0250 - Pandoras Botschaft
schimmernde Packpapier gewickelt.
Pater Ignatius war zufrieden. Alles lief normal, und doch hatte er ein ungutes Gefühl.
Es mußte einfach mit seiner Vision zusammenhängen, die er während des Morgengebetes gehabt hatte. Als er die Schmiede verließ, schaute er hoch zum Himmel. Es war heller geworden. Die weißen Bergspitzen lagen in den grauen Wolkenbänken. Klar würde es an diesem Tag sicherlich nicht werden. Alles wies darauf hin, daß es bald schneite.
Bruder Clemens hatte seine Maschine geholt, ein japanisches Modell der Marke Honda. Gebraucht hatten sie das Zweirad erworben und sich nicht damit verkauft. Ein böiger Wind pfiff über die Klostermauern und ließ den Stoff der Kutte knattern. Der Pater überreichte das Päckchen mit den Silberkugeln seinem jüngeren Bruder, der es in einer der beiden Gepäcktaschen verstaute.
»Gib acht, Bruder. Die Fracht, die du zu transportieren hast, ist sehr wertvoll. Es hängen oft genug Menschenleben davon ab.«
Bruder Clemens zeigte sich von der Eindringlichkeit der Stimme überrascht. So hatte der Pater eigentlich nie gesprochen. Er machte auf den jüngeren Mann den Eindruck, als würde ihn etwas sehr stark bedrücken.
»Ist etwas mit dir, Bruder? Kann ich dir helfen?« erkundigte sich der Jüngere.
»Nein, es ist alles in Ordnung. Viel Glück und Gottes Segen, Bruder.«
»Danke.« Clemens nickte. Er überprüfte noch einmal den festen Sitz seines Helms und ließ die Maschine an. Sie knatterte ein paarmal, bis der Motor rund lief. Grauweiße Wolken stießen aus dem Auspuff und verteilten sich. Das Tor war schon geöffnet worden. Clemens fuhr an, rollte durch das Tor und sah im Rückspiegel, wie Pater Ignatius ihm nachschaute. Dabei hielt er die Hände gefaltet. Er stand auf der Stelle und war in ein stummes Gebet versunken, wobei er einem Menschen glich, der sich schwere Sorgen um die Zukunft machte…
***
23 Jahre zählte Bruder Clemens. In ihm brannte noch das Feuer der Jugend. So langsam er das Kloster verlassen hatte, als er sich auf der Serpentinenstraße befand, da drehte er richtig auf. Er freute sich jedesmal auf die Fahrt in das Dorf, denn er liebte die Geschwindigkeit der Maschine, und er liebte es, wenn er während der Fahrt diese einsame Landschaft durchjagen konnte.
Im Winter mußte er natürlich vorsichtiger sein. An manch schattigen Stellen lauerte tückisches Glatteis, doch im Sommer, da machte es Spaß, durch einsames Hochland zu fahren, die Seen zu riechen, den Duft der Wälder aufzunehmen und die weiten grünen Hügel zu sehen, auf denen die Schafe weideten. Ihn nahm ein trüber Morgen auf, und das Licht des Scheinwerfers warf einen langen gelben Streifen auf die Fahrbahn. Nahe dem Kloster war die Strecke ziemlich unwegsam, nicht asphaltiert, was sich später jedoch änderte. Pater Clemens mußte achtgeben. Er durfte auch nur langsam fahren, denn es ging sehr steil hinab, und die Kurven waren oft ziemlich eng.
Auf der asphaltierten Straße wurde es besser. Da öffnete sich auch ein Hochtal, so daß er eine kurze Strecke geradeaus fahren konnte.
Die Stille um ihn herum wurde nur vom Dröhnen der Maschine unterbrochen. Einsames Wild schreckte er auf. An einem Hang sprangen erschrocken mehrere Rehe hoch, um fluchtartig zwischen den dichtstehenden Bäumen zu verschwinden.
An einigen Stellen lag der Schnee. Er wirkte schmutzig und schimmerte grau auf den grünbraunen Flächen der Weiden, wo im Sommer die Schafe ihre Nahrung fanden. Nach der Geraden ging es wieder bergan. Es begann mit einer scharfen Rechtskurve. Sie lag im Schatten. In der Nähe floß zudem ein Bach vorbei, der viel Feuchtigkeit verbreitete, die sehr leicht bei diesen Temperaturen gefrieren konnte. Der junge Mönch fuhr vorsichtiger. Zum Glück, denn links, am Rand der Fahrbahn, da glitzerte es sehr verdächtig, als hätte jemand kleine, helle Splitter verstreut. Eis…
Nach dieser Kurve wuchsen die Felswände wieder enger zusammen, so daß Clemens das Gefühl hatte, durch einen Tunnel ohne Decke zu fahren. Über seinem Kopf wurde der Himmel noch heller, aber kein Sonnenstrahl überzog das Firmament. Es würde ein düsterer Tag bleiben, der eigentlich mehr in den November paßte als in den Januar. Die Strecke wurde wieder kurvenreich. Allerdings konnte man sie gut durchfahren, und wenn man wie Bruder Clemens seine Maschine beherrschte, dann machte es sogar Spaß. Ihn freute die Fahrerei. Am liebsten hätte er gesungen. Er fühlte sich so herrlich frei, verglich sich mit
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