0232 - Sieben Siegel der Magie
zusammenbrach und ihre ursprüngliche Form verlor.
Der Boden war weich, so landete Lady Sarah, ohne sich irgend etwas zu verstauchen oder gar zu brechen.
Für einen Moment blieb sie in der Hocke sitzen. Ein paar Zweige schnellten wieder zurück und klatschten gegen ihr Gesicht, was die Horror-Oma allerdings nicht tragisch nahm, nach allem, was hinter ihr lag.
Bevor sie sich erhob, warf sie noch einen Blick zurück. Sie sah das Fenster als helles Rechteck. Ein paar Glassplitter hingen im Kitt des Rahmens. Einige standen vor wie spitze Messer, und Mrs. Goldwyn lief es im nachhinein kalt den Rücken hinab, wenn sie an die Verletzungsgefahr dachte, in die sie sich begeben hatte.
Die alte Dame hörte die Stimmen aus dem zerstörten Fenster schallen.
Lupina und John Sinclair stritten sich. Gespannt wartete sie ab, was wohl geschehen würde, obwohl es das beste für sie gewesen wäre, die Flucht zu ergreifen. Doch die Neugierde besiegte die Angst. Sie wartete genau so lange ab, bis der erste Schuss fiel.
Für Lady Sarah war er wie ein Startsignal. Sie zuckte in die Höhe, für einen Moment schüttelte sie die Angst, und unbewusst lief sie einige Schritte vor.
Zur Hälfte hatte sie den Garten durchquert, als sie den zweiten Schuss vernahm. Der Klang hatte sich angehört wie beim ersten, ein Beweis für Mrs. Goldwyn, dass abermals John Sinclair gefeuert hatte.
War Lupina jetzt erledigt? Hatte er es geschafft, die Königin der Wölfe endgültig zu vernichten?
Mrs. Goldwyn hoffte es mit klopfendem Herzen. Über ihren Körper rann eine Gänsehaut, und sie bebte innerlich, dass es klappen würde.
Noch einmal wollte sie zurück, der Verstand allerdings sagte ihr, dass dies ein Fehler gewesen wäre. Sie durfte jetzt nicht an John Sinclair, den Geisterjäger, denken, sondern an das Buch. Die sieben Siegel der Magie waren momentan am wichtigsten.
Während Lady Sarah sich durch die Büsche wand, um den schmalen, mit Platten belegten Weg zu erreichen, hoffte sie, dass der Geisterjäger es trotz aller Widrigkeiten schaffen würde, den Feind zu vernichten.
Und sie drückte auch die Daumen für Suko, den Chinesen, denn noch stand nicht fest, dass er auch tot war.
Mrs. Goldwyn erreichte wenig später das Gartentor und stieß es so heftig auf, dass es herumschwang und an der anderen Seite gegen den schmiedeeisernen Zaun stieß.
Die Horror-Oma betrat den Gehsteig. Dort blieb sie erst einmal stehen.
Wohin jetzt?
Lady Sarah wusste, dass die Dämonen über Mittel und Wege verfügten, jeden aufzuspüren. Ihre Mittel reichten sehr weit, davor fürchtete die alte Dame sich, und wenn sie jetzt floh und sich irgendwo versteckte, dann wusste auch John Sinclair nicht, wo sie sich befand.
Mrs. Goldwyn stand unschlüssig auf dem Gehsteig. Selten hatte sie sich so schlecht gefühlt, und sie schielte immer wieder zu ihrem Haus.
Sie dachte auch daran, zu John Sinclairs Wohnung zu fahren oder bei Shao Unterschlupf zu suchen, aber brachte sie die Chinesin durch eine solche Maßnahme nicht auch in Gefahr?
Nein, das konnte sie auf keinen Fall verantworten. Es musste noch eine andere Möglichkeit geben.
Lady Sarah kannte sich in der Gegend aus. Sie wusste, wer in den Häusern wohnte, wer mit wem verkracht war und nicht. Fast jeden Tag hörte sie den Klatsch, da zog eine über die andere her, und sonntags taten sie immer so, als wäre nichts geschehen. Da gingen sie in die Kirche und waren…
Moment mal, dachte Lady Sarah. In ihrem Gehirn machte es plötzlich »Klick«. Als hätte jemand irgendeinen Schalter betätigt. Ein kurzes Lächeln glitt über ihr Gesicht, denn nun hatte sie das richtige Versteck gefunden.
Es war die Kirche.
Wenn Dämonen vor irgend etwas Angst hatten, dann waren es christliche Plätze und Orte. In der Kirche konnte sie Schutz finden, um diese Zeit war sowieso niemand da, und wenn der Pfarrer kam, war es auch nicht schlimm, denn mit ihm stand sie auf gutem Fuß. Schließlich war so manche Spende von ihr in die Kirchenkasse geflossen.
Die Horror-Oma hatte den Gedanken kaum zu Ende gedacht, als sie auch schon die Straße überquerte. Es ärgerte sie, dass sie weder ihren Stock noch die Handtasche bei sich trug, aber in diesem Fall musste es auch mal ohne gehen.
Auf der anderen Seite standen ebenfalls die alten, gut renovierten Häuser. Und Lady Sarah kannte auch einen Schleichweg. Ein schmaler Pfad wand sich zwischen zwei Häusern hindurch. Wenn sonntags die Glocken läuteten, wurde er von den meisten Kirchgängern
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