0234 - Macht und Mythos
möglich, dass sich in dieser wie Glas wirkenden Figur die Heimat eines Gottes befand?
Ein Gedanke, der mir die Schauer über den Rücken trieb, den ich allerdings nicht weiter fortführte, denn die Pyramide brachte mich schwebend auf das neue Ziel zu. Das war der Altar.
Dort lag auch das Buch »Sieben Siegel der Magie«. Sieben schwarzmagische Siegel, geschrieben von einem Unbekannten. Nur eines war weißmagisch, und dieses Siegel beschäftigte sich mit den Geheimnissen meines Kreuzes.
Oft hatte es mir geholfen, aber ich wusste manchmal nicht, wieso. Im Zentrum des Schreckens, als Gefangener, hatte ich einen ersten kleinen Einblick in das bekommen, was das Kreuz alles konnte. Es hatte eine Verbindung hergestellt zu dem Geist des großen Sehers Nostradamus, wobei ich mich manchmal fragte, ob er mit dem geheimnisvollen Seher identisch war. Das alles wollte ich dahingestellt lassen, für mich zählte erst einmal nur das Buch.
Über dem Altar kamen wir zur Ruhe. Die Pyramide stand nicht völlig still, sie zitterte noch, und ich konnte von oben her auf das so wertvolle Buch schauen.
Sieben Siegel der Magie! Würde ich das wichtige, vierte überhaupt lösen können? Und wie kam ich an das Buch heran.
Zum erstenmal bewegte ich mich. Ich streckte meine Hand aus, bückte mich dabei. Sofort spürte ich Widerstand. Zwar keinen sehr harten, aber ich kam nicht mehr weiter. Die Pyramide hielt mich einfach zurück.
Sehr seltsam…
Ebenso seltsam wie das plötzliche Auftauchen. Woher die Pyramide gekommen war, das wusste ich nicht zu sagen. Sie passte überhaupt nicht in diese schreckliche Welt, wo die Schwarze Magie zu Hause war. Und dennoch war sie erschienen. Dabei musste sie so stark sein, dass ihr das Vorhandensein der anderen Magie nichts ausmachte.
Ich glitt in die Tiefe. Zusammen mit der Pyramide rutschte ich nach unten und näherte mich dem Altar mit dem geheimnisvollen Buch darauf. Jetzt war ich gespannt. Zudem ahnte ich, was unter Umständen auf mich zukommen würde. Und ich hatte mich nicht getäuscht, denn im nächsten Augenblick schwebten wir auf der Altarplatte.
Der bläuliche Schein umhüllte sie wie ein Mantel. Sie blieb abermals stehen, und ich sah dies als eine Aufforderung an, das Buch an mich zu nehmen.
Ich drückte meinen Oberkörper in die Knie, streckte die Arme aus, und meine Finger erfassten das Buch. Die beiden Hälften hielt ich mit beiden Händen fest, und niemand hinderte mich daran, das Buch in die Höhe zu heben.
Jetzt hatte ich es zurück! Ein kaum beschreibbares Gefühl durchpulste mich. Der gesamte Fall hatte sich bisher um das Buch gedreht. Menschen waren gestorben, Dämonen vernichtet worden. Ein Zeichen, das dieses Buch ungeheuer viel wert sein musste.
Ich richtete mich wieder auf. Das Buch lag dabei auf meinen Handtellern. Ich konnte hineinschauen und sah die Seite vor mir mit dem abgebildeten Kreuz. Es war haargenau gezeichnet worden. Das konnte ich sehr gut vergleichen, denn ich hielt mein eigenes Kreuz in der Hand und legte es auf die Seite daneben.
Ja, die beiden waren identisch. Nur - was nutzte es mir? Den Text des Buches konnte ich leider nicht entziffern.
Ich schlug trotzdem die Seite um, wo mit der Erklärung des Kreuzes begonnen wurde. Meine Blicke flogen über die ersten Buchstaben. Unwillkürlich bewegten sich meine Lippen, und ich begann zu flüstern.
»Um das Geheimnis des Lichts aufschreiben zu können, musste ich dem Bösen Vorschub leisten. Ich habe dieses Buch der sieben Siegel deshalb geschrieben, damit irgendwann derjenige kommen wird, der der wahre Träger des Kreuzes ist. Nur er soll das Buch bekommen und auch das vierte Siegel lesen. Die anderen beschäftigen sich mit der Schwarzen Magie, mit Beschwörungen…«
Ich las nicht mehr weiter, ließ die Hände sinken und hob synchron dazu den Kopf.
Kalt und heiß zur gleichen Zeit rann es mir den Rücken hinab. Was ich da plötzlich erfahren hatte, war unwahrscheinlich. Jeder kann sich vorstellen, wie durcheinander ich war, denn auf einmal konnte ich die Sprache der alten Atlanter nicht nur lesen, sondern auch verstehen. Es würde mir gelingen, das für mich so wichtige vierte Siegel zu lösen und damit mehr über die Existenz und das Geheimnis meines Kreuzes zu erfahren…
***
Sheila hatte heißen Kaffee gekocht. Die Freunde hielten sich weiterhin im Garten der Conollys auf. In ihre Nähe hatte sich noch jemand gesellt. Nadine, die Wölfin. Von Bill wurde sie hin und wieder gestreichelt, nur Sir James
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