0260 - Gespenster der Vergangenheit
Gegenüber an.
Emerich akzeptierte die Eröffnung mit einem weitaus größeren Maß an Unvoreingenommenheit. Das war verständlich. Für einen Menschen aus dem Jahr 1944 war Mars ebensoweit entfernt wie Wega, und wer erst einmal bis zur Wega gekommen war, dem konnte es auch keine Schwierigkeiten machen, in eine fremde Galaxis vorzudringen.
„Wo... wo...?" hauchte Staunder. „Andromeda", antwortete Rakal. Dann berichtete er. Von den Vorstößen der Maahks in die heimatliche Galaxis, vom Sechssonnentransmitter, von Twin und Horror, von den Vorstößen nach Kalif und schließlich Andro-Beta, Andro-Alpha und dem Andromeda-Nebel selbst. Er sprach eine halbe Stunde lang, und niemand unterbrach ihn dabei. Staunder hörte zu, als sei er in Trance versunken. Emerich dagegen folgte dem Bericht mit dem fast fiebernden Interesse eines Mannes, der alles für ungemein spannend hält, von Bedeutung und Ausmaß des Geschehens jedoch nur eine vage Vorstellung hat.
Rakal schloß: „Wir befinden uns mitten im Herrschaftsbereich einer fremden Rasse, die der unseren alles andere als freundlich gesinnt zu sein scheint Das mächtigste Raumschiff, das die Erde je gebaut hat, befindet sich in unmittelbarer Nähe. Aber es ist nur ein einzelnes Fahrzeug, und der Gegner verfügt über Zehn-, wenn nicht sogar Hunderttausende. Wir entdeckten diesen Planeten durch reinen Zufall. Tronar und ich wurden hergeschickt, um die Lage zu erkundschaften. Wir..."
Er hielt plötzlich inne. Vorsichtig, als schmerze ihn die Bewegung, drehte er den Arm, so, daß er das Zifferblatt der Uhr sehen konnte, die er unter dem Handgelenk trug. Fassungslos blickte er auf die schmalen, scharfgezeichneten Balken der Leuchtzeiger. „Was ist los?" fragte Emerich. Rakal brauchte eine Zeit, um seine Beherrschung wiederzugewinnen.
„Wir haben unser Stelldichein versäumt", brachte er schließlich hervor. „Zu einem bestimmten Zeitpunkt sollten wir an Bord der CREST übernommen werden. Im Eifer der Unterhaltung haben wir diesen Zeitpunkt versäumt."
Wieder schaute er auf die Uhr. Die Zeiger waren unerbittlich. Sie besagten, daß die Hyperfunksignale der CREST schon dreiunddreißig Minuten weit in der Vergangenheit lagen.
Rakal erinnerte sich an Perry Rhodans Worte: „Wir wissen nicht, ob wir eine zweite Gelegenheit erhalten ..."
*
Es war Rakal klar, was er zu tun hatte. Alles kam jetzt darauf an, ob die CREST einen zweiten Suchruf abstrahlen konnte. Er bat Tronar, sich von der Besprechung mit Staunder und Emerich zurückzuziehen und allein auf seinen Sensor zu konzentrieren. Der Sensor war jenes nicht lokalisierbare Organ, mit dessen Hilfe die beiden Brüder energetische Felder wahrnehmen konnten. Es verfügte längst nicht über die Selbständigkeit des menschlichen Ohres, das hörte, selbst wenn sein Besitzer nichts hören wollte. Der Sensor erforderte Aufmerksamkeit und Konzentration. Ablenkung machte ihn unwirksam - wie die jüngste Vergangenheit bewies.
Rakal erläuterte Emerich und Staunder die Lage. Über Tronars und seine besonderen Begabungen sagte er nicht mehr, als sie zum Verständnis der Dinge zu wissen brauchten. Staunder war hilfsbereit genug, um Tronar seinen Schlafraum anzubieten. Tronar zog sich zurück, nachdem er versprochen hatte, sofort Alarm zu schlagen, wenn er den Suchstrahl empfing.
Inzwischen dachte Rakal fieberhaft über andere Fluchtmöglichkeiten nach. Sowohl Tronar als auch er trugen Mikrokorns. Ein Mikrokorn war ein Hyperfunk-Kleinstgerät und besaß eine Reichweite von mehreren Lichtjahren, aber keine Vorrichtung für Richtstrahlsendungen. Wie ein gewöhnlicher Radiosender strahlte es ein Feld ab, das sich kugelförmig ausbreitete. Schon in zehn Lichtsekunden Entfernung vom Sender war das Feld so schwach, daß es zwar von einem Empfänger einwandfrei wahrgenommen werden, aber den beiden Brüdern nicht mehr als Transportmedium dienen konnte. Das „Reiten" auf einem energetischen Schwingungsfeld erforderte eine gewisse Mindestamplitude. Auf den Wellen eines zu schwachen Senders konnten sich Rakal und Tronar Woolver ebensowenig fortbewegen wie auf den Lichtstrahlen einer matten Lichtquelle.
Rakal kam schließlich zu der Erkenntnis, daß er keine andere Wahl hatte, als auf den zweiten Suchstrahl der CREST zu warten. Es sei denn, es gelänge ihm, in die unterseeische Station des Gegners zurückzukehren und den Transmitter in Betrieb zu setzen.
Staunder und Emerich befanden sich in verständlicher Erregung. Staunder hatte
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