0245 - Verdammt und begraben
Blutsauger röchelte. Die Zunge schnellte aus seinem weit aufgerissenen Mund, vermischt mit einem widerlichen Schleim, er versuchte sich aufzubäumen, doch der Pfahl steckte so tief in seinem untoten Körper, daß er am Rücken wieder heraustrat.
Marek lag auf ihm.
Der alte Mann konnte nicht mehr. Er weinte vor Schmerz und Erschöpfung.
Während unter ihm die Haut des Vampirs allmählich grau und dann braun wurde, dachte Frantisek Marek daran, daß er seinem Namen wieder alle Ehre gemacht hatte.
Denn er war der Pfähler.
Obwohl er dies manchmal als einen Fluch empfand…
***
Für einen Moment blieb ich wie tot am Boden liegen. Ich wollte und konnte einfach nicht mehr, glaubte mich in einen Traum versetzt und hätte am liebsten geschlafen.
Aber da war das Flappern der Rotorblätter und das Knattern des Motors. Beides riß mich aus meiner Lethargie und wieder in die Höhe.
Der Hubschrauber war gelandet.
Während ich mich auf die Knie stemmte, turnte Lady X zum Einstieg, stieß die Luke auf und schrie Vampiro-del-mar etwas zu, der als geisterhafte Gestalt ebenfalls zu sehen war.
Ich verstand nicht, was sie sagte, aber Vampiro-del-mar hatte es begriffen. Er stürzte auf den Hubschrauber zu, ohne von Suko aufgehalten zu werden.
Auch ich wollte nicht liegenbleiben. Doch als ich stand, wurden meine Knie weich, und ich sank wieder in die Hocke.
Suko war stehengeblieben. Er griff nach seinem Stab, um die Zeit anzuhalten, dann bekamen wir noch eine gute Chance.
Beide rechneten wir nicht mit der Raffinesse einer Lady X. Auch sie wußte von Sukos Waffe, und sie richtete sich haargenau danach.
Sie startete nicht mit dem Hubschrauber, sondern paßte den richtigen Zeitpunkt ab, als sich Vampiro-del-mar bereits in ihrer Nähe befand und gebückt in die Maschine stieg.
Sie aktivierte den Würfel des Unheils.
Suko blieb das magische Wort Topar buchstäblich im Halse stecken, denn wie auch ich sah er die beiden Blutsauger verschwinden.
Sie lösten sich vor unseren Augen auf und ließen einen leeren Hubschrauber zurück.
Ihre Mission hier in Rumänien war beendet.
Vorläufig jedenfalls…
***
Uns blieb die gegenseitige Klage. Wieder einmal war die jetzige Chefin der Mordliga entkommen. Sie stellte an Raffinesse und Schlauheit wirklich alles in den Schatten und zeigte, daß auch wir keine Supermänner waren.
Suko war nicht so erschöpft wie ich. Er kam zu mir und stützte mich, weil ich Schwierigkeiten mit dem Stehen hatte. »Das hätte ins Auge gehen können«, sagte er vorwurfsvoll.
Ich grinste schief. »Nicht nur das, Alter, auch ans Leben.«
»Und welcher Teufel hat dich geritten?«
»Kann ich nicht sagen. Vielleicht war es die Wut, Lady X endlich zu stellen.«
»Verdammt, Marek!« Suko wechselte übergangslos das Thema. In den letzten aufregenden Minuten hatten wir an ihn und diesen Baron von Leppe nicht denken können.
»Der muß noch auf dem Friedhof sein.«
Wir liefen hin. Suko war schneller als ich, denn ich bekam meine Beine kaum vom Boden hoch.
Wir sahen einen leeren Friedhof vor uns, über den ein weißer Flockenwirbel tanzte.
Es dauerte Minuten, bis wir Marek gefunden hatten. Suko hatte das Glück und entdeckte ihn.
Der Pfähler lag halb in einem offenen Sarg. Unter ihm verfaulten die Knochen eines uralten Vampirs, den die Waffe des alten Mannes getroffen hatte.
Suko hievte Marek aus der Grube. Der Alte war so erschöpft, daß mein Freund ihn zum Hubschrauber tragen mußte. Ihn hatte uns Lady X zum Glück dagelassen.
»Du wolltest doch fliegen«, sagte Suko zu mir, »bitte, jetzt kannst du den Piloten spielen.«
Wir flogen los.
Den toten Jarek nahmen wir mit.
Es wurde ein Flug, den ich nie vergessen werde. Nacht, Schneetreiben, unbekanntes Gelände, halbvoller Tank…
Daß wir irgendwann in Petrila landeten, grenzte schon an ein Wunder. Wir gingen sofort zum Bürgermeister. Er atmete auf, als er uns gesund und munter vor sich sah, dann berichteten wir vom Tod des Piloten und er sagte, daß er die Zentrale unterrichten müßte.
Wir wollten noch ein paar Tage in Petrila bleiben. So lange, bis Marie Marek beerdigt war. Es wurde eine traurige Beerdigung.
Als die Menschen gegangen waren, standen Marek, Suko und ich noch lange am offenen Grab.
Der alte Mann hielt den Eichenpfahl umklammert. Die Spitze zeigte nach unten und wies auf den braunen Sargdeckel. »Ich habe dich gerächt, Marie, und ich werde dich weiterrächen, bis auch mich einmal der Schicksalsschlag trifft. Ruhe in Frieden,
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