026 - Bote des Grauens
um das Mädchen verwöhnen zu können. Vor ihm lag eine glückliche Zukunft!
Evanston kam herein und ließ sich auf dem Stuhl neben dem Bett nieder. Er sah müde aus. „Das ist mein Los, Clay. Ich verdiene mehr Geld, als ich ausgeben kann und habe nie Zeit, auch nur etwas davon in Ruhe an den Mann zu bringen.“
„Aber dafür haben Sie doch die Befriedigung, anderen zu helfen, nicht wahr?“ erinnerte ihn Clay.
„Ja, sicher. Leben zu retten und Menschen die Freude am Leben wiederzugeben, ist wirklich eine beglückende Entschädigung. Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass ich in den vergangenen vier Jahren Hunderten geholfen habe. Aber ein Wunderdoktor zu sein, hat eben doch seine Schattenseite. Seit Ewigkeiten verspreche ich meiner Frau schon, eine Weltreise mit ihr zu machen. Doch wer weiß, vielleicht klappt es bald einmal? Wenn meine Zellenkatalysatorbehandlung hält. was sie verspricht, beschäftige ich mich nur noch mit ihr und überlasse meine Praxis einem Stellvertreter. Doch genug davon. Wie fühlen Sie sich?“
„Wohl wie nie!“ Clay strahlte.
Evanston schlug die Bettdecke zurück und untersuchte das Bein. Stolz auf den Erfolg, veranlasste er Clay, verschiedene Bewegungen damit auszuführen, während er sein Gesicht aufmerksam beobachtete.
„Bravo“, lobte er schließlich. „In einer Woche oder so, können Sie wieder Rollschuh laufen oder tanzen, und nach einem Monat die höchsten Berge erklimmen.“
„Herr Doktor …“
„Ja?“
„Glauben Sie, es wäre möglich – ich meine, vielleicht – dass ich wieder ein Flugzeug führen kann?“
„Aber, mein Junge, ich glaube es nicht, ich weiß es. Ihren Augen fehlt doch nichts und Ihre Reaktionsfähigkeit ist ja bestimmt ebenfalls in Ordnung, oder?“
„Das schon, aber mein Bein …“
„Das erst recht.“
Clay war fast schwindlig vor Freude. Wieder fliegen zu dürfen. Die Wolken zu durchstoßen und die starken Motoren dröhnen zu hören!
„Übrigens, ich habe der Presse einen kleinen Tip über den Erfolg der Behandlung gegeben. Ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus.“ Er blickte Clay fragend an.
„Aber nein, durchaus nicht, es ist ja Ihr Erfolg!“
„Die Times hat eine Akte über Sie von den Kanadiern angefordert und erhalten. Man brachte Ihre Story ganz groß heraus. Fünf Flugzeugabschüsse! Drei davon waren Bomber, nicht wahr? Ich werde Ihnen eine Zeitung bringen lassen. Hätten Sie sonst noch gern irgendetwas?“
Clay seufzte. „Nichts, was Sie mir besorgen könnten.“
„Aha, das Mädchen, hm?“
„Ja.“
„Etwas schwierig, da Sie weder ihre Adresse, noch ihren Familiennamen kennen. Aber Sie werden sie schon finden, wenn Sie erst wieder herumlaufen können. Also, dann bis morgen.“
„Überarbeiten Sie sich nur nicht“, rief Clay ihm nach.
Er war außer sich vor Freude. Wieder fliegen zu dürfen! Dabei hatte man ihn schon aufgegeben gehabt! Aber woher sollten die Militärärzte auch etwas von Dr. Evanston wissen?
„Herein“, rief er, als es klopfte. Sicher die Schwester mit der Zeitung, die der Arzt ihm schicken wollte.
Jemand huschte im Halbschatten der Dämmerung an sein Bett. Clay streckte die Finger nach der Zeitung aus, stattdessen schob sich eine sanfte Hand in die seine.
Der elektrische Schock dieser Berührung konnte nur eines bedeuten. Aber – das war doch nicht möglich!
„Laura!“
Wenn sie bis jetzt befürchtet hatte, sie sei für ihn nur eine unglückliche Episode gewesen, dann wurde sie nun vom Gegenteil überzeugt. Denn das atemlose Staunen, die unbeschreibliche Freude, die dieser Ausruf verriet, sagten ihr mehr als eine wortreiche Liebesbeteuerung.
Zärtlich hielt sie seine Hand fest und setzte sich neben ihn. In der zunehmenden Dämmerung sah er Freudentränen in ihren Augen glänzen.
Laura!
„Ich hatte solche Angst, du seiest tot. Ich konnte nicht glauben, dass du einfach wegbleiben würdest.“
„Am nächsten Morgen kam ich schon hierher“, erklärte ihr Clay. „Ich wusste nicht, wie ich dich benachrichtigen könnte.“ Er blickte sie zärtlich an.
„Zwei Tage habe ich auf dich gewartet. Ich lief in den Park, und als du nicht kamst, fragte ich überall herum, wo du wohnst. Dann habe ich deine Zimmerwirtin gefunden, aber sie sagte, du hättest ihr nicht verraten, wohin du gehst.“
„Ich bin ein Egoist.“
„Nein. Ich verstehe das vielleicht besser als du selbst. Meine Mutter … doch sprechen wir lieber nicht von ihr.“
„Aber wir müssen. Sie wird dir nie erlauben
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