023 - Die Vampir-Klinik
Charltons Wagen. Er kam nach Hause. Es zuckte in Melusines Gesicht. Die Überraschung würde ihr gelingen.
Sie war geflohen, und Charlton konnte unmöglich annehmen, daß sie sich noch einmal nach Hause wagte. Er würde aus allen Wolken fallen, wenn sie sich ihm präsentierte, und er würde so starr vor Entsetzen sein, daß sie keine Mühe haben würde, ihn zu töten.
Rasch verschwand die Vampirin im Haus. Im Wohnzimmer, hinter dem klobigen Mahagonischrank, legte sie sich auf die Lauer.
Nach wie vor tobte ein eiskalter Schmerz in ihrer Brust.
Sie erhoffte sich Linderung. Der rote Lebenssaft ihres Mannes würde sie auch wieder kräftigen. Trotz der Schmerzen lachte Melusine leise.
»Ich mache dich zu meinem Komplizen, Charlton!« flüsterte sie.
Er fuhr den Wagen in die Garage. Sie hörte, wie er das Tor nach unten zog und wie es einrastete. Dann vernahm sie Charltons Schritte, die sich der Haustür näherten.
Und gleich darauf trat er ein. Ahnungslos! Der Tod befand sich ganz in seiner Nähe, doch er wußte es nicht. Obwohl er während des ganzen Tages immer wieder zur Flasche gegriffen hatte, spürte er die Wirkung des Alkohols nicht.
Er hatte auch bei McCleary einen Scotch getrunken, und ihm war nun wieder nach einem Drink. Er hatte das Gefühl, seine Nerven wären nasse Papierschnüre, die jeden Augenblick reißen konnten.
Scheußlich war ihm zumute. Vielleicht auch deshalb, weil er nun andere die Arbeit tun ließ. Aber er hatte bereits einmal versagt und wollte nicht, daß es noch einmal dazu kam.
Was konnte er wirklich schon tun? Wenn die Männer Melusine stellten, verpatzte er womöglich noch alles. Außerdem würde es wirklich kein schöner Anblick sein, wenn es der Vampirin ans schwarze Leben ging.
Nein, McCleary hatte recht. Es war in der Tat besser, wenn er, Dodd, daheimblieb und wartete, bis alles vorbei war. Dodd hoffte, daß man ihn nicht zu lange auf die Folter spannen würde, denn die Widerstandsfähigkeit seiner Nerven war bereits lächerlich gering geworden.
Deshalb führte ihn auch sein erster Weg zur Hausbar. Er goß sich einen dreistöckigen Scotch ein. Als er trinken wollte, gewahrte er hinter sich eine Bewegung, die ihn jäh herumfahren ließ.
Der Scotch schwappte aus dem Glas und klatschte auf den Boden, während Dodd mit schreckgeweiteten Augen verdattert seine Frau anstarrte. Melusine, die Vampirin, war zurückgekehrt!
»Melusine!« hauchte er mit bebenden Lippen.
Mein Gott, schoß es ihm durch den Kopf. Während wir sie draußen suchten, war sie hier drinnen versteckt. Sie scheint gleich nach meiner Abfahrt in unser Haus zurückgekehrt zu sein.
Nein! protestierte eine Stimme in ihm. Nicht unser Haus. Es gehört ihr nicht mehr. Sie ist nicht mehr meine Frau. Ich bin nicht mit dieser Bestie verheiratet.
Reglos stand sie da, und ihm fiel auf, daß sie keinen Schatten warf. Natürlich nicht. Vampire haben keinen Schatten und kein Spiegelbild. Deutlich war das Loch in ihrer Brust zu sehen.
Sie hatte die Kraft besessen, sich den Eichenpfahl herauszureißen, doch nun schien sie unter dieser Verletzung zu leiden. Haßerfüllt war ihr Blick, in dem etwas Zwingendes lag.
»Warum gab Gott mir nicht die Kraft, es ordentlich zu tun?«
keuchte Dodd.
»Ich bin zurückgekehrt, um dich für diese Tat zu bestrafen!« sagte Melusine rauh.
Sie setzte sich langsam in Bewegung. Dodd brach der Schweiß aus allen Poren. Melusine ging nicht so leichtfüßig wie sonst. Sie wirkte krank. Das mußte von der Verletzung herrühren.
»In jener Nacht, als du die Panne mit dem Wagen hattest…«, begann Dodd.
»In jener Nacht begegnete ich Torack.«
»Er ist nun dein Meister.«
»Ja, und er wird auch dein Meister werden, sobald ich dich getö- tet habe.«
»Wo ist Torack?«
»Du wirst ihn sehen. Bald schon.«
Melusines Lippen öffneten sich, und Dodd sah die gefährlichen Vampirhauer, die ihm zum Verhängnis werden sollten. Zwei Schritt war die Vampirin nur noch von ihm entfernt.
Da rissen Dodds Nerven. Er brüllte auf und warf sich dem weiblichen Blutsauger entgegen. Melusine wollte ihn packen. Sein Faustschlag stieß sie zurück.
Sie fauchte wütend und griff ihn an. Ihre langen Fingernägel schrammten über seinen Handrücken und rissen die Haut auf. Er spürte ein heißes Brennen, und Blut trat aus den Wunden.
Als Melusine das Blut sah, übermannte die Gier sie. Dodd wollte aus dem Raum fliehen, doch die Vampirin versetzte ihm einen Schlag, der ihm das Gleichgewicht raubte.
Er fiel gegen
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