0244 - Stahlschmuck für den Massenmörder
Susi, die beiden dunkelhaarigen Geschöpfe, die von den Collegeboys umschwärmt wurden wie das Licht von den Motten, saßen im Salon.
»Daddy, soll ich dir deine Pfeife bringen?« Susi war heute wieder die Aufmerksamkeit in Person. Wahrscheinlich würde das neue Kleid doch mehr kosten als ursprünglich vorgesehen war.
»Im Augenblick nicht. Was macht eigentlich Bill? Will er dich immer noch heiraten, oder hat er eingesehen, dass er zu jung für dich ist?«
»Wieso, Bill ist doch nicht zu jung für mich. Wir sind nur zwei Jahre auseinander. Was macht das schon?«
»Die zwei Jahre machen nichts aus. Das meine ich auch nicht. Aber wovon will er dich ernähren? Er hat doch keinen Beruf. Und sein Studium dauert doppelt solange wie das deine. Sollst du ihn vielleicht ernähren? Wie denkt er sich das eigentlich?«
Susi blickte wütend zur Veranda. Sie konnte von ihrem Vater nichts weiter sehen als seine Füße, die unter dem Liegestuhl hervorsahen, und zwei Fingerbreit seines grauen Haares. Ansonsten sah sie nur die Rücklehne des geflochtenen Stuhls.
»Ich würde mir über Bill keine Gedanken machen, der schafft es schon eher, als du glaubst.«
Nora, die Susi am Tisch gegenübersaß, winkte ab.
»Daddy hat nichts gegen Bill. Daddy ist heute nur sehr abgespannt. Lass uns lieber ein paar Platten hören.«
Susi stand auf und schritt zu der kostbaren Musiktruhe, die rechts neben der breiten Verandatür stand. Sie legte eine Platte auf, und während der nächsten fünf Minuten waren die Schwestern ganz der heißen Musik hingegeben. Mit glänzenden Augen und geröteten Wangen lauschten sie den wilden Rhythmen. Dann legte Nora die Platte Sommerset auf. Eine wehmütige Melodie, die'einen Hauch von süßer Schwermut verbreitete.
Als der letzte Ton verklungen war, stand Susi auf und trat auf die Veranda neben ihren Vater, der noch immer in seinem Liegestuhl saß.
Das Licht auf der Veranda war dämmerig. Susi kam aus dem erleuchteten Salon, und so sah sie es nicht sofort.
»Weißt du, Daddy, wenn ich es mir so richtig überlege, dann ist es wahrscheinlich doch besser, wenn Bill und ich noch ein Weilchen warten. Bill will Architekt werden. Und er wird bestimmt einmal ein Star. Was meinst du?«
Susi war neben den Liegestuhl getreten und blickte in den Garten. Als ihr Vater keine Antwort gab, wandte sie den Kopf und blickte auf Chet Flynn hinab.
Ganz plötzlich hatte Susi das Gefühl, eine eisige Faust krampfe sich um ihr Herz. Susis Knie gaben nach. Sie drohte zu stürzen und musste sich mit der Linken aufstützen. Sie stützte sich auf die Rückenlehne des Liegestuhls und dabei berührte sie mit dem Unterarm den langen, gefiederten Pfeil, der aus Chet Flynns Brust ragte.
***
Fünf Stunden später sah Joe Goodwin kleine violette Teufel, die auf seiner Brust zu tanzen schienen.
Er spürte die Schläge nicht mehr, die auf ihn niedergeprasselt waren. Sein Hirn und seine Nerven waren abgestumpft gegen die Misshandlungen. Der Schmerz hatte seinen Schrecken eingebüßt. Die Qualen bedeuteten Joe nicht mehr viel. Er hatte nur noch einen Wunsch: Er wollte sterben.
Joe Goodwins Kopf war auf die Brust gesunken. Seine blicklosen Augen, in denen kein Leben mehr zu sein schien, waren geöffnet. Joe sah die kleinen violetten Teufel auf seiner Brust. Er konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Nur ganz dumpf und weit hinten in seinem Hirn regte sich etwas. Und das sagte: Ich habe ihnen doch die Wahrheit gesagt. Warum glauben Sie mir nicht? Warum schlagen sie mich, wo ich doch schon fast tot bin? Ich habe ihnen doch die Wahrheit gesagt. Die Platten sind doch…
Der Faden riss jäh ab. Tiefe Ohnmacht umfing Joe Goodwin und löschte auch den letzten Rest von Bewusstsein in seinem Hirn.
Sie waren kurz nach Mitternacht gekommen, hatten ihn niedergeschlagen, in dieses dunkle Kellerloch in der Bowery geschleppt und misshandelt. Sie wollten wissen, wo die Druckplatten sind. Und Joe hatte es ihnen gesagt. Er hatte gesagt, dass er sie vernichtet habe, in den East River geworfen, von der Williamsburg Bridge. Sie aber hatten nur gelacht und ihn immer wieder geschlagen.
»Aus dem kriegen wir nichts mehr raus«, knurrte Floyd Queen, genannt Schlagring, da er sich gern dieser Waffe bediente. Er griff nach der Whiskyflasche, die auf einem wackeligen Tisch in der Ecke stand.
Er entkorkte die Flasche, setzte sie an die Lippen und trank lange und ausgiebig.
Außer ihm und Joe Goodwin, der auf einen alten Foltersessel f estgebunden war, befanden
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