0257a - Der Tod lud sie zum Whisky ein
befördern. Komm morgen früh wieder, wenn du Henry sprechen willst«, knurrte er.
»Die Mühe kannst du dir sparen«, entgegnete ich seelenruhig und zückte meinen Ausweis. Ich hielt ihn Salisbury unter die triefende Hakennase. Der Bursche war offenbar so betrunken, dass er sich selbst nicht mehr kannte. Sein Mund öffhete sich zu einem ungläubigen Staunen.
»Ach, Sie kennen mich?«
Ich nickte nur.
»Na, Henry, willst du dich nicht ein paar Minuten mit mir unterhalten?«, fragte ich sanft.
»Well, Mister G-man, kommen Sie herein«, brummelte er, obwohl ich schon in seiner Wohnung war. Er ließ mich in ein Wohnzimmer, das vor dreißig Jahren eingerichtet worden war. Es gab eine Menge Möbel mit Verzierungen auf krummen Beinen. Auf dem Tisch lag eine gehäkelte Decke mit Fransen. Auf einem abgegriffenem Tablett stand eine Flasche mit billigem Alkohol, daneben ein Becher, der noch zu einem Drittel gefüllt war.
Salisbury bot mir Platz auf einem brüchigen Stuhl an. Ich setzte mich mit der Fertigkeit eines Artisten auf die Vorderkante.
»Was zu trinken?«, fragte Salisbury und blinzelte mich an.
»Danke, ich bin im Dienst«, sagte ich. Es fiel mir nicht schwer, in diesem Fall zu verzichten.
»Also, G-man, was ist los?«, fragte er. Henry hockte sich auf einen ebenso wackeligen Stuhl, der wie eine Nussschale im Orkan hin und her schwankte. Seine starke behaarte Hand fuhr über die buschigen Augenbrauen und strich dann über die Glatze.
»Wo treibt sich Pete der Krummfinger rum?«, fragte ich.
»Von wem sprechen Sie?«, fragte er und hob seine rechte Augenbraue.
»Von Pete. Den du sehr gut kennst.«
»Ach so - leider.« Er rieb sich das Kinn.
»Wo treibt sich Pete rum?«
»G-man, ich bin ahnungsloser als ein unschuldiges Kind«, wimmerte er, »fragen Sie mich nicht nach Pete.«
»Du hast uns die letzte Information vor einem halben Jahr geliefert, Henry. Sollen wir dich aus unseren Akten streichen?«
»Mister G-man, das ist so«, holte er zu einer großen Erklärung aus. Aber ich schnitt ihm das Wort ab: »In Ordnung, niemand hat dich gezwungen, bei uns als V-Mann zu arbeiten. Niemand. Und wenn du keine Lust mehr hast, dann ist das deine Sache.«
Ich stand auf und machte Anstalten zu gehen. Er sprang ebenfalls von seinem Wackelgestell auf.
»So ist das nicht, G-man. Nur im Falle von Pete…«
Ich verstand. Dieser Gangster hatte unseren V-Mann umgedreht. Henry Salisbury spionierte jetzt für Pete.
»Okay«, sagte ich, »also für uns existierst du nicht mehr. Ich gebe dir nur noch den guten Rat: lass dir nichts zuschulden kommen, Henry, bleib ein anständiger Bürger.«
Ich ging zur Tür. Er kam mir nach und zerrte an meinem Ärmel.
»He, Mister G-man. Was soll ich gegen Pete machen? Er hat seine Gorillas und ich?«, wimmerte Salisbury.
»So, hat Pete sich selbstständig gemacht?«
»Ja, der Laden läuft.«
»Wo?«
»Jollies Bar, 10th Street West.«
»Okay, Henry. Ich lasse von mir hören.«
Ich verließ die Wohnung und ging durch das Treppenhaus. Hinter mir schlug eine Tür zu. Als ich auf die Straße trat, lief mir das Girl wieder über den Weg. Es war nicht schwer zu erraten, dass sie mir auflauerte.
»Na, hat er dich rausgeworfen?«, piepste sie.
»Du hat recht, Kindchen. Er ist ein unzugänglicher Patron. Und dazu noch voll wie eine Haubitze.«
Sie gurrte wie eine Taube.
»Komm, wir trinken einen Whisky im Eve«, zwitscherte sie, Ohne eine Antwort abzuwarten, hängte sie sich in meinen Arm. Wir gingen fünf, sechs Schritt gemeinsam über das Straßenpflaster.
Mit einem Ruck blieb ich stehen.
»Es geht nicht, Kindchen, Frau und Kinder warten zu Hause auf mich«, erklärte ich. Dies ist oft die wirksamste Waffe gegen allzu aufdringliche Frauen. Männer, die an Frau und Kinder denken, sind keine guten Gesprächspartner für die Mädchen im Village.
Sie versuchte, mich über die Straße zu schleppen. Wahrscheinlich vermutete sie in meiner Brieftasche ein ganzes Dollarsortiment.
Ich schüttelte das Girl ab und machte mich auf die Socken. In der Nähe befand sich eine Telefonzelle, die ich aufsuche. Ich warf zwei Nickel ein und wählte unsere Nummer LE-57700.
***
Phil Decker schaukelte im Leichenwagen nach Queens hinüber. Das Hospital lag an der Hemstead Avenue, hart an der Grenze nach Nassau.
Nach einer Stunde stoppte der Wagen des Bellevue-Hospitals vor dem Tor des Leichenschauhauses.
Phil ging zur Pforte des Hospitals und presste seinen Ausweis gegen die Glasscheibe. Die
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