0231 - Meer der weißen Särge
Freiheit wichtig. Und nur das zählte.
Auf den Beinen blieb sie nicht. Franca stürmte in das Zimmer hinein, torkelte, wollte sich noch fangen, aber sie rutschte aus, fiel auf kalten, harten Boden, überschlug sich dabei und riß noch einen Gegenstand mit um, der verdächtig klirrte, als er zu Boden knallte.
Hinter ihr krachte es. Der Riesenvampir versuchte mit aller Gewalt, durch die Tür zu kommen. Sie war jedoch zu schmal, auch wenn er sich drehte schaffte er es nicht.
Noch nicht!
Als Franca einen Blick zurückwarf, da sah sie sehr wohl, daß es ihm irgendwann gelingen würde, er brauchte sich nur oft genug einzusetzen, und sie bekam wieder Angst.
Nur weg!
Abermals rappelte sie sich auf. Wo es ihr überall wehtat, das spürte sie überhaupt nicht. Ihr gesamter Körper schien die Schmerzwellen auszustrahlen. Da sich innerhalb des Raums kein Licht befand und sich nur das zerstörte Fenster als helleres Rechteck abhob, mußte sich das Mädchen quasi vortasten, um zu seinem Ziel zu gelangen.
Es führte zum Glück eine Tür in irgendeinen anderen Raum oder einen Flur, und Franca betete, daß die Tür in diesem alten, verfallenen Haus nicht verschlossen war.
Mit Todesverachtung stürzte sie darauf zu, fand eine schwere Klinke, drückte nach unten und torkelte in einen Gang, in dem nicht nur allerlei Gerümpel lag, sondern sich auch Menschen aufhielten, die sich durch den Krach gestört fühlten.
Plötzlich hörte Franca das harte Lachen. Ein Licht blitzte, traf ihr Gesicht, und sie sah einen gewaltigen Schatten mit den Umrissen einer vergrößerten Hand, die nach ihr griff.
Feuchte Finger glitten durch ihr Gesicht, jemand faßte nach ihren Oberschenkeln, dann wieder das Lachen, in das hinein sich Francas Schreie mischten.
Sie wollte nicht. Sie schlug um sich, trat, biß, hörte Schreie und merkte, wie ihre Handrücken in feiste, oft bärtige Gesichter klatschten.
Franca war in einer Pennerbude gelandet. Die Kerle sahen sie als ein willkommenes Geschenk an, doch nicht mit Franca. Sie kämpfte sich weiter vor und kam frei.
Es gelang ihr sogar, die Hand mit der Lampe zur Seite zu schlagen. Der dazugehörige Arm dröhnte gegen die Wand, und mit einem gezielten Kniestoß genau ins Zentrum schaffte sich Franca auch den Mann aus dem Weg.
Sie fiel gegen eine Mauer, tastete sich weiter, spürte, daß ihre Hand ins Leere griff, und drehte ihren Körper um die Ecke. Dann rannte sie los bis zu einer Steintreppe, die sie zum Glück im letzten Augenblick sah.
Trotzdem konnte sie nicht rechtzeitig genug stoppen. Sie warf sich nach rechts, fiel gegen das alte Holzgeländer, das lederte und den Schwung zurückgab.
Dann stolperte Franca die Treppe hinunter, während sie die aufgeschreckten Stimmen der Penner hinter sich hörte.
Die Männer ließen sie laufen.
Und Franca rannte. Planlos sah dies aus. Sie stolperte, raffte sich hoch, rannte weiter, fiel gegen eine Tür, und es vergingen Sekunden, bis sie festgestellt hatte, daß sie die Tür auch öffnen konnte.
Das Mädchen taumelte nach draußen.
Kühl kam ihr die Luft vor, die ihr Gesicht fächerte. Das Haus lag nur mit seiner Rückseite an einem Kanal. Zur Front hin verlief eine normale Straße, allerdings kaum breiter als der letzte Kanal, doch sie konnte trockenen Fußes weiterrennen.
Das Mädchen hetzte über das holprige Pflaster. Sie dachte an das Grauen, das hinter ihr lag, und Franca beschleunigte ihre Schritte, wobei sie nicht einmal wußte, wo sie jetzt noch die Kraft zu diesem Verzweiflungsakt hernahm.
Dann eine Brücke!
Schattenhaft tauchte sie vor ihr auf. Rechts und links des Geländers standen steinerne Figuren, tagsüber bei Licht und Sonnenschein vielleicht kulturhistorisch bedeutsam und auch herrlich anzusehen.
In der Nacht wurden die Figuren für Franca zu regelrechten Monstren.
Waren es Schatten, die sich bewegten, waren es wirkliche Monster? Franca wußte es nicht. Sie rannte einfach weiter, hatte das Gefühl, die Figuren würden das Doppelte ihrer Größe annehmen und…
Ihre ganze Angst entlud sich in einem gellenden, verzweifelten Schrei, der auch nicht endete, als sie ins Leere trat und über die Abgrenzung hinweg neben der Brücke in einen Kanal stürzte…
***
Ein weißer Sarg!
Da hatte sich keiner von uns getäuscht. Wir waren von einem schwimmenden weißen Sarg gerammt worden. Er schaukelte so harmlos auf den Wellen, doch aus lauter Spaß warf niemand einen Sarg in den Kanal, dahinter mußte ein Motiv stecken.
Ich hatte mich aus
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