0263 - Das gläserne Grauen
bald konnten wir den Streifen abreißen. Nach einem kurzen Überfliegen schätzte ich die Anzahl auf ungefähr 100.
Das war noch zu verkraften.
In einem Rollarchiv befanden sich die Karteikarten der Mitarbeiter. Paßbilder steckten an jeder Karte.
Jetzt mußte ich suchen.
Eine halbe Stunde verging, ohne daß wir einen Erfolg verzeichnen konnten. Dann, als noch genau 22 Karten übrig waren, sagte ich »Stop«.
Das war der erste.
Ich sah einen Mann mit blonden Haaren und kantigen Gesichtszügen vor mir. Der Einarmige! dachte ich.
»Das ist James Webster«, erklärte mir der Polizeichef, während ich mir bereits die Adresse des Polizisten notierte.
Danach suchte ich weiter und hatte nur wenig später erneut Glück. Ich fand auch den zweiten.
Er war drei Jahre jünger als Webster und hieß Brian Bellamy.
Ich atmete tief aus. »Ja«, sagte ich, »das sind die beiden Polizisten, Sir.«
Der Polizeichef schaute mich scharf an. »Okay, Mr. Sinclair, die holen wir uns.«
»Davon würde ich abraten.«
»Wollen Sie die laufenlassen?«
»Nein, aber ich will wissen, wer dahintersteckt. Lassen Sie mich allein fahren. Wenn sich mein Partner Suko meldet, geben Sie ihm bitte die Adresse. Wie ich gesehen habe, wohnen die beiden sogar im selben Haus.«
Der Polizeichef überlegte einen Moment. Dann grinste er. »Ich kenne Sie und Ihre Vollmachten, Sinclair. Außerdem habe ich genug von Ihnen gehört. All right, ich vertraue Ihnen. Fahren Sie also!«
»Danke, Sir.«
»Und noch etwas, Sinclair. Räumen Sie mit dieser verfluchten Plage auf, wenn es geht.«
»Ich werde mich bemühen.«
Mein Wagen parkte hinter dem Gebäude. Wir waren mit zwei Autos hingefahren. Als ich den Bau verließ, begann es zu regnen. Leichter Nieselregen fiel auf London nieder.
Die beiden Beamten wohnten, von uns aus gesehen, jenseits der Themse, im Stadtteil Lambeth, nahe des Archbishop's Park. Diese Grünfläche liegt nicht weit von der Themse entfernt, vom St. Thomas Hospital nur durch die Lambeth Palace Road getrennt.
Ich nahm die Westminster Bridge über den Fluß. London präsentierte sich fast ausgestorben. Die Stadt lag in einer irgendwie unnatürlichen Ruhe. Ich kam vorzüglich durch, rauschte über die Brücke und hielt mich links, um in die Lambeth Palace Road einzubiegen. Schon bald sah ich auf der ebenfalls linken Seite die Lichter des Krankenhauses schimmern und erreichte auch den Park. In ihn führten Stichstraßen hinein, die zu den drei großen Hochhäusern führten. In einem von ihnen wohnten die Polizisten James Webster und Brian Bellamy.
Die Bauten waren in den Park integriert worden. Ich fand einen großen Parkplatz, der noch zahlreiche Lücken aufwies, und stellte meinen Bentley dort ab.
Ich wußte noch nicht, wie ich reagieren würde, wenn ich den beiden gegenüberstand, hoffte nur darauf, daß mir das Richtige einfiel. Erst einmal suchte ich das Haus.
Es war das zweite in der Reihe.
Die Häuser standen zwar für sich, waren allerdings durch Wege und auch Treppen miteinander verbunden. In den Zwischenräumen fiel die Parklandschaft besonders angenehm auf.
Ich ging einen schmalen Weg entlang, der zu beiden Seiten von dichten Hecken gesäumt wurde. Die Laternenmasten stachen daraus hervor wie dünne Arme, und ihre Lampen glichen fahlgelben Kugeln.
Vor meinen Lippen dampfte der Atem. Der Weg endete, das konnte ich schon erkennen, an einer Treppe, die in die Höhe und damit auch zum Platz vor dem Hauseingang führte.
Ich war eine Weile als einziger unterwegs, trug zudem Schuhe mit Gummiabsätzen, so daß meine Schritte kaum zu hören waren.
Dafür hörte ich die der anderen.
Sie klangen vor mir auf und gleichzeitig hinter der Treppe, wobei der oder die Personen noch nicht zu sehen waren.
Einem Gefühl folgend blieb ich stehen und drückte mich so eng gegen die Hecke, daß ich mit deren Schatten verschmolz.
Dann wartete ich ab, während ich nach links in Richtung Treppe schielte.
Sie kamen.
Zwei Männer erschienen am Ende der Treppe. Das Licht der Laternen reichte aus, um sie zu erkennen, denn ich hatte unwahrscheinliches Glück.
Die beiden Polizisten gingen die Stufen hinab.
James Webster, der größere von ihnen, schritt vor. Beide hatten sich umgezogen und trugen jetzt Winterjacken. Man sah Webster nicht an, daß er nur einen Arm besaß, der linke Ärmel steckte in seiner Tasche, wie auch die rechte Hand.
Stufe für Stufe gingen sie nach unten, die Blicke starr geradeaus gerichtet.
Eigentlich sahen sie normal
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