0250 - Pandoras Botschaft
sie, spürte zuerst den Widerstand, der plötzlich nachgab, und als die Honda umkippte, fiel auch Bruder Clemens.
Er prallte auf den Rücken, wobei er die Honda praktisch unter sich begrub.
Das Krachen, mit dem das Metall über den Asphalt schrammte, machte ihm klar, wie sehr sich seine Lage verschlechtert hatte, denn nun konnte sich die Bestie auf ihn stürzen. Und sie kam.
Er sah sie seitlich. Den Mantel hatte sie weggeschleudert. Wie eine übergroße tote Fledermaus lag er auf der Straße, und dann wuchtete sich Lady X vor.
Daß es eine Finte war, bemerkte der junge Mönch zu spät. Die Blutsaugerin stoppte ihren Sprung, drehte kurz vor Erreichen ihres Gegners ab und trat mit dem rechten Fuß zu. Es war ein Hammertritt, er erwischte den ungedeckten Körper, und der junge Mönch schrie auf. Plötzlich sah er seine Gegnerin nicht mehr, weil vor seinen Augen blutrote Nebel wallten. Einige Stellen seines Körpers fühlten sich an, als wären sie in kochendes Öl getaucht worden. Clemens erlebte die Hölle.
Er hatte den Reißverschluß der Lederjacke zwar geöffnet, doch er kam nicht an sein Kreuz heran. Die Zeit war einfach zu kurz. Er schrie weiter, weinte, und die Tränen verschleierten seinen Blick.
Dennoch wollte er nicht aufgeben, rollte sich um die eigene Achse, und seine rechte Hand suchte nach dem schlichten Holzkreuz. An einem Band hing es um seinen Hals. Es hatte sich in die Haut gegraben, saß ziemlich eng, und er mußte sich höllisch anstrengen, um an diese kleine, aber dennoch sehr wertvolle Waffe heranzukommen.
Pater Clemens wußte nicht, wieviel Zeit vergangen war. Ihm erschien es wie eine Ewigkeit, während er sich über die Straße wälzte, den Schmerz verbiß und versuchte, das eng anliegende Band zu zerreißen.
Es gelang, und er stieß erneut einen Schrei aus, doch diesmal klang er erleichtert. Er breitete die Beine aus, blieb auf dem Rücken liegen, wollte etwas sehen und hob die Hand, die er zur Faust geballt hatte und aus der das Kreuz hervorschaute. Clemens wollte noch eine Gebetsformel hinzusetzen, doch er fühlte sich zu schwach. Nicht ein Wort drang über seine Lippen, und so hoffte er auf die abschreckende Wirkung des Kreuzes.
Er hoffte nicht vergebens.
Lady X sah ein, daß sie einen Fehler begangen hatte. Sie wollte es genießen, den jungen Mann fertigzumachen, und war aus diesem Grunde zu langsam gewesen.
Als sie ihn endlich erreicht hatte, da hielt er ihr das Kreuz entgegen, obwohl ihn der Schmerz fast wahnsinnig machen mußte.
Die Scott zuckte zurück.
Wie alle Vampire haßte sie Kreuze, und aus ihrem Mund drang ein wütendes Knurren.
Für einen Menschen, den Christen, bedeutete das Kreuz den Anfang, die Hoffnung. Für sie als Vampir genau das Gegenteil: die Vernichtung und das Ende. Das alles war der Scott bekannt.
Dennoch lächelte sie, obwohl sich ihr Gesicht verzogen hatte. Und sie zischte dem Mann die nächsten Worte entgegen, als wäre sie eine sprechende Schlange.
»Warte nur, ich kriege dich. Wenn nicht so, dann eben anders!« Ein böses Lachen folgte den Worten, als sie bereits abdrehte und sich der Felswand näherte, die links von ihr in die Höhe wuchs.
Sie führte senkrecht bis in die Scheitelhöhe eines Menschen hoch. Danach wurde sie mehr zu einem Hang, der mit Büschen bedeckt war, die bis an das senkrechte Teilstück heranwuchsen.
Zwischen den Zweigen schimmerte etwas schwarz in einem eigenartigen metallischen Glanz. Der ›Bräutigam‹ der Lady X. Ihre Maschinenpistole!
Man konnte sich Lady X ohne MPi überhaupt nicht vorstellen. Zudem hatte sie etwas, was für Wesen wie sie wohl einmalig war. Lady X besaß für die Maschinenpistole nicht nur normale Bleimantelgeschosse, sondern auch geweihte Silberkugeln.
Leider war dieser Vorrat zu Ende gegangen. Deshalb war sie in die Gegend gekommen, um sich mit neuer Munition einzudecken, damit sie gegen schwarzblütige Feinde mit einer weißmagischen Waffe antworten konnte. Etwas beinahe schon Unglaubliches, aber die Scott liebte nun mal die unglaublichen Dinge, und das machte sie so gefährlich, weil sie immer so handelte, wie es gerade nicht vorauszusehen war. Natürlich konnte sie selbst das geweihte Silber nicht anfassen. Es würde schwierig werden, das Magazin zu laden, aber auch dafür hatte sie schon eine Möglichkeit gefunden. Lady X riß die Waffe aus dem Gebüsch hervor. Ein paar Zweige hakten nach, die sie mit Gewalt entfernte. Jetzt wirbelte sie herum, lachte beißend und legte auf den jungen
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