0259 - Messalinas Höllentrank
stellte die Halunken jedoch vor unlösbare Probleme. Gewaltsam zwang sich Sandra Jamis, ihren kühlen Kopf zu bewahren, während sich ihr schlanker Körper drehte, um dem Bevorstehenden zu entgehen. Beiläufig nahm sie wahr, daß Valeria der Schande nicht entgangen war. Das heilige Feuer der Vesta war entehrt. Nur der Tod konnte diese Schmach auslöschen.
Die Verzweiflung niederkämpfend entsann sich Sandra Jamis ihrer Selbstverteidigungskünste. Die Arme hielt der Mann hinter ihr wie mit Stahlklammem - aber sie hatte noch die Beine.
Sandra Jamis nahm Maß - und trat zu.
Gurgelnd wälzten sich zwei der Halunken im Dreck der Straße. Für die nächste Zeit kamen sie als Gegner nicht mehr in Betracht.
»Na, warte! Ich werde dich…!« schnaufte der Mann hinter ihr. Und dann machte er den Fehler, Sandras Arme loszulassen, um ihren Körper zu fassen und zu Boden zu reißen. Dieser kurze Augenblick genügte dem Mädchen. Geschickt schlüpfte sie unter den zupackenden Fäusten hindurch. Und dann zeigte sie, was sie im Karatekurs gelernt hatte. Über den zusammenbrechenden Gegner hinweg sprang Sandra Jamis die beiden Männer an, die Valeria in ihrer Gewalt hatten.
Sandra Jamis sah rot. Wer mit einem Mädchen so etwas tat, konnte bei ihr nicht auf Schonung rechnen.
Es knallte einige Male, als Sandra Jamis alle Kraft in einige gut plazierte Schläge legte.
Dann versuchte sie, die hemmungslos schluchzende Valeria hochzuheben.
»Komm!« drängte sie. »Wir müssen weg, ehe sie erwachen!«
»Ja, wir müssen fort!« nickte die Vestalin unter Tränen. »Fort aus Rom. Denn der Senat fragt nicht danach, aus welchen Gründen ich meine Unberührtheit verloren habe. Wenn es mir nicht gelingt, aus Rom zu fliehen, bin ich verloren!«
»Aber du kannst doch nichts dafür…« versuchte Sandra Jamis, die Freundin zu trösten. »Ich werde dem Senat…«
In diesem Moment drang Lärm und Waffengeklirr näher. Augenblicke später waren sie eingekreist von Soldaten der Prätorianergarde. Eine ältere Frau in blendend weißem Gewand drängte sich vor.
»Valeria!« sagte sie streng. Nur dieses eine Wort - und in diesem Wort war die gnadenlose Härte des Todes zu spüren.
»Vibidia!« hauchte das Mädchen. »Vibidia, die oberste Priesterin der Vesta. Nun ist alles aus… !«
»Nehmt die Verbrecher gefangen. Sie sterben, wie es das alte Gesetz vorschreibt. Und auch sie wird den Tod erleiden, wie er in den Tagen der Väter Brauch war.«
Der dürre Finger der Vestalin wies auf Valeria. Aus den Augen sprühte gnadenlose Härte.
»Was bedeutet das? Was werden sie mit dir tun?« fragte Sandra.
»Sie werden… sie werden draußen vor der Stadt diese Männer zu Tode peitschen. Und mich…« Für einen Moment erstickte ihre Stimme in heftigem Schluchzen, »mich werden sie dann in ein Grab lebendig einmauern… !«
***
»Hier! Trinke den Trank, der dir Stärkung verleiht, mein starker Barbar aus dem Norden!« hörte Michael Ullich die einschmeichelnde Stimme der Kaiserin. Sie hatte ihn ganz offiziell zu ihrem Leibwächter gemacht. Der herkulische Neger, der diesen Posten vorher bekleidete, warf Michael Ullich vielsagende Blicke zu, als er sich mit mehreren Verbeugungen verabschiedete, »Was ist das für ein Gebräu?« fragte Ullich, als er sah, daß ihm aus der kelchartigen Goldschale schwefelgelber Dampf entgegendrang.
»Nenne es Lethe, das Wasser des Vergessens!« erklärte Messalina. »Alle meine Freunde haben davon getrunken. Es führt sie mit mir zusammen. Trink! -Oder sollen dich meine Sklaven zwingen, ihn zu trinken?«
»Nur, wenn du ihnen Gelegenheit gibst, vorher ihre Knochen zu numerieren!« lachte Ullich. »Aber warum sollen sich die armen Kerle mit mir rumprügeln? Ich brauche keinen Stärkungstrank, um dir das zu geben, nach dem du verlangst, Messalina!«
»Trinke ihn dennoch - mir zuliebe!« hauchte die Kaiserin und schob ihren spärlich bekleideten Körper näher. »Alle haben ihn getrunken. Es ist kein Gift. Er schadet dir nicht!«
Achselzuckend hob Michael Ullich den Becher. Er wußte genau, daß ihn Messalina tatsächlich zwingen konnte, den Inhalt zu trinken. Vorhin hatte er festgestellt, daß die Kaiserin sehr grausam sein konnte, wenn sie ihren Willen durchsetzen wollte.
Michael Ullich war dabei gewesen, als man der Kaiserin meldete, daß die stadtbekannte Hexe endlich dingfest gemacht worden war.
Der Junge wußte nicht, daß die in der gewölbten Kammer auf die Folterbank gespannte Frau die Hexe Locusta war, die
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