0235 - Ein Boxer wehrt sich seiner Haut
davon habe ich nichts gewusst. Jacky tat zwar sehr geheimnisvoll, aber er sagte mir, es handele sich um Börsengeschäfte, über die er unbedingt schweigen müsse. Außerdem ist sein Chef ein außerordentlich reizender Mann. Er hat uns erst gestern Abend zum Dinner eingeladen und gesagt, er sei Jacky und vor allem auch mir viel dankbarer, als er uns beweisen könne.«
»Und wie heißt dieser Mann?«
»Seinen Vornamen kenne ich nicht, sein Nachname ist Grooner.«
»Und sein Aussehen?«
»Wie der gute Onkel aus dem Märchenbuch«, sagte sie ganz ernsthaft. »Er ist in den Fünfzigern, gemütlich, freundlich und hat bestimmt viel Geld.«
»Das Letztere ist wohl das Einzige, was stimmt. Ich bin der Überzeugung, dass dieser gute Onkel Grooner in Wirklichkeit anders, wenn auch ähnlich heißt und dass er ein Schwerverbrecher und Mörder ist.«
»Da müssen Sie sich irren, Mister Cotton. Das ist unmöglich.«
»Wir wollen uns jetzt darüber nicht streiten, aber ich glaube, Ihnen morgen schon ein Bild vorlegen zu können, auf dem er allerdings ungefähr zwanzig Jahre jünger ist. Ich weiß es nicht bestimmt, aber ich hoffe es. Was machen wir aber bis dahin? Wenn Sie jetzt ans Telefon gehen und Ihrem Jack die ganze Geschichte erzählen, so wird er den ›guten Onkel‹ warnen, und der wird uns dann nicht nur durch die Lappen gehen, sondern diese Warnung wird Peggy Crab das Leben kosten. Was meinen Sie, June?«
»Ich weiß es selbst nicht«, seufzte sie, und es kostete sie Mühe, die Tränen zurückzuhalten. »Ich kann Jack nicht belügen, aber wenn es wahr ist, was Sie mir sagen, dann darf ich ihm keinen reinen Wein einschenken. Ich weiß wirklich nicht, was ich tun soll.«
»Können Sie nicht einfach ein paar Tage wegfahren? Haben Sie keine Tante oder Großmutter, die plötzlich krank geworden sein könnte? Dann brauchen Sie sich auf keinen Fall mehr Vorwürfe zu machen.«
»Und wenn Jacky inzwischen etwas zustößt? Ich würde es nicht überleben. Er hat doch gesagt, er braucht mich die nächsten Tage mehr denn je. Er will mich heute Abend wieder in der Jockey Bar treffen und mir einen Brief geben, den ich für Mister Grooner abgeben soll.«
»Und wo sollen Sie den abgeben?«
»Im Waldorf Astoria, am Empfangsschalter. Ich brauche nur zu sagen, er sei für Mister Grooner.«
Das war der Höhepunkt. Dieser Lump ließ einen Teil seiner dreckigen Geschäfte durch die Angestellten eines der vornehmsten Hotels von New York erledigen. Die Frechheit schrie zum Himmel.
»Wohnt Mister Grooner denn dort?«, fragte ich. - »Ich glaube ja. Der Empfangschef nahm mir gestern Abend den Brief ab und legte ihn in ein nummeriertes Fach.«
»Haben Sie die Nummer zufällig gesehen?«
»Nein, ich habe nicht darauf geachtet.«
Ich dachte angestrengt nach. Die Gedanken rasten durch meinen Kopf und überschlugen sich. Was sollte ich mit diesem Mädchen anfangen? Wenn ich sie festnahm, so würde ihr sogenannter Verlobter das zwar nicht wissen, aber vermuten und seinem Boss, das war bestimmt Greene, davon Mitteilung machen. Darin war alles verdorben.
Wenn Greener erst merkte, dass wir ihm so dicht auf den Fersen waren, war er zu jeder Gewalttat fähig, er und seine Komplizen. Wenn ich sie aber laufen ließ, würden sie ihrem Jack gegenüber den Mund nicht halten, und das würde sich genauso, wenn nicht noch schlimmer aus wirken.
Im Gegenteil, Greener konnte jederzeit den Spieß umdrehen. Wahrscheinlich wusste jeder, dass er an Barons Sieg am nächsten Samstag stark interessiert war. Es wäre nicht das erste Mal, dass jemand einen Boxer beobachten lässt, um dessen Gewohnheiten zu erfahren, um vielleicht einen schwachen Punkt herauszufinden. Das war durchaus kein Verbrechen. Natürlich konnte ich auch warten, bis June ihren Jacky traf. Ich konnte dann beide zusammen hochgehen lassen und den Brief beschlagnahmen.
Ich war jedoch sicher, dass dieser wirklich nichts anderes als einen Bericht über Marchs Bewegungen enthalten würde. Ich konnte in Teufels Küche geraten, wenn Greener sich beschwerte und seine Beziehungen spielen ließ. Bis jetzt konnte ich ihm nichts, aber auch gar nichts beweisen.
Es kam mir zu Bewusstsein, dass ich dem Mädchen zu viel erzählt hatte. Ich hatte angenommen, sie sei in die ganze Serie von Verbrechen eingeweiht und 42 musste nun erkennen, dass sie lediglich ein dummes, verliebtes, kleines Ding war, das für ihren Verlobten durchs Feuer ging und sich von dessen Chef hatte einwickeln lassen.
Ich glaube
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