0264 - Die Invasion der Toten
einmal in der Lage, ihre Körper zu entstofflichen. Sie blieben auf der Stelle, wo sie standen.
Jemand stieß einen Ruf aus. Es war so laut und dröhnend, daß er nur von Icho Tolot stammen konnte. Was hatte er gerufen?
Ich drehte mich um, soweit es die Anschnallgurte zuließen. Tolot hatte sich von seiner Spezialliege erhoben. Den faltbaren Helm seiner dunkelgrünen Kampfkombination hatte er ausgefahren und über den riesigen Halbkugelkopf gestreift. Trotzdem hatten wir seinen Ruf gehört.
Jetzt rief er nochmals: „Nicht springen, aufhören!"
Die letzten Laute, so gewaltig sie auch waren, hatten wie ein hohles Raunen geklungen. Mir war, als hätte mir plötzlich jemand die Gehörgänge verstopft. Ein ziehendes schwindelerregendes Gefühl überfiel mich. Ich sah nach links.
Rhodan hieb auf den Sammelverschluß seiner Gurte und richtete sich auf. In dem Schiff war jedes Geräusch erstorben. Rhodan würgte einen Augenblick. Dann hatte er sich gefangen.
„Was - was ist das?" rief der große Terraner verstört. Hilfesuchend schaute er zu dem Haluter hinüber, der wie ein schwarzer Fels in der Zentrale stand. Seine vier Arme hatte er haltsuchend ausgestreckt. Er wirkte wie ein Kunstwerk von der Hand eines nichtmenschlichen Künstlers.
Plötzlich brach ein Tosen über uns herein. Es waren unsere Triebwerke. Dr.-Ing. Hefrich hatte sie eigenmächtig hochgefahren und auf volle Schubleistung gebracht.
Rhodan erteilte keinen Gegenbefehl. Es wäre auch zwecklos gewesen! Draußen, von unserer Außenbordoptik naturgetreu auf die Bildschirme übertragen, spielte sich ein Phänomen ab.
Wir schienen über das weite Land zu jagen. Trotzdem war keine Bewegung festzustellen.
Erste Grünflächen tauchten auf. Sekunden später entstanden weite Wälder, Flüsse und Seen, die wir aus unserer Höhe noch gut überblicken konnten.
Menschen - oder waren es Tefroder? - marschierten über das Gelände hinweg. Eine riesige Stadt mit hohen Gittertürmen tauchte auf. Raumschiffe brachen aus dem dunstigen Himmel hervor und setzten auf einem Raumhafen zur Landung an, den wir Augenblicke zuvor noch nicht bemerkt hatten.
Unsere Maschinen liefen immer noch. Draußen wechselten die Bilder in rascher Szenenfolge. Mir war, als würden wir einen schnell ablaufenden Film sehen.
Vario, die Wüstenwelt, war zu einem blühenden Planeten geworden, auf dem allen Anschein nach ein reger Schiffsverkehr herrschte.
Cart Rudo schrie nun ebenfalls. Er drückte auf die Knöpfe seiner Notsteuerautomatik. Seine Reaktion war typisch für einen epsalischen Kommandanten, der ein anderes Raumschiff genau auf sein Fahrzeug zukommen sieht und den Zusammenstoß schon körperlich spürt.
Das fremde Schiff flog durch uns hindurch, als wären wir überhaupt nicht vorhanden! Es flog durch uns hindurch!
Da erst wurde mir klar, daß wir nicht mehr stofflich stabil sein konnten. Irgend etwas hatte uns erfaßt und entmaterialisiert. Seltsam war dabei nur, daß wir nach wie vor unser Bewußtsein behielten und sehen und handeln konnten. Wir erlebten alles mit, nur schienen wir kein energetischer Bestandteil der Geschehnisse zu sein, die vor den Schiffswänden abliefen.
Mein Extrahirn meldete sich mit Impulsen, die nur ich hören konnte.
„Energetischer Bestandteil? Bestandteil der Zeit, wolltest du sagen!"
Ich fuhr zusammen, als hätte mich eine kalte Dusche überschüttet. Ich wußte genug über Zeitexperimente, um den Hinweis verstehen zu können. Waren die 'Meister der Insel' in der Lage, die Zeitebene zu andern und somit Körper in eine andere Epoche zu versetzen?
Icho Tolot hatte noch schneller geschaltet als ich. Er besaß zwei Gehirne, unter denen sein Planhirn eine unerhört leistungsfähige organische Rechenmaschine mit höchster Packungsdichte war.
Er klappte seinen Druckhelm zurück und schrie wieder. Jedermann an Bord kannte sein gewaltiges Organ. Jetzt klang es nur noch wie ein Säuseln.
„Wir befinden uns in einem Zeitfeld. Dieser Begriff ist eine dürftige Bezeichnung für das, was wirklich geschieht. Halutische Wissenschaftler wissen seit langem, daß es mit dem Energieaufwand einer großen und heißen Sonne möglich ist, die Zeitepoche zu verschieben, ohne dabei eine Veränderung der bezugsgebundenen Zeitachse herbeizuführen. Das bedeutet, daß die in der hyperphysikalischen Theorie existierenden Parallelwelten und Parallelebenen mit ihren verschiedenartigen Entwicklungsstufen nicht angeschnitten werden können. Ich gebe Ihnen später
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