0263 - Das gläserne Grauen
an.«
»Schwing dich auf deine Rakete, Alter,«, sagte ich zu meinem Freund. »Und schnall dir meinetwegen noch Flügel um. Ich muß mich um die Identifizierung kümmern und komme so rasch nach wie es geht. Alles klar?«
»Sicher«, sagte Suko und war verschwunden.
Ich nickte dem Polizeichef zu. »Gehen wir.«
Zurück blieb Sir James. Ich kannte ihn lange genug.
Und es hatte nur wenige Fälle gegeben, die bei ihm ein so besorgtes Gesicht hinterließen…
***
Er starrte in das Bassin!
Hatten die Außenwände dieses viereckigen Bottichs dunkelgrau geschimmert, so sah er nun die widerliche Flüssigkeit, mit der das Bassin gefüllt war.
Sie war nicht weiß, auch nicht beige, sondern eine Mischung aus beidem.
Und sie sah aus wie heller Sirup, der eine dünne Haut bekam. Blasen schwebten erst wie Halbkugeln auf der Oberfläche und zerplatzten dann mit einem blubbernden Laut.
Ein paar Spritzer flogen jeweils in die Höhe. Danach fielen sie zurück und vereinigten sich mit der anderen Flüssigkeit.
Zu viert hielten sie den jungen Mann fest. Noch schwebte er über dem Bassin. Seine Gesichtszüge blieben wie eingemeißelt. Sie waren im panischen Schrecken erstarrt, die Augen quollen aus den Höhlen, und er hatte das Gefühl, einem schrecklichen Tod gegenüberzustehen, der bereits seine Klauenhände nach ihm ausstreckte.
Er starrte auf die Flüssigkeit.
War da nicht ein Gesicht zu sehen?
Tom Tiptree konnte nicht sicher sein. Sein Blick wurde verschleiert, dennoch nahm er an, innerhalb der Wanne eine schreckliche Fratze schimmern zu sehen.
Einen Mund, die Augen, sogar die Nase!
Und wieder schrie er. Er hatte Angst vor dieser Flüssigkeit, vor den aufsteigenden und zerplatzenden Blasen, und er spürte den Druck der Hände, die ihn festhielten.
Sie preßten ihn nach unten.
Die Stimme des Einarmigen sagte: »Jetzt wirst du gleich einer von uns sein!« Schauriges Gelächter folgte. Es schwang noch in der Luft, als ihn die Hände losließen.
Tom Tiptree fiel.
Ein kurzer, abgehackter Ruf des Schreckens drang aus seinem Mund, der jedoch verstummte, als er mit dem Kopf zuerst in die sirupartige Flüssigkeit hineinstieß.
Im nächsten Augenblick wurde auch sein Oberkörper überspült, und er schwamm in der Masse.
Die vier Polizisten traten zurück.
Nichts, kein Hauch von Gefühl zeichnete sich auf ihren Gesichtern ab.
Sie blieben glatt und ausdrucklos. Aber sie schauten zu, was mit Tom Tiptree geschah.
Eine Säure löste Gegenstände auf. Diese Flüssigkeit war keine Säure, und trotzdem sahen die Männer ihren Kollegen nicht. Es schien so, als habe ihn ein gewaltiges Maul verschlungen. Nur am Brodeln und an der Anzahl der aufsteigenden und zerplatzenden Blasen war zu erkennen, daß etwas geschah.
»Es wird nicht lange dauern«, sagte der Mann mit dem Riß am Kinn.
Seine Kollegen schüttelten die Köpfe.
Und so warteten sie.
Minutenlang tat sich nichts. Sie gingen zurück, standen schweigend nebeneinander, bis einer von ihnen plötzlich seinen Kopf hob, denn er hatte etwas gehört.
Ein schleifendes Geräusch, als wäre mit einem harten Gegenstand über den Wannenrand gekratzt worden.
»Kommt er?«
Niemand gab Antwort auf die Frage. Jeder von ihnen schaute auf das Bassin.
Noch sahen sie nicht, sie hörten nur, wie Nägel über den Innenrand kratzten.
Dann erschien die Hand.
Es waren fünf Finger, die sich über den Wannenrand schoben. Fünf normale Finger. Sie klammerten sich fest, ein Ächzen drang an die Ohren der Männer, und dann erschien der Kopf ihres neuen Kollegen.
Ein normaler Kopf.
Nichts an ihm hatte sich verändert. Er sah so aus wie vor seinem magischen Bad.
Und er kletterte aus der Wanne.
Der Einarmige lächelte. »Willkommen in unserem Club«, sagte er.
»Fühle dich bei den Gorgosen wohl…«
Tom Tiptree nickte. Er schwang auch das linke Bein über den Bassinrand, blieb davor stehen, schaute sich um und sah auch den seltsamen Stab, den er in der Hand hielt.
»Das ist deine Waffe«, wurde ihm erklärt. »Behalte sie immer, denn sie schützt dich vor deinen Feinden.«
Er nickte.
»Wo willst du jetzt hin?« wurde er gefragt.
Mit normaler Stimme sagte er: »Ich habe noch einen Besuch zu machen. Meine Freundin wartet.«
»Gut, du kannst gehen. Aber vergiß nicht, auf dich wartet dein normaler Dienst bei der Polizei.«
»Sicher, daran denke ich immer.« Tom machte die ersten Schritte. Er ging völlig normal. Dennoch war ein Geräusch zu vernehmen, das an ein leichtes, gläsernes
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