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024 - Die Rattenkönigin

024 - Die Rattenkönigin

Titel: 024 - Die Rattenkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenkiller
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Tatsache hinweg, daß ihre Liebe zu ihm offensichtlich abgekühlt war.
    Die Eingangstür ging auf. Schritte von mehr als einer Person waren zu hören und vermischten sich mit einem regelmäßigen Klopfgeräusch. Die Tür flog auf. Eine bucklige Alte erschien im Rahmen. Hinter ihr tauchte Cohen auf.
    »Ich bringe euch lieben Besuch«, verkündete er über ihren Buckel hinweg. »Das ist Arline, eine Wahrsagerin oder Prophetin, die die Leute einzuschüchtern versucht, indem sie eine Rattenplage voraussagt. Da Ratten in unser Interessengebiet fallen, dachte ich mir, daß sie uns vielleicht helfen kann.«
    Dorian wußte nicht recht, wie er sich verhalten sollte. Die Augen der Alten funkelten ihn böse an. Er konnte sich denken, daß Cohen nicht gerade sanft mit ihr umgegangen war.
    Coco bot Arline einen Platz an. Sie sprach freundlich mit ihr, und das schien auch die Alte umgänglicher zu stimmen, aber sie sagte noch immer kein Wort, als sie auf der breiten Sitzbank Platz nahm; dafür klopfte sie mit dem Stock unaufhörlich in einem bestimmten Rhythmus auf den Boden.
    Dorian erkundigte sich, ob er ihr etwas zu trinken oder zu essen anbieten könnte, aber Arline schwieg beharrlich.
    Cohen erzählte von ihrem Auftritt bei Anselm van Riems, und Dorian begann klarer zu sehen. Cohen hatte auf jeden Fall richtig gehandelt, indem er die Alte herbrachte.
    Trotzdem sagte Dorian an sie gewandt: »Ich muß mich für das Benehmen meines Freundes entschuldigen. Er vergißt manchmal die guten Sitten und ist zu direkt.«
    »Er ist ein Flegel«, erklärte Arline, während sie immer noch mit ihrem Stock auf den Fußboden trommelte.
    Cohen grinste breit.
    »Wie gesagt, ich entschuldige mich. Aber ich muß gestehen, daß er richtig daran getan hat, Sie herzubringen. Es scheint, daß Sie mehr als alle Bewohner von Borvedam über die Ratten wissen. Und an diesem Wissen bin ich interessiert.«
    Die Alte kicherte. »So unwissend, wie die Borvedamer tun, sind sie gar nicht. Sie wollen die Wahrheit nur nicht wahrhaben.«
    »Welche Wahrheit?«
    »Daß die Ratten die wahren Herrscher von Borvedam sind. Wenn ihre Königin es ihnen befiehlt, dann werden sie den Ort überfluten, alles dem Erdboden gleichmachen und die Menschen auffressen.«
    »Meinen Sie, die Ratten hätten ein Oberhaupt, dem sie bedingungslos gehorchen? Eine Rattenkönigin, die so etwas wie eine Superratte darstellt?«
    Arline kicherte schrill. Langsam taute sie auf. »Die Rattenkönigin ist kein Tier, sondern ein Mensch.«
    Dorian blickte zu Cohen, doch an dessen verblüfftem Gesichtsausdruck erkannte er, daß diese Eröffnung auch für ihn überraschend kam.
    »Ein Mensch als Oberhaupt der Ratten von Borvedam?« wunderte sich Dorian. Aber so unglaublich, wie er tat, erschien ihm das gar nicht.
    »Hat Ihnen das noch niemand gesagt?« fragte Arline. »Dabei weiß jedes Kind in Borvedam, daß Jenny die Königin der Ratten ist.«
    »Ich höre zum erstenmal davon«, gestand Dorian. »Könnten Sie mir mehr darüber erzählen?«
    Arline ruckte plötzlich hoch und fragte: »Ist außer uns noch jemand hier?«
    »Nein«, behauptete Dorian.
    Don hatte noch vor dem Auftauchen der Alten ein Versteck aufgesucht; das tat er immer, wenn Uneingeweihte zu Besuch kamen.
    »Dann hören Sie«, sagte Arline und setzte sich in Pose. »Jeder in Borvedam kennt die Geschichte der Ratten-Jenny, nur denken alle, daß es sich um eine Sage handelt. Ich aber weiß, daß die Geschichte wahr ist.
    Vor nahezu hundert Jahren wurde auf dem Friedhof von Borvedam ein Neugeborenes ausgesetzt. Ein Mädchen. Niemand wußte, wer die Mutter dieses Balgs war, und so nahm man an, daß Zigeuner es hingelegt hätten. Ein Besucher des Friedhofs fand das Kleine, das in einem Korb neben der Kapelle lag. Er rief andere Leute herbei. Doch als diese herankamen, wurden sie Zeugen eines seltsamen Geschehnisses. Plötzlich tauchten von überall her Ratten auf. Es dürften Hunderte oder Tausende von Ratten gewesen sein, die das Balg aus dem Korb holten und mit ihm flüchteten. Die Friedhofsbesucher verfolgten die Ratten, doch diese verschwanden mit ihrer Beute in Löchern unter der Erde. Man glaubte, das kleine Mädchen sei verloren. In späteren Jahren sah man jedoch immer öfter ein kleines Mädchen mit einem Rattenrudel auftauchen. Es konnte sich nur um das Findelkind handeln, das der Volksmund inzwischen Jenny getauft hatte.
    Gerüchte begannen sich um Jenny zu ranken. Man glaubte, daß sie von den Ratten aufgezogen worden wäre und

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