0255 - Die Gefangene der Teufelsinsel
schuld?
Ja, er drang in die schwarzhaarige Frau ein. Ihre Poren schienen sich geöffnet zu haben, sie wurden frei, um diesen Duft aufzunehmen, der ihre Kräfte ausschaltete.
Schwäche übermannte sie.
Für einen Moment packte Kara der Schwindel, und sie hatte auch Angst, daß sie es nicht mehr schaffen würde, denn die Strecke nach oben kam ihr plötzlich ungeheuer weit vor.
Was tun?
Es zeugte von Karas eisernem Willen, daß sie es trotzdem versuchte und nicht aufgab. Wenn sie sich in diesen Augenblicken gehenließ, dann war sie verloren.
Also weitermachen. Kara begann zu klettern.
Sie hatte noch einmal ihre Kräfte mobilisiert, versuchte, den Duft zu ignorieren, und konzentrierte sich voll und ganz auf ihr Ziel, für das sie so gekämpft hatte.
Und Kara gelang es, höher zu kommen. Sie krallte sich mit beiden Händen an der gummiartigen, harten Masse im Stamminnern fest, und es gelang ihr tatsächlich, Höhe zu gewinnen.
Für die Schöne aus dem Totenreich wurde der Rückweg zu einer ungeheuren Strapaze. Sie hatte so etwas noch nie erlebt. Wenigstens konnte sie sich nicht daran erinnern, und auch das Gewicht der Steine begann sie zu spüren.
Die schweren Tafeln zogen und zerrten. Sie trugen dazu bei, daß der Rückweg noch länger dauerte.
Verbissen kletterte Kara weiter. Auf ihrem Gesicht zeichnete sich die Anstrengung ab. Sie hatte den Kopf in den Nacken gelegt, schaute nach oben und sah dort die Öffnung. Sie kam ihr lebensrettend vor, nur diese Öffnung sah sie, und sie wußte, daß sie diese erreichen mußte, wollte sie nicht alles verlieren.
Und so kämpfte sie um jeden Zentimeter, gab nicht auf, obwohl sie am liebsten wieder zurückgekehrt wäre.
Wie hätte sie auch denken können, daß es so einfach war, an die Tafeln zu gelangen! Vor den Erfolg hatten die Götter den Schweiß gesetzt. In ihrem Fall stimmte es ganz besonders.
Da waren andere Kräfte, die sie einfach nicht zu ihrem Ziel lassen wollten.
Mehr als die doppelte Zeit brauchte Kara. Die Öffnung schien nicht näher zu rücken. Aus Karas weit aufgerissenem Mund drangen stöhnende Laute, und sie spielte sogar mit dem Gedanken, die Tafeln einfach fallen zu lassen, damit sie es leichter hatte, denn die Rettung ihres Lebens war ihr wichtiger.
Dann überwand sie den inneren Schweinehund und machte weiter. Sie konnte jetzt einfach nicht aufgeben. Zu sehr hatten Myxin und sie nach diesen Tafeln gesucht und geforscht.
Zum Glück war sie nicht abgerutscht. Das hatte Kara immer vermeiden können, und was sie kaum für möglich gehalten hatte, trat dennoch ein.
Sie schaffte den Weg.
Als sie wieder nach oben schaute, sah sie die Öffnung dicht vor sich.
Und wie für eine Rettung geeignet, hingen über den Rand die seltsamen Zweige nach unten.
Zwei waren es.
Da sie dicht nebeneinander hingen, gelang es Kara, die beiden mit einer Hand zu fassen, sich festzuklammern und sich dann in die Höhe zu ziehen.
Die Zweige hielten.
Kara atmete auf, denn der betäubende Duft blieb hinter ihr zurück.
Gleichzeitig hörte sie etwas anderes.
Ein gefährliches Rauschen und Klatschen. Für sie ein Alarmzeichen. Die Insel sank immer weiter, und das Meer würde sie fressen. Doch Kara war zu erschöpft, um dieser Tatsache Rechnung zu tragen und sich umzudrehen. Sie konnte es nicht, warf keinen Blick über die Insel und blieb auf dem Bauch liegen, schweratmend und sich nur allmählich erholend, wobei die Tafeln rechts und links gegen ihre Haut drückten.
Wie der Vogel in einem fremden Nest kam sich Kara vor. Völlig entkräftet, allein, umgeben von Gefahren. Aber sie hatte die Tafeln, und dieses eine Ziel lohnte all die Mühen und Strapazen, die sie auf sich genommen hatte.
Endlich war das Mittel gegen den Todesnebel gefunden, falls die alten Prophezeiungen recht behielten.
Kara lag auf dem Wirrwarr von Ästen und Zweigen. Sie durfte sich nicht lange ausruhen. Zudem hörte sie nach wie vor das Rauschen des Wassers. Es verschlang die Insel immer mehr. Es würde sicherlich nur noch Minuten dauern, bis es auch den Baum erreicht hatte.
Die Schöne aus dem Totenreich mußte sich beeilen. Bevor sie ihren Körper in die Höhe drückte, spürte sie etwas unter sich. Dort bewegten sich die Äste und Zweige. Der Wirrwarr wurde nachgiebig. Er federte jetzt stärker, und Kara bekam ein ungutes Gefühl.
Der Schlangenbaum, das stellte sie in den nächsten Sekunden fest, trug seinen Namen nicht zu Unrecht. Eine kalte Hand schien ihr Herz zu umklammern.. Die Augen
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