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0263 - Das gläserne Grauen

0263 - Das gläserne Grauen

Titel: 0263 - Das gläserne Grauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Knirschen erinnerte…
    ***
    Lilly Tonev hatte sich fast die Augen ausgeweint. Sie war zwar keine Hellseherin, aber sie glaubte fest daran, daß ihrem Freund etwas zugestoßen sein mußte.
    Das Zimmer, eingerichtet mit den alten Möbeln der Vermieterin, kam ihr plötzlich kalt und leer vor. So unpersönlich, so karg, ohne Leben. Es lag ganz oben, die Wände waren schräg, und zwei Fenster unterbrachen das abfallende Dach.
    Dann fiel ihr John Sinclair ein. Vielleicht wußte, er mehr oder konnte ihr helfen.
    Sie rief ihn an, erfuhr nichts Neues und hörte plötzlich das Klingeln an der Wohnungstür.
    Sofort legte sie auf. Ein freudiger Schreck durchzuckte sie. Wer um diese Zeit kam, der kannte sie, und es konnte eigentlich nur ihr Freund sein. Ins Haus gelangte man leicht. Die Tür unten schloß nicht richtig, sie sollte irgendwann repariert werden.
    John Sinclair war ebenso vergessen wie der Hilferuf. Wenn tatsächlich Tom vor der Tür stand, dann…
    Lilly konnte kaum weiterdenken. Sie war innerlich aufgewühlt, schob ihre verrutschte Brille hoch und lief hin, um zu öffnen. Ihre Hand lag bereits auf der Klinke, als es zum zweitenmal schellte. Trotz ihrer Erwartung zögerte sie noch und behielt die Kettensicherung bei. »Wer ist da?« fragte sie.
    »Kannst du dir das nicht denken?«
    »Tom!« Sie jubelte den Namen, der Arm schnellte hoch, sie löste die Kette, im nächsten Augenblick zog sie die Tür auf und breitete die Arme aus.
    Tom stand vor ihr.
    Er lächelte. Sein Oberlippenbart zuckte dabei. Es war ein Mienenspiel, das sie bei ihm kannte, und Tom zögerte auch nicht länger, sondern warf sich in ihre Arme.
    »Großer Gott, Tom, daß ich dich wiederhabe!« Lilly stammelte die Worte, sie preßte den jungen Polizisten fest an sich, schluckte ein paarmal hart und ließ sich in das Zimmer hineinführen. Mit dem Fuß schob Tom die Tür ins Schloß.
    Dann standen die beiden im Zimmer.
    Lilly Tonev war so glücklich, daß sie ihren Freund überhaupt nicht loslassen wollte. Auch er streichelte ihr Haar und den Rücken. Allerdings bemerkte Lilly nicht, daß es mehr automatische Bewegungen waren. Sie verrieten kein echtes Gefühl, denn normal reagierte dieses Wesen mit dem Aussehen eines Menschen nicht mehr.
    Sanft drückte Tom Tiptree seine Freundin von sich. Lilly konnte sich kaum beruhigen. Abgehackt holte sie Atem, rang die Hände und flüsterte:
    »Du glaubst nicht, welche Angst ich um dich ausgestanden habe. Ich… ich… kann es dir nicht begreiflich machen. Wo hast du nur so lange gesteckt?«
    »Ich bin mit den Kollegen gefahren.«
    »So plötzlich?«
    »Ja, es mußte sein.«
    »Was war denn los?«
    »Darüber kann ich nicht reden.«
    »Und warum nicht?«
    »Amtsgeheimnis, meine Liebe.«
    »Ach, Tom, bitte, sag es!«
    »Nein.«
    »Gut, dann nicht.« Lilly nickte und deutete auf einen Sessel mit grünen Polstern. »Willst du dich nicht setzen? Ich möchte dir etwas zu trinken anbieten. Du weißt, daß meine Mutter den Schnaps selbst brennt. Sie hat mir eine Flasche gebracht. Du solltest ihn unbedingt probieren…«
    »Mal sehen.« Tom nickte und nahm Platz. Lilly blieb vor ihm stehen.
    Sie lehnte sich gegen die Tischkante, ihr Gesichtsausdruck war noch immer freudig überrascht. Fast konnte sie es nicht begreifen, daß Tom endlich wieder vor ihr saß.
    »Ich hole den Schnaps«, erklärte sie. Neben dem Waschbecken stand ein alter Schrank mit Doppeltür. In der rechten Hälfte hatte Lilly ihre Kleidung verstaut, die linke Hälfte wurde von allerlei Krimskrams in Beschlag genommen, unter anderem doppelte Filmposter, denn die anderen klebten überall an den Wänden. Im Schrank lagen auch Bücher über Stars, und sogar ein alter Projektor stand dort.
    »Du hast deinen Schnaps aber gut versteckt«, sagte Tom.
    »Ist auch nur für besondere Anlässe.«
    »Und das hier ist einer?«
    »Sicher.« Lilly hatte die Flasche endlich gefunden, stand auf und drehte sich um.
    »Dann gib mal her«, forderte Tom.
    »Ich hole nur zwei Gläser.«
    Tom war überrascht. »Du trinkst auch einen?«
    »Klar doch.«
    Die Gläser standen auf einem kleinen Regal. Es hing unter einem E. T.-Poster an der Wand. Lilly stellte beides auf den ovalen Tisch mit der Häkeldecke und bedeutete ihrem Freund mit einer Handbewegung, einzuschenken.
    »Gern«, sagte er und löste den Korken. Dabei mußte er Kraft aufwenden, und Lilly vernahm ein seltsames Geräusch.
    Es hatte sich angehört wie das Knirschen von Glas. Das Mädchen war verwundert und blickte

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