0251 - Xorron - mein Lebensretter
mich relativ gut hochziehen und erreichte die Tür. Durch die zerstörte Scheibe drangen die Schneekörner, trafen mein erhitztes Gesicht und kühlten es. Mit einer Hand suchte ich nach dem Türverschluß, fand ihn schnell, löste ihn und drückte dann gegen die Tür, um sie aufzustoßen. Sie hakte. Ich wurde blaß, hielt mit meinen Bemühungen inne und nahm einen erneuten Anlauf. Diesmal stemmte ich die Schulter gegen die Innenverkleidung der Tür. Ich merkte, daß sie sich bewegte, der Hoffnungsschimmer wurde heller, noch ein Druck, und dann schwang die Tür tatsächlich nach oben. Sehr schwerfällig, und sie wollte gleich wieder zuknallen, bis sie die Sperre überwunden hatte, die sie hielt.
Das erste Hindernis auf dieser gefährlichen Bahn hatte ich hinter mich gebracht.
Ich zitterte innerlich, warf einen langen Blick nach draußen und sah nur diese tanzende weiße Fläche des Schneegestöbers. Schwach hoben sich dahinter Umrisse ab. Es waren Felsen und schräg laufende Hänge.
Ich befand mich inmitten der Bergwelt und schob meinen Körper weiter über den Sitz an der Beifahrerseite, so daß ich aus dem Fahrzeug klettern konnte. Erst jetzt stellte ich fest, wo der Wagen gelandet war. Glück muß der Mensch haben. Ich hatte Glück, denn ein Stück weiter wäre nichts mehr zu machen gewesen. Drei Schritte entfernt begann ein Abgrund. Der Rover aber war gegen einen hochragenden Felsen geschoben worden, der wie eine Nase in die Höhe stach.
Mir fiel ein Stein vom Herzen. Sekundenlang blieb ich neben dem Fahrzeug hocken und atmete tief durch.
Der Schnee hatte die Welt um mich herum mit einem weißen Leichentuch bedeckt. Alles schimmerte hell. Die Flocken fielen schwer und naß vom grauen Himmel.
Tief hingen die Wolken. Graue Schatten innerhalb der weißen Wand, die meine Sicht zusätzlich erschwerten.
Wo sollte ich hin?
Nach oben, also wieder zurück, konnte ich nicht. Es blieb mir nichts anderes übrig, als den Weg talwärts zu nehmen, ebenfalls durch unbekanntes Gelände, vorausgesetzt, daß der Gegner mich ließ. Damit meinte ich den Adler. Ich stellte mich hin. Das klappte gut. Verletzungen waren nicht festzustellen.
Auch der Schneefall wurde dünner. Wie es beim Regen oft ist, der von einer Minute zur anderen aufhören kann, erlebte ich es hier beim Schnee. Deshalb blieb ich stehen, freute mich, daß die Sicht klarer wurde, und atmete auf, als keine Flocken mehr aus den grauen Wolken dem Boden entgegensanken. Die Luft hatte sich gereinigt. Sie war von einer seltsamen Klarheit, die Wolken verzogen sich, und mein Blick fiel auf eine phantastische Welt.
Eine schweigende schneebedeckte Berglandschaft lag vor mir. Schnee, wohin mein Auge reichte. Die gesamte Landschaft schien in Zuckerwatte eingepackt worden zu sein, aber weiter unten, wo die Täler lagen, da hatte es nicht geschneit, dort sah ich ein grünbraunes Schimmern. Und da mußte ich hin.
Vorausgesetzt natürlich, der Adler würde mich lassen, und das war die große Frage. Ich suchte und sah ihn.
Hoch über mir kreiste ein Vogel. Ob es der Adler war, konnte ich nicht mit Bestimmtheit sagen, ging jedoch davon aus, denn selbst auf diese Entfernung war die große Spannweite seiner Flügel zu erkennen. Ja, das mußte er sein, denn er war der einzige Vogel in der klaren Winterluft. Sofort verschwand meine Siegesfreude wieder. Ich dachte an die erste Auseinandersetzung mit dem Tier und war sicher, daß es eine weitere geben würde. Bis dahin wollte ich einen guten Platz zur Verteidigung gefunden haben, denn hier oben konnte ich nicht bleiben. Zwar lag der Wagen in meiner Nähe, ich hätte auch eine gute Deckung gehabt, aber die Bewegungsfreiheit war zu sehr eingeschränkt.
Ein paar Schritte brachten mich an diese hochstehende Felsnase heran, wo ich die eingedrückte Kühlerschnauze meines Leihwagens deutlich erkannte.
Der Schnee knirschte unter meinen Füßen. Jetzt kam auch wieder Wind auf, er fuhr in mein Gesicht und schnitt wie viele kleine Messer.
Über die Felsnase schaute ich hinweg. Nicht schwindelfreie Menschen hätten Angst bekommen, denn vor mir ging es sehr steil hinab. Da lag eine regelrechte Schlucht, in die konnte ich keinesfalls klettern, und ich wurde an den Fall erinnert, den ich vor kurzem in der Via-Mala erlebt hatte. Da war es ähnlich gefährlich gewesen. An diesem Fleck konnte ich auf keinen Fall stehenbleiben, also mußte ich mir einen anderen Weg suchen. Aber wo?
Es war schwer, ich kannte das Gelände nicht, und ein
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