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0254 - Die Geistersonne

Titel: 0254 - Die Geistersonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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würde es bald ein Gewitter geben.
    Als Andohr die erste Felsspalte erreichte, lehnte er sich gegen den kühlen Stein und versuchte sich über sein weiteres Vorgehen klar zu werden.
    Seit undenklichen Zeiten zogen die Jünglinge des Klans zu dieser Klippe, um die Mannprobe zu bestehen. Nicht alle kehrten zurück, und einige von denen, die zurückgekommen waren, vermochten nichts mehr über ihre Erlebnisse zu berichten; ihr Geist war verwirrt. Diejenigen aber, die die Probe bestanden, beschränkten sich auf geheimnisvolle Andeutungen und entschuldigten ihre Wortkargheit damit, daß die Geister ihnen über einige Dinge Schweigen auferlegt hätten.
    Nur soviel schien festzustehen, daß der auserwählte Jüngling den Eingang ins Innere der Klippe finden mußte - den richtigen Eingang. Bis auf einen sollten alle Wege ins Verderben führen. Nur wer den einen richtigen Weg fand, dürfe einen Blick auf das Große Geheimnis werfen.
    Andohr lachte voller Bitterkeit.
    Woher sollte er wissen, welches der richtige Eingang war ...?
    Er wandte sich ab und begann höher zu steigen. Von Wind und Regen abgerundete, glitschige Felsblöcke ließen seinen Fuß mehr als einmal ausgleiten. Kein erfrischender Wind kühlte und belebte ihn. Sein Körper dampfte, als er die nächste Öffnung erreichte.
    Mit zusammengekniffenen Augen starrte er in die finstere Höhle.
    Der Eingang war oval. Andohr duckte sich und tat einen entschlossenen Schritt in das Loch. Zögernd verhielt er wieder. Er drehte den Kopf und versuchte, etwas von der Umgebung der Geisterklippe zu erblicken. Doch die Dunkelheit war undurchdringlich. Nicht ein Stern leuchtete mehr. Von ferne drangen die vielfältigen und vertrauten Geräusche des Dschungels an Andohrs Ohr und vermischten sich mit den geheimnisvollen Lauten des Stromes.
    Plötzlich sträubte sich sein Nackenhaar.
    Vor ihm, in den Tiefen der Höhle, war ein Geräusch wie eine klagende Stimme gewesen!
    Andohr begann zu zittern. Er stieß das Lanzenschwert blindlings in die Öffnung hinein, traf aber auf keinen Widerstand. Mit gekrümmtem Rücken ging er einen Schritt zurück.
    Und wieder erscholl die traurige Stimme!
    Andohr atmete heftig und keuchend. Am liebsten wäre er davongelaufen. Doch die unverständliche Stimme erschreckte ihn nicht nur, sie zog ihn zugleich an.
    Langsam faßte er wieder Mut. Er richtete sich auf und schritt tiefer in die Höhle hinein. Das Lanzenschwert hielt er schräg vor Brust und Kopf. Eine sanfte Neigung des Ganges führte ihn abwärts. Von unten schlug ihm erschauernde Kühle entgegen. Die Stimme war längst verstummt.
    Jählings stockte Andohrs Schritt. Er brauchte einige Zeit, um zu ergründen, was ihn zum plötzlichen Halt veranlaßt hatte: das Echo der klatschenden Geräusche, die seine nackten Sohlen auf dem feuchten Fels verursachten! Es war von einem Augenblick zum anderen verändert gewesen, so, als wäre er von einem engen Gang unvermittelt in eine gewaltige Halle getreten!
    Andohrs Geist hatte diese Erkenntnis noch nicht verarbeitet, als eine mattschimmernde Wolke aus dem Nichts auftauchte und ihn einhüllte.
    Vor seinen Augen erstand plötzlich eine andere Welt - eine Welt, die ihm logischerweise unwirklich erscheinen mußte, da er seine, Andohrs Welt, für die einzige Realität hielt.
    Die erste Phase des geistigen Duells ging an die Gemeinschaftsintelligenz ...
    „Fort!" murmelte Gucky, „Kein Kontakt mehr!"
    Baar Lun kraulte den Mausbiber geistesabwesend zwischen den Ohren. Er versuchte, beruhigend zu lächeln, als er sagte: „Immerhin ist es ein großer Erfolg, daß du zum zweitenmal Kontakt bekommen hast."
    „Ja!" Guckys Stimme sank zu einem Flüstern herab. „Wenn es wirklich der Chef war, dessen Gedankeninhalt ich auffangen konnte ..."
    „Wenn es wirklich ..." Der Modul stockte und blickte den Mausbiber zweifelnd an. „Aber du mußt doch wissen, ob es der Großadministrator war oder ein anderer!"
    Gucky schien zu schrumpfen. Seine Augen blickten glanzlos auf den Boden.
    „Ich bin mir nicht sicher, Baar", antwortete er kläglich. „Das Gehirnwellenmuster könnte stimmen, auch wenn es durch andere Impulse gestört und überlagert war. Aber der Gedankeninhalt ...!"
    Der Mausbiber seufzte. „Perry, wenn es Perry war, glaubt fest daran, ein anderer zu sein. Es hat irgendwo mit einer Klippe und einer Höhle und Geistern zu tun. Der Chef hält das für wirklich und die Wirklichkeit für eine Halluzination."
    Baar Lun riß den Mausbiber unsanft an der Schulter zu

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