0245 - Um 8 Uhr stirbt der Fernsehstar
dort, und sah uns lachend nach. Nun, der Tag würde kommen, an dem auch wir lachen würden.
Als wir noch unterwegs waren, begann es zu schneien. Es waren dicke Flocken, die langsam vom Himmel niedersanken, und die Straßen mit einer weißen Decke überzogen.
Den Rest des Tages verwendeten wir darauf, die Akte Giuletto zu studieren, die wir von der Stadtpolizei angefordert hatten.
Während der für den Bandenkönig tödlich verlaufenden Schießerei hatte es außer ihm selbst sechs Tote gegeben. Drei davon waren Polizisten. Bei der folgenden Großrazzia waren einhundertsiebenundfünfzig Leute verhaftet worden. Dreiundfünfzig wurden wegen Bandenverbrechens verurteilt und saßen jetzt in verschiedenen Gefängnissen.
Es war zwecklos, diese Leute zu befragen. Sie würden nichts aussagen.
Selbst wenn ein »Singvogel« darunter war, so würde er den Schnabel halten, denn es wäre nicht das erste Mal, dass Gangster ihr Opfer auch im Zuchthaus umbringen. Die Vernehmung konnten wir uns also sparen.
Es blieben noch die einhundertvier Verhafteten, die man hatte wieder laufen lassen müssen. Leider konnten wir nicht jeden davon beschatten lassen.
»Fragen wir einmal Neville«, schlug Phil vor. »Vielleicht ist einer darunter, den er kennt.«
***
Unser Kollege Neville ist ein Original aus der Zeit der ganz großen Gangster, aus der Zeit, da die Straßen New Yorks fast täglich von Maschinengewehrsalven widerhallten, wenn zwei der Banden sich wegen einer Ladung geschmuggelten Whiskys in die Haare kriegten, oder wenn es um die Grenzen ging, innerhalb derer sie ihre dunklen Geschäfte tätigten und Geschäftsleute, Restaurants und Flüsterkneipen beschützten oder diese demolierten, wenn sie ihren Tribut nicht regelmäßig zahlten.
Heute tat Neville in der Hauptsache Innendienst, aber auch dabei trennte er sich nicht von seinem alten Coltrevolver, der auch dann im Halfter steckte, wenn er am Schreibtisch saß. Von automatischen Pistolen hielt der alte Neville nicht viel.
Als wir eintraten, blickte er auf und fragte: »Na, Jungs? Ihr seht aus, als ob ihr etwas auf dem Herzen hättet. Seid ihr wieder einmal am Ende eurer Weisheit oder soll Onkel Neville seine MP startklar machen?«
»Keines von beiden«, lachte ich. »Wir haben hier eine Liste von Leuten, die angeblich Giulettos Gang angehören, denen man aber nichts nachweisen konnte. Wir möchten wissen, ob Sie zufällig einen davon kennen.«
Neville streckte seine mächtige Pranke aus und überflog die auf dem Bogen verzeichneten Namen.
»Sieh da! Mein alter Freund Gregorio Dorino lebt auch noch. Wartet einmal. Der Bursche muss schon annähernd sechzig sein. Ich'dachte nicht, dass er sich immer noch betätigt… Und da haben wir Gaspare Fabri, der ungefähr demselben Jahrgang angehören dürfte. Die anderen sind neu.«
Es griff zum Telefon und wählte die Nummer des Archivs.
»Hallo, Pullmann! Habt ihr die Karten von Gregorio Dorino und Gaspare Fabri noch da? Ja, ich warte.«
Es dauerte ein paar Minuten, bis die Antwort kam. Neville bedankte sich und legte auf.
»Pullmann hat die beiden Gangster noch in der Kartei. Seht euch ihr Sündenregister an, und ihr werdet vor Hochachtung erstarren. Dorino war vor ungefähr fünfundzwanzig Jahren Mike Cohens Leibwächter und hat mehr Menschenleben auf dem Gewissen als die meisten seiner Kollegen. Leider haben wir ihn nie auf frischer Tat ertappt. Er hatte jedes Mal ein felsenfestes Alibi. Fabri ist Spezialist für Protektion. Er war Bugsy Siegels Kassierer, und wenn er anrückte, wurde es ernst. Er hat deshalb auch drei Mal gesessen, zuletzt fünf Jahre in Sing Sing. Wo sie sich zurzeit befinden, kann ich euch nicht sagen, aber wenn ihr wollt, kann ich einmal herumhorchen.«
»Bitte, tun Sie das, .Neville. Sie würden uns einen großen Gefallen damit erweisen.«
»Wird gemacht, und wenn ihr einmal wieder eine dicke Sache zu bearbeiten habt…« Er klopfte auf seinen Colt unter der linken Achsel.
»Wir werden an Sie denken«, sagte Phil. »Wenn wir die neu erstandene Gang von Giuletto ausheben, bekommen Sie eine Einladung.«
»Wer ist denn jetzt der Boss?«, fragte Neville.
»Angeblich ein gewisser Salvatore Piscaro, der in Litte Italy als Wohltäter verehrt wird.«
»Der alte Trick«, sagte Neville, »Das war schon zu Al Capones Zeiten so. Die Italiener sind nun einmal ein romantisches Völkchen. Den Namen kenne ich übrigens nicht. Der Bursche muss noch verhältnismäßig neu in seinem Fach sein.«
Wenn Neville
Weitere Kostenlose Bücher