0266 - Der Grachten-Teufel
alles hinter ihr lag. Die vergangene Nacht war zu einem Horror geworden.
»Bitte, kommen Sie doch herein«, sagte sie leise und führte uns unter den neugierigen Blicken einer Nachbarin ins Haus.
Drei Männer und ein Mädchen!
Himmel, was mußte sie wohl denken. Bestimmt begann in der großen Nachbarschaft jetzt der Klatsch. Mir war es egal. Wir wurden in den Wohnraum geführt. Vor dem Fenster hingen Gardinen, so daß man vom Garten her nicht ins Zimmer schauen konnte.
In dunkelgrünen Sesseln ließen wir uns nieder. Carla van der Laan bot uns etwas zu trinken an.
Wir stimmten alle drei zu. Es gab Orangensaft, keinen Alkohol. Wer Carla und Dieter beobachtete, konnte sehr schnell feststellen, daß es zwischen ihnen gefunkt hatte.
Nachdem wir getrunken und unsere Beine ausgestreckt hatten, begannen Carla und Dieter zu erzählen. Sie saßen nebeneinander auf der Couch. Dieter sprach abgeklärter, seine Stimme klang leidenschaftslos, während Carla doch mehr Temperament mit hineinlegte und auch Gefühle zeigte, denn sie wurde manchmal rot im Gesicht und bekam eine Gänsehaut. Besonders, als sie über die Ereignisse der vergangenen Nacht sprach.
Nachdem sie ihren Bericht beendet hatte, lag es an uns, Fragen zu stellen.
Das taten wir auch. Ich begann damit und erkundigte mich nach dem Patienten Piet Shrivers.
»Er war nicht gefährlich«, erwiderte Carla. »Wirklich nicht. Nur ein wenig überspannt. Zudem fühlte er sich stets verfolgt. Von Dämonen!«
Zum ersten Mal mischte sich Suko in das Gespräch. »Es muß einen Grund gehabt haben, finden Sie nicht auch?«
»Sicher.«
»Können Sie uns den nennen?«
Carla van der Laan schwieg. Erst als Dieter Hoven sie auffordernd anschaute, bequemte sie sich zu einer Antwort. »Man hat natürlich herauszufinden versucht, worin der Grund liegen könnte, und man hat es schließlich dem Rauschgift in die Schuhe geschoben.«
»Er hat Drogen genommen?«
»Leider.«
»Und wo hat er die Drogen herbekommen?«
Carla lächelte sparsam, als sie mich anblickte. »Wissen Sie, Drogen kriegt man hier leider fast an jeder Straßenecke, das können Sie mir glauben.«
»War das auch bei Piet so?«
»Nein, bei ihm verhielt es sich anders. Wir haben ihn aus einer Kommune herausgeholt. Er hatte da durchgedreht.«
»Inwiefern?«
»Er griff seine Kommunarden mit dem Messer an. Zwei hat er verletzt. Ein Mädchen mußte sogar ins Krankenhaus.«
»Kennen Sie diese Kommune?«
»Ich war da. Alles im Rahmen der Betreuung. Man darf die Wohngemeinschaften nicht über einen Kamm scheren. Es sind welche darunter, die braucht man einfach. Da finden Menschen Zuflucht, empfangen Wärme und Geborgenheit. Andere allerdings sind nur auf Trips aus und ergehen sich hinterher in Sex-Spielen. Auch eine dritte Kategorie existiert. Zu der möchte ich Piet Shrivers einmal zählen. Das sind die Clubs der Okkultisten.«
Aha. Jetzt kamen wir der Sache schon näher. Okkultisten, Dämonen, Verfolgung, Gewalt — konnte sich da vielleicht eine Verbindungslinie abzeichnen?
Carla bemerkte meine Reaktion und winkte ab. »Das ist aber alles harmlos, Herr Sinclair.«
»Glaube ich nicht. Erzählen Sie mal von der Kommune, aus der sie Piet geholt haben.«
»Die hausen in einem alten Gebäude und auch auf einem Hausboot.«
Ich bekam das schiefe Grinsen, als ich das Wort Hausboot hörte. Unser letzter Fall hatte dort auch begonnen, als es gegen Gregg, alias Arkonada, ging.
»Und was machen sie da?« fragte Suko.
»Auf dem Boot bauen sie an. Sie haben es zu einem Garten umfunktioniert.«
»Bestimmt zu einem Gemüsegarten«, sagte Suko.
»Sie haben recht. Es geht um Mohn und ähnliche Pflanzen. Sie beschäftigen sich mit dem Okkultismus der Vergangenheit. Das heißt, mit gefährlichen Zauberriten, die aus finsterster Urzeit angeblich übermittelt worden sind.«
Ich nickte. »Das Wort angeblich hätten Sie streichen können, Carla. Sie haben selbst erlebt, daß ein Monstrum aufgetaucht ist.«
»Jetzt, wo ich länger darüber nachgedacht habe, kann ich mir den Grund auch erklären.«
»Wir sollten uns auf jeden Fall diese Kommune einmal anschauen«, schlug Suko vor.
Da stimmte ich zu. »Können Sie uns den Weg beschreiben?« wandte ich mich an die Holländerin.
»Nein.«
»Wieso?«
»Den finden Sie nie. Das ist alles so verwinkelt. Es gibt da alte Straßen, schmale Kanäle, Grachten, Abwässerbäche, so daß Sie sich mit Sicherheit nicht zurechtfinden werden.«
»Das heißt also, Sie wollen mit?«
Carla
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