0232 - Sieben Siegel der Magie
ging kurz und heftig.
»Nicht rausgehen!« warnte ich, als ich sah, dass sie die Tür fast erreicht hatte. »Schlagen Sie einen Bogen und kommen Sie vorsichtig zum Fenster.« Ich musste Mrs. Goldwyn so dirigieren, ansonsten hätte Lupina eine Chance gehabt, sie zu packen.
Die Horror-Oma nickte. Sie hielt sich prächtig an meine Anweisungen, schlug auch den Bogen und hatte die Hälfte der Strecke schon gut hinter sich gebracht, als sich Lupina zum erstenmal meldete und mich dabei ansprach.
»Glaubst du wirklich, dass du gewonnen hast, Geisterjäger?«
»Ja, das glaube ich. Dir wird es nicht mehr gelingen, das Buch in die Hände zu bekommen.«
»Da wäre ich nicht so sicher.«
»Was sollte mich abhalten, es an mich zu nehmen? Du etwa, Lupina? Nein, auf keinen Fall. Dein Spiel ist beendet, es war gut eingefädelt, das gebe ich zu, aber eben nicht gut genug.«
»Und dein Freund?«
»Du meinst Suko?«
»Ja.« Sie lächelte plötzlich, und in mir stieg so etwas wie Angst hoch.
»Was ist mit ihm?« fragte ich scharf.
»Vielleicht lebt er noch, vielleicht auch nicht. Ich habe meinen drei Freunden den Chinesen zum Geschenk gemacht. Sie werden ihn zerfetzen, Sinclair!«
Das hatte ich nicht mitbekommen, wusste allerdings, dass Suko hier gewesen war, denn ich hatte seine Maschine nicht weit von meinem Bentley parken sehen.
»Stimmt das, Lady Sarah?«
»Ja, ja…«, flüsterte sie. »Diese Bestien haben Suko bewusstlos geschlagen und ihn dann weggeschafft. John, mein Junge, es ist so grauenhaft. Wir sitzen in der Klemme.«
Das saßen wir tatsächlich, und ich fragte mich, was ich nun machen sollte. Ich musste mich zwischen Suko und dem Buch entscheiden. Was war wichtiger?
Es war eigentlich keine Frage. Suko, denn er war ein Mensch. So wertvoll das Buch auch für mich sein mochte, mein Freund und Kollege ging immer vor.
»Wo ist er?«
Da lachte Lupina. »Ich habe ihn mit meinen Freunden hinausgehen lassen. Wenn du genau hinhörst, wirst du vielleicht seine Stimme vernehmen, falls er noch reden kann.«
Mich überschwemmte eine Woge der Wut. Für Sekunden sah ich wirklich rot, und Lupina schien zu merken, was in mir vorging, denn sie knurrte rauh und abgehackt. Wie sollte ich mich entscheiden?
»Na, Geisterjäger?« höhnte sie. »Das Buch oder dein Freund Suko?«
Da griff Sarah Goldwyn an. Sie sprang wirklich über ihren eigenen Schatten. »Ich nehme das Buch an mich!« rief sie und bewegte sich bereits auf den Tisch zu.
»Vorsicht!« warnte ich, denn ich hatte gesehen, dass Lupina zusammenzuckte.
Die Horror-Oma stoppte tatsächlich. Ich hatte eingesehen, dass sie mir die einzige Möglichkeit eröffnet hatte und musste die Gelegenheit beim Schopf packen.
»Zurück, Lupina! Geh zurück, verdammt!«
Ihr Fell sträubte sich. Das Gesicht wurde zu einer Grimasse. Sie bewegte den Mund, knurrte und focht einen innerlichen Kampf aus. Sie wusste genau, dass sie Boden verlor, wenn sie sich jetzt zur Seite und damit weiter von dem Buch entfernt aufstellte.
»Ich schieße dir eine Kugel durch den Schädel!« zischte ich in ihr plötzliches Lachen hinein.
»Ja, ich gehe!« schrie sie. »Du sollst deinen Willen haben, Geisterjäger!«
Verflixt, ich hätte längst schießen sollen. Aber ich dachte im Unterbewusstsein an die Szene, als Lady X ihr eine Garbe in den Rücken geschossen hatte. Lupina hatte überlebt. Nur deshalb zögerte ich.
Lady Sarah bewegte sich ebenfalls. Starr schaute sie die Königin der Wölfe an. Die Situation stand auf des Messers Schneide. Wer hatte die besseren Nerven?
Ich vibrierte innerlich. Der Schweiß war mir aus sämtlichen Poren gebrochen, keine Sekunde durfte ich unaufmerksam sein, und dennoch hatte ich etwas ungemein Schweres vor mir. Ich musste durch das Fenster in das Zimmer klettern, wobei ich die Wölfin keine Sekunde lang aus den Augen lassen durfte.
Lady Sarah befand sich im rechten Winkel zum Fenster. Noch hatte sie den kleinen Tisch nicht erreicht. Nur zwei Schritte, dann stand sie neben ihm. Sie schaffte es.
»Und jetzt das Buch!« flüsterte ich scharf.
Die Horror-Oma nahm es an sich. Als sie es in den Händen hatte, durchlief ein Zittern ihre Gestalt. Die Nervenspannung löste sich, es konnte auch sein, dass sie so etwas wie Schmerzen verspürte, das wusste ich nicht zu sagen.
»Gut«, lobte ich sie. »Ausgezeichnet. Und jetzt gehen Sie zur Seite. Aber vorsichtig…«
»Behalte die Nerven, mein Junge«, sagte sie.
Lady Sarah war unbezahlbar. Ein Bein hatte ich schon
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