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023 - Reise ohne Wiederkehr

023 - Reise ohne Wiederkehr

Titel: 023 - Reise ohne Wiederkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
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abzuwarten, dass Matt sich seinerseits vorstellte. Dabei kniff er das rechte Auge ein Stückchen zu, das offenbar ein wenig kurzsichtig war.
    Er musterte Matts ungewöhnliche Kleidung, war aber offenbar zu gut erzogen, um sich nach ihrer Herkunft zu erkundigen. »Ich bin ein Freund alter Gesänge, werter Herr, und Ihr seid es zweifellos auch, wie ich an Eurem herzlichen Applaus bemerkt habe. Darf ich Euch bitten, mir Euren werten Namen zu nennen?«
    In der Tat, der Bursche redete gern und viel…
    »Ich heiße Matt.«
    »Matt?« Cosimus spitzte die Lippen. »Wie ich aus dem Studium der Folianten weiß, die sich seit zwanzig Generationen im Besitz unserer weitgereisten Familie befinden, ist dies nicht nur ein sehr alter Name, sondern auch eine Abkürzung für Matthew.«
    »Tatsächlich!«, sagte Matt verdutzt und musterte das hagere Unikum genauer. Studium der Folianten?
    »Mein Oheim«, fuhr Cosimus rasch fort, als hätte er panische Angst davor, sein Gegenüber könne seinen Redefluss unterbrechen, »zählt zu den wenigen Menschen in Plymeth, die sich glücklich schätzen, einige sogenannte Bücher zu besitzen, werter Matthew.« Er maß Matt mit einem durchdringenden Blick. »Ihr wisst doch, was Bücher sind?«
    Matt nickte rasch. Etwas zu sagen hätte ohnehin nicht viel gebracht.
    »Dann könnt Ihr gewiss auch lesen?«
    »O ja«, sagte Matt. »Ich kann durchaus le…«
    »Ich habe es Euch gleich angesehen.«
    Cosimus deutete mit der freien Hand auf Matts Augen. »Das heißt, ich habe es Euren Augen angesehen. An den Augen erkennt der Gelehrte nämlich die Intelligenz eines Menschen, nicht an seinen Worten.« Er holte tief Luft. »In unserer Familie wird die Kunst des Lesens seit jeher gepflegt, deswegen bin auch ich ihr mächtig.« Er deutete mit einem knöchernen Zeigefinger auf seinen nicht vorhandenen Bauch. »Um der Wahrheit die Ehre zu geben…« Er beugte sich vor und seine Stimme wurde zu einem Flüstern. »Um der Wahrheit die Ehre zu geben… Ich nehme aufgrund meiner Studien im Auftrag meines Oheims an dieser Expedition teil, um Kapitaan Colomb hinsichtlich der örtlichen Gegebenheiten des Kontinents Amerika zu beraten.«
    »Amerika?«, echote Matt ehrlich verblüfft.
    »Ich dachte, man nennt es…«
    »O doch!«, unterbrach ihn Cosimus. »Es heißt tatsächlich Amerika und setzt sich aus zwei Teilen zusammen: Aus Amraka im Süden und Meeraka im Norden!« Er packte Matts Ärmel und zog ihn ein Stück mit sich fort, als müsse er ihm ein Geheimnis allergrößten Ausmaßes anvertrauen.
    »Ihr müsst nämlich wissen, mein lieber Matthew, dass ich aus den Folianten meiner Familie allerlei über diesen Kontinent erfahren habe.« Er schaute sich um und seine Stimme wurde noch leiser. »Kapitaan Colomb ist nämlich mitnichten der erste Mensch, der sie bereisen will.«
    »Tatsächlich?«, fragte Matt. Er fragte sich, ob Cosimus etwas über Christoph Columbus wusste.
    »Vor vielen, vielen Generationen hat schon einmal ein Mensch gelebt, der auf Meeraka war. Und er hat alles, was er dort erlebt hat, in mehreren Folianten niedergeschrieben. Sein Name war… Old Shatterhand.«
    Matt stierte Cosimus an, als sei auf dessen Stirn plötzlich ein Horn gewachsen.
    »Wirklich?«
    Cosimus nickte bedeutsam und schaute sich argwöhnisch um. »Unsere Familie besitzt drei Bücher seines Biographen Karl May.«
    »Ich sehe schon«, sagte Matt beeindruckt und bemüht, ein Grinsen zu unterdrücken, »dass Ihr etwas auf dem Kasten habt, mein lieber Cosimus.«
    »Auf dem Kasten?« Auf Cosimus' Stirn bildete sich eine steile Falte.
    »Eine Redensart meines Volkes«, sagte Matt schnell. »Es bedeutet, Ihr seid mit großer Intelligenz gesegnet.«
    »Das will ich meinen.« Cosimus nickte und zupfte an seiner Nase. »Mein Oheim ist allerdings der Meinung, ich sei zu gelehrt und zu wenig welterfahren. Deshalb soll ich mir den Wind um die Nase wehen lassen und zum Manne reifen, bevor ich nach Britana heimkehre, um meine Base Elkie zu freien.« Er zog die Nase hoch.
    »Ein weiser Entschluss Eures Oheims«, sagte Matt. Einem wohlhabenden, aber vermutlich biederen Pfeffersack musste ein Bücherwurm wie Cosimus vielleicht nicht als idealer Gatte für sein Töchterlein erscheinen.
    »Ich wette, Ihr werdet ihm Ehre machen und Eurer Base ein guter Gatte sein.«
    »Ich danke Euch, mein lieber Matthew«, sagte Cosimus und warf sich in die Hühnerbrust. »Offen gesagt, Ihr gefallt mir sehr. Ihr seid mir schon nach wenigen Minuten zu einem Freund

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