0257a - Der Tod lud sie zum Whisky ein
Gepäck soll noch nachkommen mit einer anderen Maschine«, erklärte Halifax.
»Und das Handgepäck haben Sie nicht kontrolliert?«, fragte ich.
»Doch. Er enthielt das Übliche: Pyjama, Kosmetiktasche, Reisenecessaire und einen Kriminalroman, den die Girls gewöhnlich vor dem Zubettgehen lesen«, erklärte Halifax.
»Und kein Heroin?«, fragte Phil.
»Bitte - was?«, knurrte Halifax. Er glaubte an einen billigen Scherz.
»Ja, Heroin«, wiederholte ich, »denn das wäre nicht der erste Koffer mit doppeltem Boden, Mister Halifax.«
»Wie kommen Sie auf Heroin?«, fragte Mister Beam überrascht.
»Interpol Paris gab uns vor einer Dreiviertelstunde den Tipp. Und die Leute an der Seine müssen Beweise gehabt haben.«
Beam schnappte nach Luft, während Halifax mit dem Zeigefinger der rechten Hand hinter den Kragen fasste. Der Agent interessierte sich nicht für meine Vorlesungen über den Heroinschmuggel. Er war noch zu sehr mit dem Verschwinden von Eve Sunward beschäftigt.
»Miss Zakir ist im Hotel Park Chambers untergebracht. Das ist keine fünf Minuten von hier«, sagte Halifax.
»Und?«, fragte Phil.
»Man könnte doch einmal…« stotterte der Zollboss.
»Das lassen Sie mal unsere Sorge sein«, schaltete ich mich ein und sprang auf. Phil machte sich ebenfalls startbereit. Wir verabschiedeten uns und verließen das Zollgebäude.
»Ich hoffe, du hast im Voraus geschlafen und dich auf einen Nonstopdienst eingerichtet«, sagte ich, als wir in den Wagen kletterten.
Ich startete den Motor. Wir preschten los.
***
Der Hotelboy stellte das Handgepäck auf den kostbaren Perserteppich, durchquerte den Raum und schaltete das Fernsehgerät ein. Das machen alle Hotelboys in New York so.
Dann strich er an Miss Zakir vorbei, um das Trinkgeld in Empfang zu nehmen.
Mit einem scheuen Blick auf die klassische Schönheit verabschiedete er sich.
Miss Zakir legte ihre Jacke ab und sah sich im Zweiraum-Appartement um. Sie schlüpfte aus ihren hochhackigen Pumps und trippelte ins Bad. Es war grün gekachelt, die Wanne schwarz. Helen Zakir drehte den Warmwasserhahn auf. Dann ging sie zurück zum Wohnraum, der mit einem runden Tisch, vier schweren Sesseln und verschiedenen Stilmöbeln aus dem 19. Jahrhundert ausgestattet war. In der Ecke stand ein Sekretär.
Das Girl bückte sich und hob das Handgepäckstück auf. Sie presste es an sich und ging damit in den angrenzenden Raum. Hier warf sie den Koffer aufs Bett.
Neben diesem Möbelstück aus dem 19. Jahrhundert stand ein elfenbeinfarbenes Telefon. An der Schnur baumelte eine Speisekarte. Das Girl griff nach der Karte. Dann nahm es den Hörer ab und bestellte ein Menü.
Als sie das erledigt hatte, tänzelte Helen Zakir durch den Schlafraum und trällerte ein griechisches Volkslied. Plötzlich entwickelte sie eine geschäftige Hast. Sie trippelte ins Badezimmer, prüfte die Wassertemperatur. Dann stürzte sie zum Sekretär. Sie riss einen Briefbogen mit dem Aufdruck des Hotels aus dem Fach. Gleichzeitig nahm sie den vergoldeten Federhalter aus der Elfenbeinschale.
Es klopfte. Und ohne die Antwort abzuwarten, trat ein junger Mann ein und drehte den Schlüssel sofort um.
Er trug einen elegant geschnittenen Anzug, der gut seine dreihundert Dollar gekostet hatte. Die Krawatte war auffallend gemustert mit einem springenden Pferd. Aus seinen Ärmeln ragten Manschettenknöpfe. Sie waren in der Auslage des Juweliers bestimmt mit vierhundert Dollar versichert gewesen. Die Füße des Mannes steckten in eleganten, spitzen Schuhen. Das Haar war mit Pomade auf den Schädel geklatscht.
Über den starken Backenknochen saß eine niedrige Stirn mit Bürstenhaarschnitt.
Helen Zakir wurde weiß wie eine Kalkwand.
»Hast du einen guten Flug gehabt?«
»Ja«, antwortete das Mädchen.
»Etwas Besonderes?«
»Nein, alles in Ordnung.«
»Dann können wir ja zur Begrüßung einen Whisky trinken und dann wirst du mir die Neuigkeiten aus Paris erzählen.«
Der Mann zog aus seiner Tasche eine Flasche, drehte den Verschluss auf. Helen Zakir brachte zwei Gläser, die auf einem Tablett auf dem Sideboard standen, und setzte sich in den großen Sessel. Während der Mann den Whisky eingoss, berichtete das Mädchen über die Organisation in Paris. Schweigend hörte der Mann zu.
In einem Zug trank er den Whisky aus. Dann stellte er ein paar Fragen, die das Mädchen zögernd beantwortete.
»Wo sind die Grüße von Roger?«
Das Mädchen schaute ihn verständnislos an.
»Den Brief meine ich,
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