0262 - Non-Stop in die Ewigkeit
fand, dass ich ihn gerade richtig in den Händen hatte.
»Hör zu, du Fettwanst! Das war ’ne gemeine Sache, bei der ich mitspielen musste. Nicht, dass ich grundsätzlich etwas gegen gemeine Sachen hätte, aber ich hasse sie, wenn sie nicht klappen. Was der Hinker da inszeniert hat, das war ein glatter Kidnapping-Versuch, und seit Lindberghs Baby verstehen die Cops damit verdammt wenig Spaß, auch wenn es sich um ein ausgewachsenes Baby handelt. Der Hinker ist hinüber, der hat keine Sorgen mehr, aber mich können die Bullen noch fassen. Wenn ich Pech habe, verpassen sie mir dreißig Jahre. Das ist schlimmer, als von einem Laster überrollt zu werden. Der Boss hat mich in die Sache reingelotst. Jetzt soll er dafür sorgen, dass ich mich wieder rauswinden kann. Ich will den Boss sprechen.«
»Das ist unmöglich!«, stieß Bolwer hervor.
»Dein Keller ist ziemlich schalldicht, Dicker. Ich werde deinen Speck so lange bearbeiten, bis du die Adresse vorn Boss ausspuckst.«
Er wurde weich in den Knien, dass er hinzusinken drohte.
»Ich weiß sie nicht, Kid«, jammerte er. »Wirklich, ich habe keine Ahnung. Ich habe den Boss nie ohne Maske gesehen! Nimm doch Vernunft an! Ich weiß nicht, wo ich ihn erreichen kann. Er kommt, wann er will. In der letzten Zeit kam er überhaupt nicht mehr. Er ließ alles durch den Hinker erledigen.«
»Kein Lügen, Bolwer! Ich habe ihn sprechen hören!«
»Ja, aber er war nicht hier, Kid! Der Hinker brachte ein Tonband mit. Das spielte er über die Lautsprecheranlage ab.«
Ich ließ den Burschen los. Seine Wort klangen so, als sage er die Wahrheit.
Ich zerknirschte einen Fluch zwischen den Zähnen.
»Immer lassen die Großen uns Kleine im Dreck sitzen, aber mit mir macht der Boss das nicht. Irgendwann wird er wohl wieder bei dir erscheinen, und dann sag ihm, dass er sich mit mir verständigen muss, wenn er nicht ’ne Menge Ärger haben will. Ich glaube, ich bin ziemlich sauber. Das Girl hat mich überhaupt nicht gesehen und der Truckfahrer höchstens nur für einen Augenblick, als ich im Wagen an ihm vorbeizischte. Wenn ich in meine alten Klamotten umsteige, kann ich es riskieren, in New York zu bleiben und zu warten, bis der Boss für mich zu sprechen ist. Hast du Geld, Dicker?«
»Wie viel?«
»Einen Fünfziger! Oder besser noch einen Hunderter!«
Bolwer zückte seine Brieftasche. Man sah ihm an, dass sein Herz blutete, als er ein paar Scheine herauszupfen musste.
Ich öffnete den Koffer.
»Warte noch!«, befahl ich. »Du musst diese Klamotten irgendwie wegschaffen, sobald ich umgestiegen bin.«
Ein paar Minuten später trug ich wieder meine Tramp-Fetzen auf dem Leib, den zerrissenen Soldatenmantel, den fleckigen Hut, die zu enge Jacke und die ausgefranste und geflickte Hose. Das andere Zeug stopfte ich in den Koffer und drückte ihn Hugham Bolwer in die Hand.
»Also, bring das irgendwie weg. Der Wagen steht ein paar Straßenzüge weiter. Hast du ihn beschafft?«
Er schüttelte seinen feisten Schädel.
»Okay, dann kümmere dich am besten nicht darum. Irgendwann wird er den Cops auffallen. Ich weiß nicht, ob der Boss ihn geliehen hat oder ob er gestohlen wurde, aber ich glaube nicht, dass der Boss dumm genug ist, sich über die Autonummer oder Ähnliches fassen zu lassen. - Wiedersehen, Dicker! Und mach dem Boss klar, dass er sich mit mir in Verbindung setzen muss! Tut er es nicht, so hast du den Ärger davon. Du wirst mich nämlich dann nicht los.«
Bolwer rang seine fetten Hände.
»Mann, Kid, was willst du vom Boss?«, jammerte er. »Nimm die hundert Dollar und verschwinde!«
»No«, antwortete ich. »Der Platz des Hinkers ist doch freigeworden, nicht wahr? Okay, ich bin ein Tramp, wie er es zu sein vorgab. Verlass dich darauf, Hugh, ich bin mindestens so geschickt wie der Hinker. Ich wette, der Boss kann mich brauchen.«
Ich glaube, ich ließ Bolwer in einem ziemlich unglücklichen Zustand zurück. Ich verließ das Asyl und trieb mich in den Straßen der Bowery herum, bis ich eine Telefonzelle fand. Ich sah wieder aus, wie ein Tramp, nur ausnahmsweise rasiert, aber das kommt selbst bei Tramps vor.
Ich rief das FBI an.
»Kann ich Phil Decker sprechen?«
»Augenblick!« Zehn Sekunden später. »Decker ist im Einsatz!«
»Ist er über Funkt zu erreichen? Hier spricht Cotton.«
»Wills versuchen, Jerry«, antwortete die Zentrale. »Bleib an der Strippe!«
Dieses Mal dauerte es zwei Minuten. Dann: »Okay, ich habe ihn. Noch da, Jerry? Moment, ich schalte
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