023 - Der Satan schickt die Höllenbrut
erledigt!
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Larry fühlte
sich viel wohler. Frisch gebadet und neu eingekleidet kehrte er aus dem Hotel
zurück. Er trug einen dunkelgrauen, maßgeschneiderten Anzug.
Einen dunklen
Anzug, dunkle Kleidung – unwillkürlich mußte er für den Bruchteil eines
Augenblicks an die Worte der alten Esmeralda, der blinden Wahrsagerin, denken.
Sie hatte seinen Tod in dunkler Kleidung prophezeit. War er in Gefahr? Wenn er
es genau bedachte, lebte er ständig in Gefahr, und von dieser Warte aus gesehen
hatte die Greisin schon recht.
Daß er einen
dunklen Anzug trug, war Zufall. Der hellbeige war verschmutzt, den hellgrauen
hatte er nicht anziehen wollen.
Larry hielt
die Begegnung mit Esmeralda für eine Episode, für eine interessante Darbietung,
die dem heutigen an sich schon abwechslungsreichen Tag eine recht farbige Note
gegeben hatte.
Tausend
Mörder sollten auf ihn warten, eine recht beachtliche Anzahl.
Larry stieg
in den Bentley, startete und fuhr los. Die Straßen waren belebt. Das Nachtleben
begann. An einer Kreuzung zweigte Larry ab und fuhr Richtung Botschaft.
Er jagte die
Fliege davon, die über sein Gesicht kroch. Langsam kurbelte er das
durchschossene Seitenfenster vollends herunter. Zwei, drei Fliegen summten
plötzlich vor seinem Gesicht, setzten sich auf seine Revers und Ärmel. Larry
wollte sie aus dem Wageninneren vertreiben, aber sie hafteten auf dem Stoff
seines Jacketts, als hätte man sie dort angeklebt.
Larrys Stirn
legte sich in unwillige Falten. Er beobachtete die stoischen Fliegen. Sie waren
erregt und krabbelten auf seinem Jackett herum, als suchten sie etwas.
Kopfschüttelnd
fuhr Larry weiter. Captain Henderson hatte recht mit der Fliegenplage hier in
Hongkong.
Es waren
plötzlich zehn und mehr, die ihn umkreisten, die sich auf ihn setzten, als
hätte man ihn mit Zuckerwasser übergossen.
Und plötzlich
wurde ihm die ganze Sache ein wenig unheimlich. Er dachte an die Berichte, in
denen die Rede von den zahlreichen toten Fliegen gewesen war, die man bei den
grausig zugerichteten Körpern fand, er erinnerte sich an das Bild im Hinterhof,
an die Schwärme von Fliegen an den Wänden – und dann waren da plötzlich wieder
Su Hangs Worte, die in seinem Bewußtsein wie ein Echo aufklangen: »Professor
Wang hat sich mit dem Leben der Fliegen beschäftigt. Er muß auf eines der
großen Geheimnisse der Natur gestoßen sein. Genaues weiß man nicht, aber man
sagt, daß die Fliegen, die seinen Versuchen entstammen, über einen gefährlichen
Instinkt verfügen.«
Es knirschte
neben dem Armaturenbrett. Larrys Blick schweifte ab. Er sah, wie der Deckel des
Handschuhfachs herabklappte. Er war nicht ganz eingerastet gewesen. Ein Knäuel
dunkler, wimmelnder Körper fiel aus dem Fach, löste sich auf und schwirrte
aufgeregt summend auf ihn zu.
Larry Brents
Herzschlag stockte.
Hunderte von
Fliegen bedeckten seinen Oberkörper, seinen Kopf, seine Hände. Er konnte sie
nicht abschütteln. Wie Kletten hingen sie an ihm. Und es ging alles so unfaßbar
schnell.
Es brummte
und summte in seinem Bentley wie in einem Bienenhaus. Die Fliegen waren
aufgepeitscht, rasend, ihre Flügel zitterten.
Larry schlug
um sich. Er wich mit knapper Mühe einem Lastwagen aus, der plötzlich aus einer
Seitenstraße auf ihn zuschoß. Larry sah nicht mehr richtig. Die unheimlichen
Fliegen bedeckten sein Gesicht, seine Augen, engten sein Blickfeld ein. Für
einen Augenblick glaubte er im Rückspiegel den roten 2 CV von Su Hang
wahrzunehmen, doch als er nochmals genauer hinsah, war die Straße hinter ihm
leer. Er hatte sich offenbar getäuscht.
Larry wischte
die Plagegeister vom Gesicht und schüttelte sie hinaus ins Freie. Doch es
wurden immer mehr. Eine Wolke von diesen kleinen Ungeheuern hing im Bentley,
und sie kamen jetzt sogar von draußen, irgendein geheimnisvoller Stoff schien
sie anzulocken.
Larry hatte
das Gefühl, als sei bereits eine Ewigkeit vergangen, aber das ungeheuerliche,
schaurige Spiel dauerte noch keine zwei Minuten.
Die
Prophezeiung der Zigeunerin!, durchzuckte es ihn. Esmeralda hatte ihn zur
Vorsicht gemahnt.
»Der dunkle
Anzug… es ist etwas Dunkles… und es sind viele, viele Mörder, hundert, tausend…
viele tausend.« Es war ihm, als höre er plötzlich die brüchige, alte Stimme
neben sich.
Er konnte
sich nicht wehren, es gab kein Entrinnen mehr für ihn.
Larry fühlte
Stiche auf dem Handgelenk und sah die feinen Blutfäden, die über seine Finger
liefen.
Sie
knabberten ihn an, es war,
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