0248 - Spinnenbrut
Mebrecco wohnte in einem Haus am Ortsrand von Clanton. Wenn sie aus dem Fenster sah, blickte sie genau auf das große Hotel, das eigentlich viel zu groß für das kleine Nest gewesen wäre - wenn nicht viele Trucker hier halten würden, die nicht erst nach Amarillo hinein fahren wollten.
Seit einem halben Jahr bewohnte Catherine das Haus allein. Zu drei Geschwistern hatten sie es von einer uralten Erbtante erhalten, die sich endlich nach fast hundert Lebensjahren entschieden hatte, das Zeitliche zu segnen. Aber Tommy und Clare waren bald wieder ausgezogen. »Was sollen wir in diesem gammeligen Nest?« hatte Tommy gefragt. »Hier ist doch nichts los… In Amarillo zahle ich zwar Miete, aber ich habe es bedeutend näher zur Arbeit, und es ist mehr los. Hier ist doch der Hund begraben.«
Ähnlich hatte Clare sich ausgedrückt, die sich mit Heiratsabsichten trug. Ihr Zukünftiger besaß mehrere Häuser in der Stadt.
Catherine gefiel es hier draußen. Hier war noch die frische Landluft, hier gab es Tiere und Nachbarn, mit denen man noch ein paar Worte wechseln konnte. In der Stadt kannte man sich allenfalls von den Begegnungen im Lift. Hier konnte man auch noch abends spazieren gehen, ohne überfallen zu werden. Das einzige, was störte, war der Blick auf die Hotelanlagen. Aber daran konnte man sich notfalls noch gewöhnen, da die Hotelchefin wohl kaum ihre Zelte abbrechen würde, nur um Catherine Mebrecco freie Sicht auf den Wald zu gewähren. Zudem verstand Catherine sich mit der Chefin sehr gut, die das Hotel im Familienbetrieb managte.
»Zehn Jahre«, hatte sie einmal gesagt, »machen wir das. Danach muß die Bude so viel abgeworfen haben, daß wir uns zur Ruhe setzen können. Deshalb stellen wir auch keine Leute ein, sondern machen alles selbst.«
Was natürlich eine Unmenge Arbeit und Schufterei war. Zuweilen kam Catherine mal herüber und half ein wenig, wenn den Stryles die Arbeit doch zuviel wurde. Aber das war selten.
Catherine sah am Hotel vorbei in die Landschaft hinaus. Plötzlich stutzte sie. Was schimmerte denn da auf dem Feld? Es sah wie viele winzige Dinge aus Metall aus, und…
Aus. Weg. Vorbei. Catherine rieb sich die Augen und fragte sich, was sie da gerade gesehen haben wollte. Das mußte doch eine Sinnestäuschung gewesen sein, denn jetzt War beim besten Willen nichts mehr zu erkennen.
Schulterzuckend wandte sie sich vom Fenster ab. Okay, wahrscheinlich eine Luftspiegelung. So etwas kam schon mal vor.
Catherine Mebrecco machte sich über ihre Beobachtung keine weiteren Gedanken mehr.
***
Wie üblich, schöpfte Nicole aus dem Vollen. Sie mietete den größten Wagen, der vorrätig war, und rollte in die City. Von ihrem früheren Aufenthalt in Amarillo kannte sie noch die einschlägigen Boutiquen, von denen sie jetzt drei gezielt noch einmal heimsuchte. Nur in einer wurde sie fündig, weil die anderen Angebote nicht ganz ihrem Geschmack entsprachen. Mit einem flachen Päckchen, dessen Gewicht in Gramm dem Preis in Dollar entsprach, wie Zamorra bestimmt lästern würde, trat sie dann den Heimweg zum Hotel an.
Sie war gespannt darauf, was Zamorra und Bill in der Zwischenzeit erfahren hatten.
Es war nicht so, daß sie an dem Fall nicht interessiert wäre und sich deshalb absetzte. Aber die Erfahrung zeigte, daß nach Abschluß einer Aktion selten viel Zeit blieb, Boutiquen zu plündern. Also verlegte Nicole diesen Teil des Programms gern an den Anfang.
Sie gab Gas, sobald sie aus der Stadt heraus war. Der offene Mercedes 500 SL schnurrte ein wenig lauter und spielte Rakete. Als Nicole auffiel, daß in den USA 55 Meilen pro Stunde als Höchstgeschwindigkeit angesagt waren, war sie schon auf 155. Sie hatte Glück. Keine Polizeistreife war unterwegs.
Sie ließ den großen Sportwagen weiterfegen in Richtung Clanton. Nach einer Weile passierte sie den Waldstreifen, von dem Bill sprach, und dann tauchte Bills Chevrolet vor ihr auf. Nicole hupte fröhlich und paßte sich Bills zivilem Tempo an. Wenig später rollten sie gemeinsam vor dem Hotel aus. Einige kleinere Wagen standen auf dem Hof im Schatten zweier mächtiger Trucks.
Zamorra stieg aus und kam an den weißen Mercedes SL heran. »Einen teureren Wagen konntest du auch nicht finden?« fragte er schmunzelnd. Er kannte Nicoles Vorliebe für große und schnelle Wagen.
»Ein offener Cadillac war nicht aufzutreiben«, verkündete Nicole. »Aber warte erst mal, bis du meine neueste Beute siehst.«
Zamorra warf einen Blick auf das Päckchen auf
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