0262 - Leonardos Knochenhorde
vollgetankt bis oben hin, auf die Autobahn hinaus und jagte mit überhöhter Geschwindigkeit in südöstlicher Richtung davon. Zamorra brütete vor sich hin. Er dachte an Fenrir, den Wolf. Wenn der wirklich tot war…
Plötzlich zuckte er zusammen.
Da war etwas.
Jemand faßte nach seinen Gedanken, rief ihn. Es war kein gezieltes Ansprechen, sondern ein wahlloses, fast schon hilfloses Suchen. Die fremden Gedanken glitten wieder ab, weil sie keinen Kontakt fanden. Denn Zamorra selbst war ebenso gedanklich abgeschirmt wie seine Kampfgefährten.
Wer rief ihn?
Ein Gegner konnte es nicht sein. Der hätte sich anders bemerkbar gemacht. Wer aber wollte dann etwas von ihm? Teri oder Kerr, die beiden anderen Druiden? Merlin selbst? Oder…?
Zamorra stoppte den Wagen auf der Standspur, schaltete die Warnblinker an und lehnte sich zurück. Er entspannte und konzentrierte sich, versuchte den Fremden zu finden, der ihn gesucht, nicht erkannt und wieder verloren hatte.
Wer bist du, und was willst du von mir? riefen Zamorras forschende Gedanken ins Nichts.
***
Monica Peters atmete auf. Wer bist du, und was willst du von mir? fühlte sie die fragenden Impulse Zamorras. Der Parapsychologe war für sie deutlich zu verstehen, er konnte nicht weiter als fünfhundert Kilometer entfernt sein. Wahrscheinlich sogar näher.
Es war ein Versuch, den sie wagte, wie es ein Versuch gewesen war, als sie den Skelett-Krieger zurückschickte. Sie setzte ihre telepathischen Kräfte ein, um Zamorra zu finden, um ihn zu einem Kontakt zu zwingen. Ihr Nachteil war, daß sie ihn nur anrufen, nicht aber gezielt anpeilen konnte, seiner Gedankenabschirmung wegen. Er war für sie blockiert, und nicht nur für sie, sondern auch für jeden anderen, der ihn auf geistiger Basis anzupeilen versuchte. Deshalb vermochten ihn auch die Dämonen nicht ausfindig zu machen.
Sie hatte nur hoffen können, daß er ihren Suchruf empfing und darauf antwortete. Und noch mehr hatte sie hoffen müssen, daß es ihr überhaupt gelang, ihre Para-Fähigkeit einzusetzen. Denn normalerweise klappte ihre Telepathie nur, wenn sie mit Uschi zusammen war. Aber die war doch oben abgeschirmt im Château, selbst nicht direkt durch Telepathie zu erreichen.
Und doch gelang es ihr. Offenbar existierte ihre gegenseitige Bindung auf einer Ebene, die durch den Abwehrschirm Leonardos nicht zu beeinflussen war - obgleich keine Verbindung zwischen ihnen beiden möglich war! Aber Uschis Nähe ermöglichte den Einsatz ihrer Kräfte.
Und sie schaffte es!
Das war wirklich Zamorra, der sich meldete! Sie erkannte ihn sofort.
Ich bin Monica Peters. Leonardo zwingt mich, dich zu rufen. Du sollst allein und unbewaffnet innerhalb von vierundzwanzig Stunden zu ihm kommen. Sonst stirbt Uschi. Sie ist noch in seiner Gewalt. Ich bin unten im Dorf, im Haus der Lasalles. In meinen Adern kreist ein tödliches Gift, das in etwas mehr als zwanzig Stunden wirkt. Ich weiß nicht, ob es ein Gegenmittel gibt. Leonardo besitzt keines.
Eine Pause trat ein. Sie fühlte, daß ihr Geist den Zamorras berührte. Der Professor hatte einen Teil seiner Blockade geöffnet. Offenbar mußte er die Botschaft erst verarbeiten. Dann vernahm sie seine fragenden Gedanken wieder.
Was ist mit Raffael? Was ist mit Fenrir geschehen?
Du weißt von Fenrir? fragte sie erstaunt.
Natürlich! Er sollte Château Montagne auskundschaften. Was ist mit ihm?
Er ist tot. Jemand aus dem Dorf hat ihn irrtümlich erschossen. - Raffael lebt noch. Bisher ist ihm nichts geschehen.
Wieder trat eine kurze Pause ein. Dann meldete sich Zamorra wieder.
Wir sind schon in Frankreich und treffen im Laufe der Nacht ein. Wir lassen euch nicht im Stich, was immer auch geschieht!
Dann riß die Verbindung ab. Monica Peters sank zurück. Das Gift, dachte sie. Das Gift in mir… noch zwanzig Stunden…
Dann verlor sie das Bewußtsein.
***
Leonardo de Montagne starrte den Wolf an, der vor ihm lag. Immer noch sickerte Blut aus der Wunde. Neben ihm standen zwei Knochenkrieger. Einer von ihnen trug ein abgeschlagenes Haupt.
»Der den Wolf angriff, starb, Herr«, krächzte der Skelett-Krieger.
Leonardo furchte die Stirn. Dann machte er eine schnelle Handbewegung. »Er wird ein Teil des Knochenthrones werden«, sagte er. »Gib den Schädel den Sklaven.«
Der Krieger entfernte sich.
Leonardo kniete neben Fenrir nieder. Seine Hand mit den Wurstfingern berührte das Fell und die Wunde. Der Wolf zuckte nicht einmal. Er war schon fast tot. Fast, aber noch
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