0232 - Sieben Siegel der Magie
überraschen sein.
Überhaupt ein Wahnsinn, sich mitten in Mayfair und einer bewohnten Gegend mit Wölfen herumzuschlagen. Das glaubte kein Mensch.
Sukos Blicke waren nach vorn gerichtet, wo seine Gegner zwischen den angepflanzten Gebüschen lauern mussten. Der Inspektor wusste, dass nicht weit entfernt von ihm ein Rosenstrauch stehen musste. Er war hochgewachsen und hatte seine Zweige kelchförmig ausgebreitet.
Leider trug er noch seine Blätter, so dass sich hinter ihm jemand ausgezeichnet verbergen konnte.
Es war gut, dass Suko eben diesen Strauch besonders im Auge behielt.
Sonst hätte er die Bewegungen der Blätter vielleicht nicht bemerkt und auch nicht das gelbe Augenpaar, das plötzlich wie zwei helle Schlitze zwischen ihnen leuchtete.
Die Augen bewegten sich nicht.
Suko hob seinen rechten Arm. Er zielte genau, über Kimme und Korn.
Seine Lippen bildeten einen Strich, er wollte mit dem ersten Schuss treffen. Im nächsten Augenblick überwand er den Druckpunkt.
Ein fahles Leuchten vor der Mündung. Dann der etwas helle, peitschende Klang der Waffe. Eine tödliche Musik für den Werwolf, dessen Augenpaar in Bewegung geriet, hin- und herzuckte und dann nicht mehr zu sehen war.
Dafür peitschten die Zweige des Rosenstrauchs, sie wurden gebogen, knickten ab, ein heulender Schrei hallte durch die Stille, der in ein hohes Wimmern überging. Suko hatte getroffen.
Tief holte er Luft.
Jetzt musste auch Bewegung in die anderen Bestien kommen, sie würden sicherlich nicht auf ihren Plätzen bleiben, die Stellungen wechseln, und Suko war darauf gefasst, sofort zu feuern.
Da geschah etwas anderes.
Eine kalte Frauenstimme klang auf. Hinter Suko, wo sich auch das beleuchtete Fenster befand. Und jedes einzelne Wort war für den Inspektor wie ein Stich ins Herz.
»Wenn du noch einmal schießt, ist sie tot, Chinese! Dreh dich um, damit du siehst, dass ich nicht bluffe!«
Suko rieselte es kalt über den Rücken. Sein Verdacht, den er eigentlich nicht hatte wahrhaben wollen, bestätigte sich nun. Im Haus lauerte noch eine Bestie. Und das war ausgerechnet Lupina!
Die Königin der Wölfe hatte sich die beste Position ausgesucht. Sie wartete dort, wo sie niemand vermutete, und während Suko sich vorsichtig in die Höhe schraubte, sich dabei noch umdrehte, spreizte er sicherheitshalber die Arme vom Körper ab.
Er sah sie am Fenster. Lupina und Lady Sarah.
Sie standen dicht nebeneinander. Lupina hielt keine sichtbare Waffe, aber ihre gefährlichen Pranken waren Waffen genug. Damit konnte sie einem Menschen mit einem Schlag die Kehle auffetzen, und ihre beiden Pranken befanden sich sehr dicht am Hals der Horror-Oma.
Sie selbst wirkte wie versteinert. Kein Muskel zuckte in ihrem Gesicht. Sie stand nur da und starrte auf den Chinesen, wobei Suko nicht einmal wusste, ob sie ihn überhaupt wahrnahm. Für sie schien das Geschehen ein Alptraum zu sein.
Suko nickte. »Okay«, sagte er, »du hast gewonnen, Lupina.«
»Das will ich meinen.«
In Sukos Kopf überschlugen sich die Gedanken. Er hatte zuerst an eine Täuschung oder Falle geglaubt und nie damit gerechnet, dass Lupina tatsächlich noch lebte. Ihr Anblick bewies ihm das Gegenteil. Die Königin der Wölfe existierte nach wie vor. Sie war auch keine Täuschung, sondern eine verdammte Realität.
Ihr Lachen klang zischend, als sie sagte: »Und jetzt wirf die Waffe weg! Danach kommst du ins Haus.«
»Okay.« Der Inspektor sah ein, dass er die wesentlich schlechteren Karten in den Händen hielt, er musste sich den Befehlen der Werwölfin fügen, sonst war die Horror-Oma verloren.
Die Beretta warf er in Richtung Fenster. Und zwar so, dass Lupina es sehen konnte.
»Gut!« lobte sie ihn, »sehr gut. Nur hast du noch etwas vergessen, mein Lieber. Die Dämonenpeitsche.«
Dass sie daran gedacht hatte, bewies dem Chinesen ihre Schläue. Er atmete tief ein, ließ sich seine herbe Enttäuschung nicht anmerken, holte die Dämonenpeitsche hervor und schleuderte sie dorthin, wo bereits die Beretta lag.
Lupina war zufrieden. Daran zu merken, dass sie ein dumpfes und heiser klingendes Knurren ausstieß. Dann gab sie den nächsten Befehl.
»Komm langsam zu mir.«
Auch das tat Suko. Er schritt auf die Hauswand zu, und stoppte erst, als er dicht unter dem Fenster stand.
Jetzt konnte er die Horror-Oma besser sehen. Sie hielt sich erstaunlich tapfer, obwohl in ihren Augen die Angst um ihr Leben schimmerte.
Aber sie schrie und weinte nicht, ihr Blick war einzig und allein auf
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