers ein kleines Boot anlegte und ein Mann vorsichtig an Deck kletterte. Er war völlig beschmutzt, und sein sonst so tadellos gebürstetes Haar sah wirr und zerzaust aus. An seinen Händen lief Blut hinunter. Es war Julius Savini, der nun vorsichtig der Reling entlangschlich.
40.
»Dafür müssen Sie Strafporto zahlen«, sagte der Postbote zu Fay, die im Morgenrock an die Tür gekommen war, nachdem sein lautes Klopfen sie aufgeweckt hatte.
»Ich nehme keine unfrankierten Briefe an«, sagte sie böse.
»Es ist kein Brief -«, antwortete der Postbote verschmitzt und warf einen Blick auf das abgerissene Stück Papier in seiner Hand.
»Von wem kommt es?«
»Hier unten steht - Julius ...«
Fay riß ihm den Zettel aus der Hand und gab ihm das Geld.
Es dauerte mindestens fünf Minuten, bis sie die Botschaft entziffert hatte. Das Stück Papier stammte offenbar aus einem Notizbuch. Auf der einen Seite stand ihre Adresse. Alles war mit Bleistift hingekritzelt und schwer leserlich.
›Lacy hat Miss H. weggebracht, sah sie im Dorf, sprang auf den Wagen und fuhr mit zum G. Osten. Smith, L. und Miss H. kamen wieder heraus und fuhren im Boot
Weitere Kostenlose Bücher