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023 - Reise ohne Wiederkehr

023 - Reise ohne Wiederkehr

Titel: 023 - Reise ohne Wiederkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
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nur an einem Kerl rächen wollte, dessen rohes Gelächter ihn gedemütigt hatte. Vielleicht war es besser, wenn er Cleggs Namen verschwieg und Jochim ein paar Hinweise gab, die ihn selbst auf dessen Spur brachten. So glaubte er möglicherweise, er hätte die Verschwörung allein aufgedeckt.
    »Nachdem Lytnant Tuman mir den Befehl erteilt hatte, ein Fässchen Wein für den Kapitaan zu holen«, begann Matt, »ging ich in den Laderaum…« Er holte tief Luft und schilderte sein Erlebnis in episch breiten Sätzen, um einen ordentlichen Spannungsbogen aufzubauen. Als er bemerkte, dass Jochims Interesse mit jeder Sekunde anstieg, erwähnte er Delleray, das Schiff namens Krahac und beschrieb die Gestalten im Nebenraum, ohne Cleggs Namen zu erwähnen. Am Ende erläuterte er, warum er sich in Yulis Kabine geflüchtet hatte und schloss mit der Vermutung, dass die Saboteure den Auftrag hatten, die Santanna irgendwie lahmzulegen.
    Der Steuermann lauschte seinen Worten mit ungläubigen Blicken. Schließlich kratzte er sich die Glatze und sagte: »Dann hatte ich mich also doch nicht getäuscht! Ich habe nämlich ebenfalls Stimmen gehört. Doch als ich im Laderaum ankam, war dort niemand mehr…« Matt nickte. Es machte den Anschein, als würde Jochim ihm glauben.
    »Hast du die beiden Kerle erkannt?«, fragte Jochim.
    »Nicht… direkt«, erwiderte Matt ausweichend.
    »Was soll das heißen?«, fragte Jochim. Seine hellblauen Augen funkelten im trüben Licht, das durch das Bullauge fiel.
    »Den einen habe ich gar nicht gesehen, sondern nur gehört. Aber ich habe seine Stimme nicht erkannt. Und was den anderen angeht…« Matt zuckte die Achseln. »… bin mir nicht ganz sicher. Ich möchte keinen Unschuldigen belasten.«
    »Heraus damit!«, fauchte Jochim und beugte sich vor, sodass Matt seine Weinfahne roch. »Hast du ihn nun gesehen oder nicht?«
    »Nur ganz kurz, Lytnant. Er hatte rötliches Haar und sprach britanischen Dialekt.«
    Das traf nahezu auf die halbe Mannschaft der Santanna zu. In dieser Hinsicht hatte sich auf den britischen Inseln auch nach fünfhundertvier Jahren nichts geändert.
    »Allerdings hat er ein paar Mal kräftig gehustet«, fuhr Matt fort, denn Clegg, dies wusste jeder an Bord, hustete alle naselang, weil er ständig Kiffetten rauchte.
    »Hm, das klingt nach Bootsmann Clegg«, sagte Jochim dann auch und nahm Matt genau in Augenschein.
    »Könnte es sein, dass er derjenige gewesen ist?«
    »Ich kann es nicht mit Sicherheit sagen, Lytnant«, druckste Matt herum. »Aber wenn du es sagst…« Geschafft!
    Jochim stand er auf, ging in der Kabine auf und ab, bückte sich nach seiner Flasche und setzte sie an die Lippen.
    Er trank einige Schlucke und rülpste. »Ein schwieriger Fall. Wirklich, ein schwieriger Fall.« Er nahm seinen Marsch wieder auf. »Wir haben keine eindeutigen Beweise… oder?« Er schaute Matt an.
    Der schüttelte den Kopf und zog die Achseln hoch.
    »Dann können wir auch nicht zur Tat schreiten und den Hundsfott dingfest machen«, sagte Jochim. »Bootsmann Clegg ist ein wichtiger Mann.« Er zupfte an seinem ringbehangenen Ohrläppchen. »Ich werde dem Kapitaan Bericht erstatten. Dann werden wir Clegg beobachten.« Er blieb vor Matt stehen.
    »Du gehst in den Laderaum zurück und führst den Befehl aus, den Lytnant Tuman dir gegeben hat. Ich gehe sofort zum Kapitaan und informiere ihn.«
    Matt stand auf, erleichtert darüber, dass Jochim die fünfzig Peitschenhiebe vergessen zu haben schien. Doch als er die Tür öffnen wollte, hielt ihn den Steuermann zurück. Matt durchlebte eine Schrecksekunde umsonst, wie sich herausstellte: »Noch etwas! Du sprichst kein Wort über deine Beobachtung zu niemandem an Bord! Verstanden?« Er kniff ein Auge zu. »Du könntest nämlich an einen Falschen geraten, zum Beispiel an Cleggs Komplizen, den du nicht erkannt hast. Und dann sind die Halunken gewarnt.«
    »Aye, Lytnant«, sagte Matt. Der Befehl hatte Hand und Fuß sollte tatsächlich doch etwas wie ein funktionierender Verstand im Schädel des Deutschen hausen? Zugleich fragte sich Matt, ob Clegg und sein Komplize die Einzigen waren, die die Santanna sabotieren wollten.
    Fünfzehn Mann auf des toten Mannes Kiste… sang Matt stumm vor sich hin. Yo ho ho, und 'ne Buddel voll Rum!
    Ein Anflug von Sarkasmus, denn eigentlich war ihm nicht nach Singen zumute. Es war eine mörderisch kalte Nacht.
    Vor dem silbernen Vollmond, der am Himmel stand, fegten Wolkenfetzen dahin. Im blassen Schein des irdischen

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