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026 - Das Totenhaus der Lady Florence

026 - Das Totenhaus der Lady Florence

Titel: 026 - Das Totenhaus der Lady Florence Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Brent
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Einfahrt des Friedhofes. Es war fast siebzehn Uhr. Doch es
war so dunkel wie in der Nacht. Eine dichte Wolkendecke lag über den
Moorgebieten von Cornwall, Devon und Dartmoor, und der dichte Nebel wollte
heute gar nicht weichen. Im Gegenteil, er wurde immer stärker.
    Hiram Short stellte sein Fahrrad an die Friedhofsmauer. Er tat dies nicht
sorgfältig genug, so dass das Vorderrad wegrutschte und das Fahrrad scheppernd
zu Boden fiel. Der Totengräber wandte sich nicht einmal um, sondern hetzte über
den Kiesweg. Die einsame Kapelle zwischen den Zypressen und Trauerweiden war
nur schemenhaft zu erkennen.
    Keuchend kam Hiram Short am Wohntrakt an. Alle Fenster waren dunkel. Doch
der Pfarrer musste da sein. Wenn er nicht in seiner Wohnung war, dann hielt er
sich vielleicht in der Kapelle auf.
    Der Totengräber hörte ferne, knirschende Schritte auf dem Kiesboden. Jemand
war in seiner Nähe, vielleicht ein Besucher auf dem Friedhof. Hiram Short
lauschte einige Sekunden lang. Die Schritte entfernten sich und verebbten
zwischen den Grabreihen.
    Hiram Short ging in die dämmrige Kapelle. Das Ewige Licht brannte.
Vollkommene Stille umgab ihn. Es roch nach Weihwasser und nach dem Wachs der
Kerzen, die vorhin noch gebrannt hatten.
    Ob Gerwin Andrews in der Sakristei war?
    Hiram Short hatte den Hut abgenommen. Feine Schweißperlen standen auf
seiner Stirn. Seine Lippen waren zu einem schmalen Strich zusammengepresst.
    Er blickte sich um und zuckte zusammen, als er sah, dass die Tür zur
Familiengruft der Dodgenkeems offenstand. Hatte er sie nicht verschlossen? Er
wollte nach vorn gehen, um sich zu vergewissern, als sein Blick in die kleine
Gedenkkapelle fiel, die in einer Art Nische untergebracht war. Dort standen nur
zwei Bankreihen und ein kleiner Marienaltar. Die Gläubigen und Trauernden konnten
sich hierhin zurückziehen. Dies war ein Ort der Ruhe und der Sammlung, ein Ort
des Gebetes. Hiram Short sah die einsame Kerzenflamme flackern. Die
Schattenumrisse eines knienden Menschen wurden verzerrt an die kahle, rötliche
Wand geworfen. Hochwürden Gerwin Andrews!
    Hiram Short eilte zwischen den Bankreihen hindurch. Er musste den Pfarrer
sprechen, musste ihm sagen, was geschehen war. Die Polizei musste auf dem
schnellsten Weg benachrichtigt werden. Und ein Arzt! Es war so viel, was zu tun
blieb. Hiram Short merkte selbst, dass seine Gedanken etwas konfus waren. Er
konnte sich nicht recht konzentrieren. Sein Bewusstsein war ein wenig getrübt.
Er hatte schon vor der Beisetzung der Lady Florence einige Gläschen getrunken,
und das hatte ihm eine Rüge des Geistlichen eingebracht. Hiram Short musste
sich gestehen, dass er diesen Nachmittag eigentlich gar nicht so recht
mitbekommen hatte.
    »Hochwürden?« flüsterte er, während er sich dem torbogenähnlichen Eingang
näherte, der die kleine Gedenkkapelle vom übrigen Trakt trennte. Der
Totengräber starrte auf den Geistlichen, der abwesend und gedankenverloren vor
dem Betpult kniete, das unmittelbar neben dem kleinen Marienaltar stand. An der
Wand vor ihm hing ein Heiligenbild, das Christus mit den Jüngern zeigte. Rechts
von ihm, auf einem kleinen Podest, stand eine kostbare, holzgeschnitzte
Marienfigur. Sie war am Sockel mit einer dicken Kette verbunden, um einem Dieb
die Arbeit nicht zu leicht zu machen.
    »Hochwürden?« Hiram Short sprach etwas lauter. Seine Stimme hallte dumpf
durch die dämmrige, menschenleere Kapelle. Der Priester rührte sich nicht. Er
kniete etwas nach vorn gebeugt vor dem Betpult, den Kopf in den Händen
verborgen. Er schien so tief in sein Gebet versunken, dass er die Welt um sich
herum vergessen hatte.
    Hiram Short ging ganz nahe an den Geistlichen heran und legte vorsichtig
seine Rechte auf die Schulter des Knienden.
    »Hochwürden, ich habe Dr. Brunk gefunden. Ich fürchte, er ist tot, ich ...«
    Die nachfolgenden Worte wurden zu einem schwer verständlichen Gurgeln. Der
kniende Priester unter der Hand des Totengräbers begann zu wanken, rutschte auf
die Seite und fiel zu Boden. Durch die Erschütterung stürzte die Kerze auf dem
Betpult um. Die Flamme flackerte noch einmal hell auf, ehe sie verlosch. Hiram
Short erkannte die unendlich erweiterte Iris des Geistlichen.
    Dann verlöschte das flackernde Licht, und der Totengräber war in der
Finsternis mit seinem neuen Kunden allein.
     
    ●
     
    Am 2. Mai besuchte Reginald Dortson seinen Freund Winston Yorkshere in
Bristol. Yorkshere war Gelehrter. Seit geraumer Zeit jedoch arbeitete er nicht
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