0245 - Verdammt und begraben
Vorsatz mußte er sich abschminken.
Lady X war inzwischen zu nahe an ihn herangekommen und bedrohte ihn mit der Waffe. Die Mündung wies auf seinen Körper.
Etwa drei Schritte trennten die beiden. Niemand sprach. Nur vom nicht allzu weit entfernt liegenden Maschinenraum drang ein dumpfes Stampfen und Summen zu ihnen.
»Was hast du zu deiner Verteidigung zu sagen?« höhnte die Bestie mit der MPi.
»Nichts, gar nichts. Ich… ich brauche mich nicht zu verteidigen. Es ist mein Schiff.«
»Das habe ich schon einmal gehört, aber es interessiert mich nicht. Dein Leben ist verwirkt.« Sie lachte leise. »Auch du wirst bald zu uns gehören. Du mußt wissen, daß wir Ersatz für die von dir getötete Dienerin brauchen. Der Sarg ist so groß, daß auch du hineinpassen wirst, Kapitän!«
Romanescu schluckte. Er wußte, daß es keine leeren Worte waren.
Lady X würde ihre Drohung eiskalt wahrmachen. Erbarmen kannte sie nicht. Das konnte man von den Blutsaugern nicht verlangen. Sie dachten nicht mehr menschlich.
Dem Kapitän wurde der Kragen eng. Schweiß hatte sich an seinem Hals gebildet. Er hob den Arm und öffnete die beiden obersten Knöpfe am Hemd. Plötzlich bekam er kaum noch Luft. Die Angst schnürte unsichtbar seine Brust zu, die Gestalt der Vampirin verschwamm vor seinen Augen, und er glaubte bereits, die spitzen Zähne an seinem Hals zu spüren, bevor sie hineinhakten, die Ader fanden und das Blut tranken.
»Weshalb sagst du nichts?« fragte die Scott. »Du bist doch sonst immer so mutig.«
»Ich… ich …« Der Kapitän verstummte und fuhr mit der Hand über seine Kehle. Verdammt, er hatte Angst, und diese Blutsaugerin vor ihm merkte es genau.
Sie stand ziemlich nah vor ihm. Ihr Lächeln konnte man als höhnisch bezeichnen, auch ihre nächste Frage klang so. »Wer soll dich umbringen? Vampiro-del-mar oder ich?«
»Keiner von euch!«
»Das ist nur ein Wunsch.« Lässig trat sie näher. Ihre Augen blieben dunkel, da rührte sich nichts. Diese Bestie verriet mit keinem Wimperzucken, was sie im Schilde führte.
Auch Romanescu traute sich nicht, irgend etwas zu unternehmen.
Er wollte seine Angst hinunterschlucken, doch der Kloß in seinem Hals war einfach zu dick, deshalb schaffte er es nicht. Nur das Zittern seiner Gestalt blieb.
Mit einem Auge schielte er auf die Waffe. Die MPi wurde leicht angehoben, er sah die Mündung deutlicher, sie tauchte dicht vor seinem Gesicht auf, für die Länge eines Atemzugs blieb er in einer sehr steifen Haltung, bis er den festen und gleichzeitig kalten Druck an seinem Kinn spürte.
Lady X preßte die Mündung dagegen. »Nun?« fragte sie. »Soll ich dir den Kopf zerschießen, Herr Kapitän?«
»Sie… Sie …«
Lady X lächelte nur. »Dreh dich um«, befahl sie dann. »Wir sind keine Gangster, und ich setze die Waffe nur im Notfall ein, das können Sie mir glauben.«
»Was wollen Sie denn?«
»Dein Blut, Kapitän. Ich will dein Blut, und es wird mir köstlich munden, verlaß dich drauf. Schade, ich hätte gern weiter mit dir zusammengearbeitet, aber da du mich hintergangen hast, muß ich mich völlig umstellen. Das paßt mir eigentlich nicht.«
»Und das Monstrum?« Romanescu konnte kaum sprechen. Die Angst schnürte ihm die Luft ab.
»Wir teilen uns dein Blut. Und bleib nicht stehen. Dreh dich um, habe ich gesagt.«
Romanescu nickte. Er senkte den Kopf, hob die Schultern, drehte sich und explodierte plötzlich. Es war eine Bewegung, die er sich selbst kaum zugetraut hatte. Sie wurde aus der Angst geboren, und der Mann setzte all seine Kräfte ein.
Er überraschte selbst die abgebrühte Pamela Scott. Bevor sie sich auf die neue Lage einstellen konnte, wuchtete der Kapitän bereits seine Hand gegen den Lauf der MPi und hämmerte ihn nach oben.
Mit der anderen Hand stieß er Lady X gegen die Brust. Sie kippte nach hinten, verlor das Gleichgewicht und geriet ins Stolpern, so daß sie genug damit zu tun hatte, die Balance zu halten.
Romanescu startete.
Er hatte als einzigen Ausweg nur die Tür gesehen, und er mußte Vampiro-del-mar aus dem Weg räumen, der dort wie ein düsterer Schatten stand und Wache hielt.
Der Kapitän kam aus dem Hellen. Der andere stand im Dunkeln und sah zu, wie Romanescu plötzlich vor ihm auftauchte.
Da hatte der Mann schon ausgeholt.
Romanescu hatte sich von der Pike auf hochgearbeitet. Er war mal Stauer gewesen, dann Matrose und später Offizier, als Stauer und Matrose hatte er das Arbeiten gelernt und auch Kraft
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