0255 - Dynamit für Bohrturm 3
wäre im Begriff, ihn in Stücke zu zerlegen. Harry schlug wie ein Berserker, und Phil ging rückwärts, schlug seinerseits nicht ein Viertel zurück und schien verloren. In Wirklichkeit pendelte er die Hälfte von Harrys Hieben aus und blockte die andere Hälfte ab, während praktisch jeder Schlag, den er losließ, den Gangster traf.
Jack raffte sich vom Tisch auf. Wir starrten uns in die Augen. Das Gesicht des Gangsters hatte die steinerne Ruhe verloren. Es war verzerrt. Blut lief ihm aus der Nase.
Ich beobachtete genau seine Hände. Er ballte sie zu Fäusten.
»Warte, du…«, knurrte er, stieß sich ab und griff an.
Ich ging nicht besonders schonungsvoll mit einem Mann um, der mich unter einen Lastwagen schickte und gleichzeitig eine Bombe darunter deponierte. Ich holte den Gangster aus den Schuhen.
Wer bei einem Kampf kalt genug bleibt, um den Gegner zu beobachten, erkennt genau den Augenblick, in dem dem anderen bewusst wird, dass er nicht mehr gewinnen kann. Wie immer er sein Gesicht zu einer Maske der Kampfentschlossenheit, der Wut, des Vernichtungswillens verzerren mag, in seinen Augen taucht der Ausdruck der Hoffnungslosigkeit auf. Von dieser Sekunde an wird sein Gehirn nicht mehr von dem Willen zum Sieg, sondern von der krampfhaften Suche nach einem Ausweg aus der Niederlage beherrscht sein.
Auch Jack packte die Verzweiflung. Er versuchte, Distanz zwischen uns zu bringen. Er rang nach einer Atempause, nach einer Unterbrechung von zwei Sekunden in dem Schlaghagel, den ich auf ihn niederprasseln ließ; zwei Sekunden, die ihm genügen mochten, um den Griff seiner Pistole in die Hand zu bekommen.
Ich ließ sie ihm nicht. Als ich glaubte, dass er genug hätte, beendete ich die Auseinandersetzung mit einem Haken an den Kinnwinkel.
Er wurde zwei Schritte nach hinten geworfen, drehte sich halb um seine Achse, warf die Arme vor, um sich an der Theke zu halten, bis zu der wir uns inzwischen hingeboxt hatten, besaß aber keine Kraft mehr und sackte an der Thekenwand entlang bis auf die Knie.
Er war hart genug, um nicht endgültig zu Boden zu gehen. Immer noch war ein Funken Verstand in seinem Gehirn. Er blieb in der Stellung, als wäre er völlig vernichtet, aber ich sah, wie seine Hand sich langsam nach oben in Richtung auf seine Brust bewegte.
Ich zog die Pistole.
»Lass deine Kanone stecken, Jack«, sagte ich ruhig.
Er hob mit Anstrengung den Kopf. Auch vor dem Kampf war er gerade kein schöner Mann gewesen, jetzt sah er geradezu beängstigend aus.
»Ich knall dich ab!«, knirschte er.
»Na, los! Versuch’s! Ich habe den Finger am Drücker!«
Er probierte seine zerschlagenen Lippen zu einem Grinsen zu verziehen.
»Meinst du, ich hätte Angst vor dem Spielzeug?« Seine Hand wanderte höher.
»Wenn du keine Angst hast, dann zieh deine Pistole!«
»Am Ende ist das Ding nicht mal geladen«, stieß er hervor, aber seine Hand blieb auf der gleichen Höhe.
»Probiere es doch aus!«
Ein paar Herzschläge lang starrten wir uns an. Dann kam Jacks Zusammenbruch.
»Was willst du von mir?«, schrie er, aber in seiner Stimme lag Angst.
»Zunächst einmal, dass du die Arme hochnimmst!«
Er zögerte nicht mehr. Er richtete sich bis zu den Knien auf, dann krochen seine Arme in die Höhe. Ich tat die drei Schritte, die uns trennten, griff zu und angelte eine schwere Luger aus seinem Schulterhalfter.
***
Während dieser Zeit war hinter meinem Rücken der Kampf zwischen Phil und Harry weitergegangen. Harry schnaufte bereits wie ein asthmatisches Nilpferd. Phil lächelte immer noch und vereitelte die wütenden Attacken des Gangsters mit der gleichen leichten Eleganz wie in der ersten Minute des Gefechtes. Dann, Sekunden nach Jacks Kapitulation, brüllte Harry auf. Phil war das Kunststück gelungen, den Gangster bis an die Wand zu locken. Dann war er unter einem wuchtigen Haken weggetaucht; und Harry hatte krachend die eigene Faust gegen die Mauer geschmettert.
Phil nutzte die Gunst des Augenblicks. Seine zischende Rechte traf ihr Ziel. Harry blickte einen Augenblick lang maßlos dämlich aus der Wäsche, schloss dann langsam die Augen und kippte steif wie ein Pfahl um.
Ich sah mich im Raum um. »Wo ist der Keeper?«
»Hier, Mister«, antwortete eine verschreckte Stimme. Der Mann tauchte hinter der Theke auf.
»Schließ den Laden ab! Für das, was jetzt kommt, brauchen wir keine Zuschauer.«
Er gehorchte diensteifrig wie der Butler eines englischen Lords. Ich jagte den Burschen wieder hinter seine Theke
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